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Die Revolution der Ameisen

Die Revolution der Ameisen

Titel: Die Revolution der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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schienen nur die Kibbuzim über längere Zeit hinweg erfolgreich zu sein. Sie waren Julie sehr sympathisch, weil sie in Gemeinschaften lebten, wo kein Geld in Umlauf war, wo es an den Türen keine Schlösser gab und wo gegenseitige Hilfe oberstes Gebot war.
    Allerdings war es bei den Kibbuzim Pflicht, sich in der Landwirtschaft nützlich zu machen, und hier im Gymnasium gab es weder Felder noch Kühe noch Weinberge.
    Julie grübelte, biß sich die Nägel ab, betrachtete ihre Hände –
    und plötzlich zündete ein Geistesblitz.
    Endlich hatte sie die Lösung gefunden. Warum war ihr das nicht schon viel früher eingefallen? Das Beispiel, dem man folgen mußte, war …

139. ENZYKLOPÄDIE
     
    Der lebendige Organismus: Niemand wird die perfekte Harmonie bestreiten können, die zwischen unseren Körperteilen herrscht. Alle Zellen sind gleichberechtigt. Das rechte Auge ist nicht auf das linke eifersüchtig, die rechte Lunge beneidet die linke nicht. In unserem Körper haben alle Zellen und Organe nur ein einziges gemeinsames Ziel: dem Gesamtorganismus zu dienen, damit er möglichst funktionsfähig ist.
    Unsere Zellen praktizieren erfolgreich sowohl den Kommunismus als auch den Anarchismus. Alle sind gleich, alle sind frei, aber sie haben trotzdem ein gemeinsames Interesse: so gut wie möglich zusammenzuleben. Hormone und Nervenleitungen können Informationen blitzschnell im ganzen Körper verbreiten, doch verständigt wird nur jener Körperteil, der Bedarf an der Information hat.
    In unserem Körper gibt es keinen Chef, keine Verwaltung, kein Geld. Die einzigen Reichtümer sind Zucker und Sauerstoff, und nur der Gesamtorganismus entscheidet, welche Organe diese Stoffe am meisten benötigen. Wenn es beispielsweise kalt ist, entzieht der Körper den Gliedern etwas Blut, damit lebenswichtige Organe ausreichend versorgt werden können. Deshalb frieren wir als erstes an Fingern und Zehen.
    Könnten wir im makrokosmischen Maßstab nachvollziehen, was sich mikrokosmisch ständig in unserem Körper abspielt, würden wir uns an einem Organisationssystem ein Beispiel nehmen, das sich seit sehr langer Zeit als ungemein erfolgreich erwiesen hat.
    EDMOND WELLS,
    Enzyklopädie des relativen und absoluten Wissens, Band III
     

140. DIE SCHLACHT VON BEL-O-KAN
     
    Die ›Revolution der Finger‹ breitet sich wie rankender Efeu aus. Nun nehmen schon mehr als 50000 Insekten daran teil.
    Schnecken sind mit Nahrungsmitteln schwer beladen. In dieser riesigen Horde ist es große Mode, sich das Motiv des Feuers auf den Panzer ritzen zu lassen.
    Die Ameisen gleichen einem rasch um sich greifenden Waldbrand, freilich mit dem großen Unterschied, daß sie nichts zerstören, sondern nur die Kunde von der Existenz der Finger und deren Lebensweise verbreiten wollen.
    Auf einer mit Wacholdersträuchern dicht bewachsenen Ebene weiden zufrieden mindestens tausend Blattläuse.
    Während die Ameisen mit ihrer Säure Jagd auf sie machen, fällt ihnen etwas auf: die völlige Stille.
    Obwohl bei Ameisen der Geruchssinn am wichtigsten ist, nehmen sie diese Lautlosigkeit trotzdem sofort wahr und reagieren darauf, indem sie nur noch ganz langsam ein Bein vors andere setzen. Hinter dichtem Gras tauchen plötzlich die Umrisse ihrer Hauptstadt auf: Bel-o-kan.
    Bel-o-kan, die Heimat!
    Bel-o-kan, der größte Ameisenbau des ganzen Waldes!
    Bel-o-kan, der Ursprungsort der wichtigsten Legenden!
    Ihre Geburtsstadt kommt ihnen noch gewaltiger als früher vor, fast so, als hätte sie sich zu ihrem Empfang aufgebläht.
    Tausend olfaktorische Botschaften gehen von diesem Ort aus.
    Sogar Nr. 103 ist sichtlich bewegt. Von hier ist sie vor langer Zeit aufgebrochen, und hierher kehrt sie nun zurück. Sie erkennt Tausende vertrauter Gerüche. In diesem Grasfleck hat sie als junge Kundschafterin gespielt. Auf diesen Pisten ist sie im Frühjahr zur Jagd aufgebrochen. Sie erbebt. Nicht nur die Stille ist beunruhigend, sondern auch, daß um die Metropole herum kein lebhaftes Treiben herrscht.
    Früher waren diese breiten Pisten doch immer mit Jägerinnen verstopft, die ihre Schätze nach Hause schleppten. Heute ist keine einzige Ameise zu sehen. Im ganzen Bau rührt sich nichts. Ihre Mutterstadt scheint sich über die Rückkehr der unruhigen Tochter nicht zu freuen, die nun eine Prinzessin ist und nicht nur eine riesige revolutionäre Anhängerschaft mitbringt, sondern auch noch rauchende Glut auf Schneckenrücken.
    »Ich werde dir alles erklären!« ruft Nr. 103 in Richtung

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