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Die Revolution der Ameisen

Die Revolution der Ameisen

Titel: Die Revolution der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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übernommen. Die militanten Anhänger dieser Bewegung glauben, geradewegs ins Paradies zu kommen, wenn sie möglichst viele Ungläubige töten. Der Innenminister bittet die Bevölkerung, Ruhe zu bewahren.
    Kanal 345. Unterhaltung. Der Witz des Tages: »Und hier ist unsere heutige komische Geschichte, die Sie Ihrerseits weitererzählen können, um Ihre Freunde zum Lachen zu bringen. Ein Wissenschaftler erforscht den Flug von Fliegen.
    Er reißt einer Fliege ein Bein aus und befiehlt ihr: ›Flieg!‹
    Darauf registriert er, daß die Fliege auch ohne dieses Bein fliegen kann. Er reißt ihr ein zweites Bein aus und befiehlt wieder: ›Flieg!‹ Und sie fliegt wieder. Er reißt ihr einen Flügel aus und wiederholt: ›Flieg!‹ Doch die Fliege fliegt nicht mehr.
    Folglich notiert er: ›Wenn man einer Fliege einen Flügel ausreißt, wird sie taub.‹«
    Marguerite merkte sich die Geschichte, obwohl sie wußte, daß sie damit keine großen Lacherfolge erzielen konnte, weil auch ihre Freunde diesen Witz im Fernsehen gehört haben würden.
    Kanal 201. Musik. Ein neuer Clip der Sängerin Alexandrine:
    »… le monde est amour, amour toujours, amoooour, je t’aime, tout n’est que …«
    Kanal 622. Quiz.
    Marguerite legte die Fernbedienung weg. Sie liebte dieses Telespiel namens ›Denkfalle‹, bei dem man ein logisches Rätsel lösen mußte. Ihrer Ansicht nach war das mit das Beste, was im Fernsehen geboten wurde. Der Moderator begrüßte die Zuschauer im Saal, die ihm Ovationen darbrachten, und verbeugte sich vor einer rundlichen, betagten Frau in geblümtem Nylonkleid, deren Gesicht von einer großen Hornbrille mit dicken Gläsern beherrscht wurde. Beim Lächeln entblößte der Moderator seine strahlend weißen Zähne. »Nun, Madame Ramirez, ich werde Ihnen jetzt unser neues Rätsel stellen. Können Sie mit nach wie vor nur sechs Streichhölzern nicht etwa vier und auch nicht sechs, sondern acht gleich große gleichseitige Dreiecke bilden?«
    »Es kommt mir so vor, als erreichten wir jedesmal eine weitere Dimension«, seufzte Juliette Ramirez. »Zunächst mußte man die dritte Dimension entdecken, sodann die Verschmelzung von Komplementen, und jetzt …«
    »Dies ist der dritte Schritt«, fiel der Moderator ihr ins Wort.
    »Sie müssen den dritten Schritt finden. Aber wir setzen volles Vertrauen in Sie, Madame Ramirez. Sie sind schließlich die Starkandidatin der Denk …«
    »…falle«, ergänzte das Publikum wie aus einem Munde.
    Madame Ramirez wollte die sechs Streichhölzer sehen.
    Sofort wurden sechs lange, dünne Holzstäbe mit roten Spitzen gebracht, damit die Zuschauer im Saal und vor den Bildschirmen alles mitverfolgen konnten, was bei Zündhölzern der üblichen Größe unmöglich gewesen wäre.
    Die Frau verlangte eine Lösungshilfe. Der Moderator öffnete einen Umschlag und las vor: »Der erste Satz, der Ihnen helfen soll, lautet: ›Man muß sein Bewußtseinsfeld erweitern.‹«
    Kommissar Linart hörte mit halbem Ohr hin, als sein Blick plötzlich auf das Aquarium fiel. Tote Fische schwammen mit den Bäuchen nach oben an der Oberfläche.
    Waren sie vielleicht an Überernährung gestorben? Oder waren sie einem Bürgerkrieg zum Opfer gefallen? In der abgeschlossenen Welt dieses Glasgefängnisses rotteten die Starken die Schwachen, die Schnellen die Langsamen aus. Hier herrschte ein Darwinismus besonderer Art: Nur die bösartigsten und aggressivsten Fische überlebten.
    Weil er seine Hand ohnehin schon ins Wasser gesenkt hatte, richtete er auf dem Boden das Piratenschiff aus Stuck und die Meerespflanzen aus Plastik auf. Möglicherweise hielten die Fische diese Operettendekoration ja für echt.
    Dem Kommissar fiel auf, daß die Filterpumpe nicht mehr funktionierte, und er reinigte die durch Exkremente verstopften Schwammfilter. ›Wieviel Dreck 25 Guppys doch machen können!‹ dachte er, während er frisches Wasser nachfüllte, die Temperatur überprüfte und Nahrung ausstreute.
    Die Fische im Aquarium hielten nicht das geringste von diesen Bemühungen ihres Herrn. Sie begriffen nicht, warum die Kadaver der Guppys entfernt wurden, die sie sorgfältig an jene Stelle gebracht hatten, wo sie am schnellsten fermentieren würden, bis ihre Haut so weich war, daß man sie leicht verzehren konnte. Die Fische kamen nicht einmal dazu, gegenseitig ihren Kot aufzufressen, weil dieser sofort von der Pumpe angesaugt wurde. Die intelligentesten Aquariumsbewohner dachten seit langem über den Sinn dieses Lebens nach, bei

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