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Die Revolution der Ameisen

Die Revolution der Ameisen

Titel: Die Revolution der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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lange.
    Andere Schatten traten neben die drei Beine. Julie erkannte die übrigen Sieben Zwerge, die Schüler aus der letzten Bank.
    Die drei Musterschüler griffen an, aber die Sieben Zwerge wichen nicht zurück. Der Dicke boxte seine Gegner in die Magengrube; der Asiate beherrschte Taekwondo oder etwas Ähnliches; der Magere teilte Ohrfeigen aus; die Stämmige mit den kurzen Haaren setzte ihre Ellbogen als Waffe ein; die Schlanke mit den blonden Haaren hatte zehn lange scharfe Fingernägel; der Feminine teilte Fußtritte aus. Und David schlug mit seiner Krücke nach den Händen der drei Angreifer.
    Gonzague und seine Freunde wollten sich nicht so leicht geschlagen geben. Sie formierten sich neu, teilten ihrerseits Hiebe aus und fuchtelten mit dem Messer herum, sahen aber bald ein, daß sie der Übermacht nicht gewachsen waren und suchten ihr Heil in der Flucht.
    »Wir sehen uns wieder!« rief Gonzague den Sieben Zwergen noch drohend zu, bevor er verschwand.
    Julie war fast am Ersticken. Der Sieg hatte ihren Asthmaanfall nicht beendet. David nahm ihr vorsichtig den Knebel aus dem Mund und löste ihre Fesseln.
    Sobald sie frei war, stürzte sie zu ihrem Rucksack und holte eine Spraydose mit Ventolin hervor. Begierig atmete sie das Medikament ein, das ihr sofort Linderung verschaffte.
    Ihre nächste Handlung bestand darin, die Enzyklopädie hastig in den Rucksack zu schieben.
    »Ein Glück, daß wir zufällig hier vorbeikamen«, sagte Ji-woong.
    Julie massierte sich die Handgelenke, um die Blutzirkulation anzuregen.
    »Gonzague Dupeyron ist ihr Anführer«, erklärte Francine.
    »Ja, das ist Dupeyrons Bande«, bestätigte Zoé. »Sie nennen sich Schwarze Ratten und haben schon alle möglichen Dummheiten gemacht, aber die Polizei drückt ein Auge zu, weil Gonzagues Onkel der Präfekt ist.«
    Julie schwieg; noch immer rang sie mühsam nach Luft, aber ihr Blick schweifte aufmerksam über die Sieben Zwerge. Der kleine Braunhaarige mit der Krücke, David, hatte ihr heute schon in der Mathestunde zu helfen versucht. Von den anderen wußte sie kaum mehr als die Vornamen: Ji-woong, der Asiat, Léopold, der schweigsame Magere, Narcisse, der feminine Spaßmacher, Francine, die zierliche Blondine, Zoé, die mürrische Stämmige, und Paul, der ausgeglichene Dicke.
    Die Sieben Zwerge …
    »Ich brauche niemanden«, brachte Julie keuchend hervor.
    »Ich komme gut allein zurecht.«
    »Na so was!« rief Zoé empört. »Undank ist der Welt Lohn!
    Kommt, gehen wir. In Zukunft soll diese hochnäsige Person sich wirklich allein helfen.«
    Sechs Gestalten entfernten sich. Nur David zögerte. Bevor er den anderen folgte, drehte er sich noch einmal nach Julie um und sagte: »Unsere Rockgruppe probt morgen. Du kannst mitmachen, wenn du willst. Wir spielen in dem kleinen Raum direkt unter der Cafeteria.«
    Ohne ihn einer Antwort zu würdigen, verstaute Julie ihre Enzyklopädie sorgfältig zuunterst im Rucksack und trat den Heimweg an.
     

40. WÜSTE
     
    Der Horizont erstreckt sich ins Unendliche, ohne von vertikalen Linien durchbrochen zu werden.
    Nr. 103 setzt mühsam ein Bein vor das andere. Ihre Gelenke knirschen, ihre Fühler trocknen ständig aus, und sie verliert viel Kraft damit, sie nervös zu befeuchten.
    Mit jeder Sekunde macht ihr das Alter mehr zu schaffen. Nr.
    103 weiß, daß sie vom Tod überschattet ist. Wie kurz ist doch das Leben einfacher Ameisen! Wenn sie nicht bald geschlechtsfähig wird, werden ihre Lebenserfahrungen niemandem mehr von Nutzen sein können, denn dann wird der unerbittlichste Feind sie besiegt haben: die Zeit.
    Ihr folgen die zwölf jungen Kundschafterinnen, die beschlossen haben, sie auf dieser Odyssee zu begleiten.
    Die Ameisen machen nur Rast, wenn der feine Sand unter ihren Beinen glühend heiß wird. Sobald eine Wolke die Sonne verhüllt, marschieren sie weiter. Die Wolken wissen gar nicht, wie mächtig sie sind!
    Die Landschaft besteht abwechselnd aus feinem Sand, Kieseln, Steinen und pulverisierten Mineralien. Kaum Pflanzen, kaum Tiere. Ein großartiges Panorama – rosa Sierra und hellgraue Täler. Obwohl sie manchmal große Umwege machen müssen, um nicht in den Seen aus allzu feinem Sand zu versinken, der fast flüssig zu sein scheint, verirren sie sich nie, denn Ameisen orientieren sich nicht nur an den Pheromonpisten, sondern auch mit Hilfe des Winkels zwischen Horizont und Sonne. Bei dieser Wüstendurchquerung verwenden sie zusätzlich auch noch ihr Johnston-Organ, das aus feinen

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