Die Rettung von Zei
wenn uns das schreckliche Untier den Weg verlegt?«
»Ihr werdet sehen. Nehmt Euch jetzt die Axt und haltet Euch dicht hinter mir.«
Einen brennenden Ast in der Linken und in der Rechten den zurechtgestutzten Baumwipfel, so näherte sich Barnevelt vorsichtig dem Yeki. Das Tier, nicht darauf gefasst, dass sich seine Beute ihm plötzlich näherte, wich verdutzt einen Schritt zurück und richtete fauchend und brüllend den Teil seines Körpers auf, der vor dem mittleren Beinpaar lag.
Barnevelt, dessen Körper und Nerven angespannt waren wie ein Bogen, stieß dem Tier den gestutzten Baumwipfel ins Gesicht und fuchtelte ihm gleichzeitig mit dem brennenden Ast vor der Nase herum. Es bäumte sich noch höher auf, brüllte, schäumte und schlug mit einer seiner Vorderpranken nach dem stachligen Astgewirr.
»Hau ab! Verdufte!« schrie Barnevelt und stieß erneut mit dem Baumwipfel.
Das Biest bewegte sich seitwärts wie ein Krebs und versuchte den störenden Astspitzen auszuweichen. Barnevelt setzte sofort nach und vollzog den Schwenk mit, so dass er dem Yeki weiterhin frontal gegenüberstand und ihn mit dem Stamm auf sichere Distanz halten konnte. Dann stieß er zur Abwechslung den brennenden Ast wieder vor. Mit einem ohrenbetäubenden Brüllen spannte der Yeki den Körper zum Sprung. Doch sofort machte Barnevelt wieder einen Schritt vorwärts und stieß mit dem Wipfel nach den Augen. Mit einer wellenartigen Bewegung wich der Yeki zurück. Sein heiseres Brüllen ließ den Wald erzittern.
Zentimeter um Zentimeter arbeitete sich Barnevelt um das Tier herum. Jedes Mal, wenn es zum Sprung ansetzte, ging er sofort in die Offensive und trieb es zurück. Schließlich hatte er sich zwischen den Yeki und den Baum geschoben, so dass Zei genau zwischen ihm und dem Baum stand. Er hörte für einen Moment auf, den Yeki anzubrüllen, und rief statt dessen dem Mädchen zu: »Rauf auf den Baum! Schnell!«
Es gehorchte. Sobald er sie in sicherer Höhe wusste, bewegte auch er sich langsam rückwärts auf den Baum zu. Als er den ersten Ast im Rücken spürte, schleuderte er den brennenden Ast gegen den Kopf des Yeki. Das rotglühende Ende traf das Tier an der Nase. Es brüllte auf vor Schmerz, sprang wild schnappend zurück und schlug mit den Pranken durch die Luft.
Barnevelt begann mit einer Hand zu klettern. Mit der anderen hielt er immer noch den gestutzten Baumwipfel, mit dem er weiterhin auf den Yeki einstocherte. Erst als er die ersten Äste erreicht hatte, ließ er seine hölzerne Waffe fallen und zog sich mit beiden Händen weiter hinauf.
Mit wütendem Gebrüll sprang der Yeki zwischen die Äste und richtete sich zu voller Größe auf. Barnevelt zog blitzschnell die Beine an, und zwar keinen Moment zu früh: Wenige Zentimeter von seinen Zehen entfernt schnappten die Kiefer der Bestie zu.
»Hu!« schrie er, als er sicher auf einem Ast neben Zei saß. »Ich glaube, ich habe noch nie in meinem Leben solche Angst gehabt.«
»O mein Held!« rief Zei begeistert und erstickte ihn mit Küssen. »Wie kann jemand, dessen Tapferkeit so offensichtlich ist, von Angst auch nur sprechen?«
»Ihr wäret erstaunt, wenn Ihr wüsstet, was in Helden vorgeht, auch wenn sie schöne Jungfrauen vor schrecklichen Ungeheuern retten. Wie lange wird unser Freund dort unten wohl auf uns warten?« Er deutete auf den Yeki, der es sich am Fuß des Baumes gemütlich gemacht hatte und mit hoffnungsfroher Miene zu ihnen heraufstarrte.
»Bis wir vor Hunger und Durst erschöpft sind oder einschlafen und geradewegs in seinen gierigen Schlund fallen.«
»Wir werden ihn narren. Bindet Euch fest an einen der kleineren Äste mit dem Seil, das Ihr um die Hüfte tragt. Ich sagte Euch ja, dass wir sie noch gut würden gebrauchen können.«
Sie sicherten sich mit den Seilen und machten es sich auf ihrem Ast bequem. Das Geduldspiel konnte beginnen. Der Yeki schien es nicht sehr eilig zu haben.
Zei fragte: »Woher hattet Ihr die Eingebung, das Baumstück zu einer stachligen Lanze zurechtzuschneiden, mit welcher Ihr das grimmige Untier abwehren konntet?«
Barnevelt schmunzelte. »In meinem Heimatland werden solche Tiere dazu abgerichtet, vor dem Publikum Kunststücke vorzuführen. Wenn nun ein solcher Yeki-Zähmer mit seinen Tieren im Käfig ist, hält er immer einen leichten Stuhl bereit, um sie abzuwehren, wenn sie vergessen sollten, wer der Herr ist, und ihn angreifen. An den Stuhlbeinen kommen sie nicht vorbei und um ihm den Stuhl wegzunehmen, dazu reicht ihr
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