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Die Revolution der Ameisen

Die Revolution der Ameisen

Titel: Die Revolution der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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ausspuckten. Schließlich ließen sie zum Zeichen einer Verbündung ihren Schamanen kommen, der die eigenen Geister beschwor, alle bösen Geister an Bord des englischen Schiffes zu bannen.
    Am nächsten Tag hißte John Ross seine Fahne auf dem Territorium der Inuit und eignete sich damit die Reichtümer des Landes an. Ohne daß die Inuit es bemerkt hatten, waren sie innerhalb einer Stunde Untertanen der britischen Krone geworden; und schon eine Woche später tauchte ihr Land auf allen Karten auf, anstelle der früheren Bezeichnung Terra incognito,
    EDMOND WELLS,
    Enzyklopädie des relativen und absoluten Wissens, Band III
     

20. DIE ANGST VOR DEN MÄCHTIGEN
     
    Die alte rote Ameise berichtet von unbekannten Ländern, von einer großen Reise, von einer fremden Welt. Die zwölf Kundschafterinnen trauten ihren Fühlern kaum.
    Alles hatte damit angefangen, daß Nr. 103 683, eine einfache Soldatin, in den Gängen der Verbotenen Stadt unweit des königlichen Gemachs unterwegs war, als plötzlich zwei fortpflanzungsfähige Ameisen, ein Männchen und ein Weibchen, auftauchten und sie um Hilfe baten. Sie behaupteten, eine ganze Jagdexpedition sei von einer Geheimwaffe vernichtet worden, die zehn Kriegerinnen auf einmal töten könne.
    Nr. 103 683 hatte zunächst wie die anderen geglaubt, ihre Erbfeinde, die Zwergameisen von Shi-gae-pu, steckten dahinter. Ein Feldzug wurde unternommen, doch bei der Schlacht setzten die Zwergameisen keine riesigen zermalmenden Waffen ein. Folglich besaßen sie keine derartigen Geheimwaffen.
    Als nächstes wurde ein anderer Erbfeind verdächtigt: die Termiten. Nr. 103 683 nahm an der Jagdexpedition zum Termitenhügel des Ostens teil, doch sie fanden eine durch Giftgas zerstörte Stadt vor. Die Termitenkönigin hatte als einzige überlebt und behauptete, all diese Katastrophen, die sich in letzter Zeit häuften, seien das Werk von Ungetümen, von den sogenannten ›Wächtern des Endes der Welt‹.
    Nr. 103 683 begab sich daraufhin gen Osten, überquerte den großen Strom, bestand tausend Abenteuer und entdeckte schließlich dieses sagenumwobene Ende der Welt.
    Die Welt ist kein Würfel, berichtet Nr. 103 683, und deshalb besteht ihr Rand auch nicht aus einem schwindelerregenden Abgrund, sondern ist flach. Sie versucht ihn zu beschreiben, so wie sie ihn in Erinnerung behalten hat: eine graue und schwarze Zone mit gräßlichem Benzingestank. Sobald eine Ameise sich dorthin vorwagte, wurde sie von einer schwarzen Masse, die nach Gummi roch, zermalmt. Viele Ameisen hatten es versucht und waren gestorben, denn das Ende der Welt war zwar flach, aber dennoch eine Todeszone.
    Nr. 103 683 erzählt, sie hätte eigentlich umkehren wollen, doch dann sei sie auf die Idee gekommen, einen Tunnel unter diesem infernalischen Todesstreifen zu graben. Auf diese Weise sei sie auf die andere Seite des Endes der Welt gelangt und habe das exotische Land entdeckt, wo die gigantischen Tiere lebten, von denen die Termitenkönigin gesprochen hatte, diese ›Wächter des Endes der Welt‹.
    Ihr Bericht fasziniert die zwölf jungen Kundschafterinnen.
    »Wer sind diese Riesentiere?« fragt Nr. 14 verwirrt.
    Nach kurzem Zögern antwortet Nr. 103 683 mit einem einzigen Wort: FINGER.
    Obwohl sie daran gewöhnt sind, die schlimmsten Raubtiere zu jagen, zucken die zwölf Soldatinnen erschrocken zusammen und unterbrechen dadurch ungewollt die Kommunikationsrunde.
    Die Finger?
    Dieses Wort bedeutet für sie die Beschwörung eines Alptraums.
    Alle Ameisen wissen schreckliche Geschichten über die Finger zu berichten. Sie sind die gefährlichsten Ungeheuer der ganzen Schöpfung. Manche behaupten, sie seien immer zu fünft unterwegs. Andere beteuern, sie würden Ameisen völlig grundlos töten, ohne sie anschließend zu fressen.
    In der Welt des Waldes hat Töten stets eine Berechtigung.
    Man tötet, um zu fressen. Man tötet, um sich zu verteidigen.
    Man tötet, um sein Jagdterritorium zu vergrößern. Man tötet, um ein Nest zu erobern. Aber die Finger verhalten sich völlig absurd. Sie töten die Ameisen einfach so, ohne ein einleuchtendes Motiv.
    Aus diesem Grund wurden die Finger in der Ameisenwelt als irrsinnige Tiere angesehen, deren Verhalten unvorstellbares Grauen auslöste. Jeder kannte die scheußlichen Gerüchte, die über sie in Umlauf waren.
    Die Finger …
    Es hieß, sie würden ganze Städte zerwühlen, so daß die Ameisen scharenweise aus ihren eingestürzten Kammern flüchten mußten. Angeblich zerstörten die

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