Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
Vom Netzwerk:
gegeben, und Gott hat genommen«, rief er in den Wald, der in Trauer verstummt schien. Kein Laut drang an Johanns Ohr. Ihm versagte die Stimme, aber er musste noch einen letzten Satz sagen, sonst war alles umsonst. Sein Oberkörper schwankte ein wenig, die Worte wollten ihm nicht über die Lippen kommen. Aber er musste es tun, allein schon um Rebekkas willen. Er räusperte sich. »Der Name Gottes sei gelobt.« Wieder fiel er auf die Knie, schlug mit der Faust in den Boden und flüsterte: »Herr, verzeih mir meine Zweifel.«
    Aber schon waren sie wieder da. Warum ließ Gott zu, dass unschuldige Menschen ermordet wurden? Wieder und wieder schlug er die Faust in den Boden, bis sie blutete.
    Ein Ast knackte, Johann fuhr herum. Erst jetzt merkte er, dass die Sonne bereits hoch am Himmel stand. Ein Schatten stand über ihm, breitete die Arme aus.
    »Mein Sohn«, sagte der Schatten. »Ich trauere mit dir. Aber heute hast du eine andere Pflicht zu erfüllen. Deine Braut wartet auf dich.«
    Johann erhob sich. »Verzeih, Vater, ich habe die Zeit vergessen.«
    »Komm, Junge.« Heinrich von Wallhausen breitete die Arme aus.
    Johann warf sich seinem Vater in die Arme und weinte wie ein kleines Kind. Noch nie war er ihm so nahe gewesen.
***
    Von der Hardenburg wich einige Fuß zurück. Sein Gegner machte einen Ausfallschritt, doch bevor er sein Schwert gegen den Ordensritter schwingen konnte, krachte ihm ein Sack auf den Kopf. Er knickte ein, sank auf die Knie, sein Schwert flog durch die Luft, er verdrehte die Augen und kippte nach vorn. Seinem Spießgesellen erging es nicht besser. Säcke prasselten auf die beiden nieder, bis sie sich nicht mehr rührten. Rebekka blickte nach oben. Im Gegenlicht erkannte sie das Ende des Seils, das der Ordensritter durchtrennt hatte. Es führte durch mehrere Rollen. Die Arbeiter waren wohl zur Krönung geeilt, ohne die Säcke auf den Lagerboden zu heben.
    Der Ordensritter verlor keine Zeit. »Los! Weiter! Diese gottlosen Schurken haben ihren verdienten Lohn bekommen. Sollen sich die Kadaverträger darum kümmern. Meine Männer werden die anderen ebenfalls in die Hölle schicken.«
    Rebekka stolperte los, von der Hardenburg blickte sich nicht einmal um. Seltsamerweise wirkte er mit einem Mal entspannter. Hatte er einen solchen Überfall erwartet?
    Schon bald kam die Kommende in Sicht. Anscheinend wurden sie erwartet, denn das Tor schwang auf, kaum dass sie davorstanden.
    Der Komtur begrüßte sie mit einem stummen Nicken. Seine Miene war ernst, sein Mund kaum mehr als eine dünne Linie, wie mit einem feinen Pinsel gemalt.
    Von der Hardenburg sah ihn kurz an und verkündete: »Wir werden morgen in aller Frühe aufbrechen. Schickt Nachricht an den König. Die Männer sollen bei Sonnenaufgang hier sein.«
    Der Komtur drehte sich wortlos um und eilte davon. Nur seine Haltung verriet seine Missbilligung darüber, dass ein Mann, der im Rang unter ihm stand, ihm Befehle erteilte.
    Rebekka versuchte zu begreifen. »Warum diese Eile? Hattet Ihr nicht gesagt, wir würden erst in ein paar Tagen aufbrechen, denn alles müsse sorgsam vorbereitet werden?«
    »Das Wetter wird bald schlechter werden. Die Vorzeichen sind deutlich, auch wenn Ihr sie nicht versteht. Der Winter wird schon bald mit aller Macht über das Land herfallen, und wenn wir dann noch unterwegs sind, kann es uns das Leben kosten.«
    Rebekka wunderte sich. »Aber der Winter ist doch längst angebrochen. Auf der Reise von Nürnberg hierher sind wir durch Schnee und Eis gefahren.«
    Von der Hardenburg lächelte milde. »Das nennt Ihr Winter? Wartet ab, was die böhmischen Wälder für Euch bereithalten!«
    Rebekka hielt das für einen Vorwand. Der plötzliche Aufbruch musste etwas mit dem Überfall zu tun haben. Die Männer waren keine einfachen Räuber gewesen. Engelbert von der Hardenburg hatte mit Sicherheit viele Feinde, und einer von ihnen hatte heute einen Anschlag auf das Leben des Ordensritters verübt. Deshalb die Eile. Von der Hardenburg musste fliehen. Rebekka presste die Lippen zusammen. Sie wusste, wie es sich anfühlte, wenn der Todfeind einem im Nacken saß. Das Zittern in den Knien, als Mosbach plötzlich in Nürnberg aufgetaucht war, war ihr noch lebhaft in Erinnerung.
    Engelbert von der Hardenburg winkte einen jungen Mann in Kutte heran. »Dieser Novize hier wird Euch zeigen, wo Ihr die heutige Nacht verbringt. Ich werde Euch später Euer Bündel bringen und noch einmal nach Euch sehen. Ihr solltet früh zu Bett gehen, eine

Weitere Kostenlose Bücher