Die Revolution der Ameisen
Gehirnkanälen besteht, deren Zellen die Magnetfelder der Erde registrieren.
Diese unsichtbaren Magnetfelder sorgen dafür, daß Ameisen sich überall auf dem Planeten zurechtfinden und sogar unterirdische Flüsse aufspüren können, weil das schwach salzige Wasser die Magnetfelder verändert.
Im Augenblick sagt ihr Johnston-Organ ihnen aber, daß es hier weit und breit kein Wasser gibt. Und wenn sie zu der großen Eiche gelangen wollen, müssen sie immer weiter geradeaus durch diese unwirtliche Gegend marschieren.
Sie haben immer größeren Hunger und Durst, denn in dieser weißen Einöde gibt es so gut wie keine Lebewesen. Zufällig erspähen sie jedoch schließlich zwei Skorpione, die gerade bei der Liebeswerbung sind. Diese großen Spinnentiere können sehr gefährlich sein, und deshalb beschließen die Ameisen, sie erst anzugreifen, wenn sie nach der Paarung erschöpft sein werden.
Das Skorpionweibchen, kenntlich am dicken Bauch und an der braunen Farbe, packt seinen Auserwählten bei den Scheren, so als wollte es mit ihm Tango tanzen, und schiebt ihn vor sich her. Das Männchen, heller und zierlicher, bewegt sich gefügig rückwärts. Dieser Liebestanz dauert lange, und die Ameisen beobachten ihn, ohne einen Überfall zu riskieren. Endlich bleibt das Männchen stehen, hebt eine tote Fliege auf und bietet sie dem Weibchen an. Weil die Dame keine Zähne hat, zerlegt sie die Fliege mit ihren sägeblattartigen Scheren in kleine Stücke, die sie sodann genüßlich aussaugt. Daraufhin setzen die Skorpione ihren Liebestanz fort, bis das Männchen mit einer Schere, mit Schwanz und Beinen eine Höhle gräbt, während es seine Liebste mit der anderen Schere festhält.
Als die Höhle groß genug für das Paar ist, lädt das Männchen seine Braut in die neue Wohnung ein. Gemeinsam kriechen sie unter die Erde und verschließen die Höhle. Die neugierigen Ameisen graben rasch einen Tunnel, um sich das unterirdische Spektakel nicht entgehen zu lassen. Leib an Leib, Stachel an Stachel paaren sich die Skorpione. Und weil Liebesspiele hungrig machen, tötet das Weibchen gleich darauf ihren erschöpften Partner und verschlingt ihn, bevor sie zufrieden die Höhle verläßt.
Die Ameisen glauben, dies sei der ideale Zeitpunkt für einen Angriff, doch der Skorpion hat im Augenblick keine Lust zu kämpfen und sucht das Weite.
Leider ist er viel schneller als die Ameisen, die jetzt zutiefst bedauern, nicht schon während der Paarung zugeschlagen zu haben. Sie feuern dem Weibchen mit Ameisensäure hinterher, die jedoch am harten Panzer wirkungslos abprallt. Den dreizehn Kundschafterinnen bleibt nichts anderes übrig, als sich mit den kläglichen Überresten des Männchens zu begnügen. Das Fleisch schmeckt nicht gut, und sie haben hinterher immer noch Hunger.
Trotzdem setzen sie ihren Marsch durch die unendliche Wüste fort. Sand, Felsen, noch mehr Sand. In der Ferne erspähen sie jedoch eine Kugel.
Ein Ei!
Wie kommt ein Ei mitten in die Wüste? Ist es vielleicht nur eine Fata Morgana? Nein, das Ei liegt wirklich im Sand, und die Insekten umringen es begierig und schnuppern daran.
Nr. 5 erkennt den Geruch. Es ist das Ei eines Vogels, der einer weißen Schwalbe ähnelt, einen schwarzen Schnabel und schwarze Augen hat und über eine Besonderheit verfügt: Das Weibchen baut kein Nest und legt nur ein einziges Ei, das an irgendeinem x-beliebigen Ort deponiert wird, am häufigsten auf einem Ast oder Felsen. Das Weibchen macht sich nicht einmal die Mühe, eine geschützte Nische zu suchen, deshalb braucht man sich nicht zu wundern, daß Eidechsen, Raubvögel oder Schlangen das Ei oft verzehren. Und selbst wenn das nicht der Fall ist, genügt schon ein kräftiger Windstoß, um das Ei am Boden zerschellen zu lassen. Schlüpft ein Junges trotz dieser Gefahren wohlbehalten aus, muß es aufpassen, um nicht vom Ast oder Felsen in die Tiefe zu stürzen. Im Grunde ist es erstaunlich, daß diese unkluge Vogelart nicht schon längst ausgestorben ist.
Diesmal hat ein besonders sorgloses Weibchen sein einziges Ei sogar mitten in der Wüste abgelegt, wo es jedem auf Gnade und Ungnade ausgeliefert ist.
Obwohl … Vielleicht war dieser Vogel doch nicht so dumm, wie es auf den ersten Blick scheint, denkt Nr. 103. Denn hier, mitten im Wüstensand, kann das Ei wenigstens nicht in die Tiefe stürzen.
Nr. 5 nimmt einen Anlauf und rennt mit dem Kopf gegen die harte Eierschale an. Vergeblich! Die anderen eilen ihr zu Hilfe, doch auch diese
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