Die Revolution der Ameisen
teuren Apparaturen?«
Raphaël Hisaud räusperte sich. »Hmmm … als ich noch Forschungsminister war, fiel mir auf, daß enorme Summen für völlig unsinnige Projekte vergeudet wurden, speziell für ein kostspieliges Programm namens SETI – Search for Extraterrestrial Intelligence. Unser Staatspräsident war so fasziniert von Außerirdischen, daß man die Mittel sofort bewilligte. Vor meinem Rücktritt konnte ich einen Teil des Geldes abzweigen, und ich hatte dabei kein schlechtes Gewissen, weil ich eine Kontaktaufnahme mit Infraterrestrischen für viel wahrscheinlicher halte als die mit Extraterrestrischen. Von den Ameisen wissen wir jedenfalls mit absoluter Sicherheit, daß es sie gibt. Jeder Mensch kann es bezeugen.«
»Das alles wurde also mit Steuergeldern bezahlt?«
Die Mimik des Exministers verriet, daß er während seiner Amtszeit viel schlimmere Dinge erlebt hatte.
»Außerdem verdient meine Frau Juliette etwas dazu«, sagte Arthur. »Sie lebt nicht ständig hier, sondern dient unseren fliegenden Ameisen sozusagen als Flugzeugträger in der Stadt und ist außerdem die Starkandidatin von ›Denkfalle‹. Dieses Fernsehquiz ist ganz schön lukrativ!«
»Aber zur Zeit hat sie doch Probleme«, fiel David ein, der sich allerdings sehr wunderte, daß Juliette Ramirez ausgerechnet das Rätsel, das in die Tür eingraviert war, nicht lösen konnte.
»Das ist nur ein Trick«, grinste Laetitia Wells. »Wir selbst schicken die Rätsel ein, und Juliette weiß natürlich die Lösungen, aber sie stellt sich absichtlich dumm an, weil die Gewinnsumme dadurch immer höher wird.«
Julie schaute sich bewundernd in diesem ›Ameisenbau‹ um.
Einen solchen Einfallsreichtum hatte ihre ›Revolution der Ameisen‹ nicht an den Tag gelegt, aber vielleicht lag das auch daran, daß diese Menschen schon seit einem Jahr hier lebten.
»Arthur, sind Sie ganz sicher, daß Sie nicht doch Professor Edmond Wells sind?« fragte sie.
Der alte Mann lachte, was einen Hustenanfall auslöste. »Ich darf nicht lachen, das ist schlecht für meine Gesundheit. Nein, nein, ich versichere Ihnen, daß ich ganz bestimmt nicht Edmond Wells bin, sondern nur ein kranker alter Mann, der sich mit seinen Freunden in eine Höhle zurückgezogen hat, um an einem Werk zu arbeiten, das ihn amüsiert.«
Er führte die ›Ameisen‹ zu ihren Schlafräumen hinauf.
»Wir haben hier für die ›Leute des dritten Bandes‹ dreißig kleine Schlafkammern eingerichtet, weil wir ja nicht wußten, wie viele es sein würden. Für Sie sieben ist also reichlich Platz.«
Sie bezogen ihre Betten und machten sich ein wenig frisch.
Nach dem Essen versammelten sich alle im Fernsehraum, wo schon Jacques Méliès saß. »Jacques ist ganz verrückt auf das Fernsehen«, sagte Laetitia spöttisch. »Es ist seine Droge, und er kommt einfach nicht davon los. Wenn er die Lautstärke voll aufdreht, beschimpfen wir ihn, aber seit er das Zimmer mit Moos isoliert hat, stört es uns weniger. Wissen Sie, das Zusammenleben auf beschränktem Raum ist gar nicht so einfach.«
Wie auf Kommando stellte Jacques Méliès den Ton lauter, weil es Zeit für die Nachrichten war. Diesmal tadelte ihn niemand, denn alle wollten wissen, was in der Außenwelt vor sich ging. Nach Berichten über den Krieg im Mittleren Osten und über die Arbeitslosigkeit kam der Moderator endlich auf die ›Revolution der Ameisen‹ zu sprechen und berichtete, daß die Polizei noch immer nach den Anführern fahndete. Gast im Studio war der Journalist Marcel Vaugirard, der behauptete, die Rebellen als letzter interviewt zu haben.
»Schon wieder dieser Kerl!« rief Francine wütend.
»Erinnert ihr euch an seine Devise?«
Alle zitierten im Chor: »Nur über das, was man nicht kennt, schreibt man gut.«
Und weil der Journalist von ihrer Revolution keine Ahnung hatte, ließ er sich weitschweifig darüber aus. Er gab vor, Julies einziger Vertrauter zu sein. Das junge Mädchen habe zugegeben, mit Hilfe von Musik und modernster Informatik die Welt verändern zu wollen. Schließlich kam der Moderator wieder zu Wort und meldete, der Zustand des verletzten Schülers habe sich ein wenig gebessert, er sei aus dem Koma erwacht.
Alle waren erleichtert. »Halt die Ohren steif, Narcisse!« rief Paul. »Wir holen dich da raus.«
Eine Reportage zeigte die Verwüstung, die die ›Vandalen‹ im Gymnasium angerichtet hatten.
»Aber wir haben doch gar nichts beschädigt!« empörte sich Zoé.
»Vielleicht sind die Schwarzen
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