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Die Revolution der Ameisen

Die Revolution der Ameisen

Titel: Die Revolution der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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Passionsblumen oder an die Stacheln der Akazien. Die alte Ameise durchquert gerade ein solches Wäldchen von Akazien, was einem Gang durch Reihen voller spitzer Klingen gleicht.
    Sie reinigt ihre Fühler und richtet sie sodann steil auf, um alle Gerüche, die durch die Luft wirbeln, schärfer registrieren zu können, denn sie sucht etwas ganz Bestimmtes: eine Spur der Duftpiste, die in ihr Geburtsland führt. Jede Sekunde zählt. Sie muß ihre Stadt um jeden Preis warnen, bevor es zu spät ist.
    Sofort fängt sie alle möglichen Duftmoleküle auf, die ihr Informationen über Leben und Sitten der hier ansässigen Tiere liefern, für die sie sich aber nicht im geringsten interessiert.
    Trotzdem verlangsamt sie ihr Tempo, um all diese verwirrenden – teilweise sogar unbekannten – Gerüche besser wahrnehmen zu können. Doch auch das nutzt ihr nichts, und deshalb entscheidet sie sich schließlich für eine andere Methode.
    Sie erklimmt einen hohen Berggipfel – den Baumstumpf einer Kiefer –, strafft sich und läßt ihre Sensoren kreisen. Der Bereich der Duftfrequenzen, die sie empfängt, hängt von der Geschwindigkeit ihrer Fühler ab. Bei 400 Vibrationen pro Sekunde nimmt sie nichts Auffallendes wahr. Sie beschleunigt auf 600, 1000, 2000 Schwingungen pro Sekunde. Immer noch nichts Spektakuläres, nur Duftbotschaften von Pflanzen und von Insekten, die aber keine Ameisen sind: von Blumen, Pilzsporen, Käfern, von moderndem Holz und wilder Pfefferminze …
    10000 Vibrationen pro Sekunde. Bei diesem Tempo erzeugen ihre Fühler eine Luftströmung, die Staub ansaugt. Sie muß sie säubern, bevor sie ihre Bemühungen fortsetzen kann.
    12000 Vibrationen pro Sekunde. Endlich fängt sie ferne Moleküle auf, die von der Existenz einer Ameisenpiste zeugen.
    Gewonnen! Richtung West-Südwest, in einem Winkel von zwölf Grad zum Stand des Mondes. Vorwärts!
     

14. ENZYKLOPÄDIE
     
    Vom Interesse am Unterschied: Wir alle sind Sieger, denn jeder von uns verdankt seine Existenz jenem Spermatozoon, das den Sieg über seine 300 Millionen Konkurrenten davongetragen hat.
    Damit erwarb es das Recht, seine Chromosomen weiterzugeben, die bewirkten, daß Sie der sind, der Sie sind, und kein anderer.
    Ihr Spermatozoon war wirklich außergewöhnlich begabt. Es hat sich nicht in irgendeinem Schlupfwinkel verkrochen. Es hat seinen Weg gemacht. Vielleicht hat es sogar gekämpft, um rivalisierenden Spermien den Weg zu versperren.
    Lange Zeit glaubte man, es wäre das schnellste Spermium, dem es gelinge, das Ei zu befruchten, doch dem ist nicht so.
    Hunderte von Spermien kommen gleichzeitig dort an. Und dann müssen sie – mit den Geißeln zuckend – warten. Nur ein einziges wird auserwählt sein.
    Es ist demnach das Ovulum, das sich für ein ganz bestimmtes Spermatozoon entscheidet, obwohl es von Massen bedrängt wird. Forscher haben sich lange gefragt, nach welchen Kriterien diese Wahl getroffen wird. Kürzlich haben sie die Lösung gefunden: Das Ei erwählt jenes Spermium, das ›jene genetischen Eigenschaften aufweist, die sich am meisten von seinen eigenen unterscheiden‹. Eine simple Überlebensfrage.
    Das Ovulum will die Probleme der Blutsverwandtschaft vermeiden. Die Natur will, daß unsere Chromosomen sich durch etwas Andersartiges bereichern, anstatt sich mit etwas Ähnlichem zusammenzutun.
    EDMOND WELLS,
    Enzyklopädie des relativen und absoluten Wissens, Band III
     

15. MAN SIEHT SIE VON WEITEM
     
    Schritte. Es war sieben Uhr morgens, und die Sterne leuchteten noch hoch oben am Firmament.
    Während Gaston Pinson mit seinem Hund die gewundenen Pfade im Herzen des Waldes von Fontainebleau entlangging, an der frischen Luft, in der Morgenstille, fühlte er sich wohl.
    Zufrieden strich er seinen roten Schnurrbart glatt. Hier kam er sich immer vor wie ein freier Mensch.
    Links führte ein Serpentinenpfad einen steinigen Berg empor.
    Gaston schlug diesen Weg ein und gelangte zum Denecourt-Turm am Rand des Cassepot-Felsens. Von hier oben hatte man einen herrlichen Blick. Ein riesiger Mond tauchte das weite Panorama in weiches Licht.
    Er setzte sich und riet seinem Hund, es ihm gleichzutun, aber der Setter blieb lieber stehen. Gemeinsam betrachteten sie den Himmel.
    »Weißt du, Achille, früher haben die Astronomen Himmelskarten so gezeichnet, als würde es sich um ein flaches Deckengebilde handeln. Sie teilten den Himmel in 8\1 Sternbilder auf, so als bestünde er aus 88 Départements. Die meisten Konstellationen sind nicht jede

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