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Die Revolution der Ameisen

Die Revolution der Ameisen

Titel: Die Revolution der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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Happening! Die anderen Kulturzentren werden vor Neid platzen, das kann ich euch versichern. Einen solchen Enthusiasmus beim Publikum habe ich seit dem Auftritt der
    ›Petits Chanteurs à la Croix de Bois‹ im Kulturzentrum von Mont-Saint-Michel nicht mehr erlebt. Ich möchte, daß ihr wieder spielt, und zwar bald.«
    »Im Ernst?«
    Er zückte sein Scheckbuch, überlegte kurz und schrieb: 500\1 Francs.
    »Eure Gage für dieses Konzert. Das Geld soll euch helfen, den nächsten Auftritt vorzubereiten. Ihr müßt euch um Kostüme und Dekorationen kümmern, Plakate anfertigen usw.
    Mit dem Sieg von heute abend dürft ihr euch nicht begnügen.
    Beim nächstenmal möchte ich ein Konzert, das gewaltiges Aufsehen erregt!«

81. PRESSE
    LE CLAIRON DE FONTAINEBLEAU
    (Feuilleton)
    ERFREULICHES EINWEIHUNGSKONZERT IM
    KULTURZENTRUM
     
    »Die junge französische Rockgruppe ›Schneewittchen und die Sieben Zwerge‹ hat uns gestern abend im neuen Kulturzentrum von Fontainebleau eine sehr sympathische musikalische Darbietung beschert, die beim Publikum gut ankam. Die Sängerin, Julie Pinson, besitzt alles, um im Showbusiness Erfolg zu haben: eine Traumfigur, graue Augen, die sogar einen Heiligen in Versuchung führen könnten, und eine ›jazzige‹ Stimme.
    Minuspunkte sind die rhythmischen Schwächen und die recht langweiligen Texte, doch über diese Unvollkommenheiten sieht man gern hinweg, weil Julies Begeisterung so ansteckend wirkt. Es wird sogar schon gemunkelt, daß sie der berühmten Sängerin Alexandrine Konkurrenz machen könnte.
    Nun, wir wollen nichts übertreiben. Alexandrine hat längst ein breites Publikum erobert und braucht nicht mehr in provinziellen Kulturzentren aufzutreten.
    Trotzdem kündigen ›Schneewittchen und die Sieben Zwerge‹
    selbstbewußt an, demnächst ein Album mit dem provozierenden Titel ›Wacht auf!‹ veröffentlichen zu wollen.
    Vielleicht wird es in absehbarer Zukunft mit Alexandrines neuestem Erfolgssong ›Mon amour, je t’aime‹, der Nr. l in allen Hitparaden, konkurrieren. Marcel Vaugirard«
     

82. ENZYKLOPÄDIE
     
    Zensur: Damit bestimmte Ideen, die von den Machthabern als subversiv beurteilt wurden, nicht an die Öffentlichkeit gelangten, gab es früher eine Instanz: die staatliche Zensur.
    Dieses Polizeiorgan konnte die Verbreitung ›umstürzlerischer‹
    Werke verbieten.
    Heute hat die Zensur ein anderes Gesicht. Weil wir ständig einer Flut unwichtiger Informationen ausgesetzt sind, weiß niemand mehr, wo man etwas wirklich Interessantes und Authentisches erfahren kann. Indem die Plattenfirmen tonnenweise ähnliche Musik produzieren, verhindern sie das Auftauchen neuer Musikströmungen. Indem die Verleger jeden Monat Tausende neuer Bücher auf den Markt werfen, verhindern sie den Erfolg neuer literarischer Ideen, die in der Massenproduktion einfach untergehen. Der Überfluß an billigen Machwerken nach einem bestimmten Strickmuster blockiert originelles Schöpfertum, und sogar die Kritiker, die eigentlich die Spreu vom Weizen trennen müßten, haben einfach nicht mehr die Zeit, alles zu lesen, alles zu hören, alles zu sehen.
    Dadurch entsteht eine paradoxe Situation: Je mehr Fernsehkanäle, Rundfunksender, Zeitungen und sonstige Medien es gibt, desto mehr schrumpft die kreative Vielfalt.
    Graue Eintönigkeit macht sich breit.
    Im Grunde hat sich also seit den Zeiten der Zensur von einst nichts geändert: Etwas Originelles, das das System gefährden könnte, darf nicht erscheinen. Wieviel Energie wird darauf verschwendet, für Unbeweglichkeit zu sorgen!
    EDMOND WELLS,
    Enzyklopädie des relativen und absoluten Wissens, Band III

83. AUF DEM FLUSS
    Der silberfarbene Strom fließt nach Süden. Das Boot der Kundschafterinnen ist seit dem frühen Morgen auf diesem schillernden Band unterwegs. Hinten wühlen Schwimmkäfer die Wasseroberfläche mit anmutigen Bewegungen auf. Ihre grünen Panzer haben orangefarbene Ränder, und ihre Stirn ist mit einem gelben ›V‹ geschmückt. Die Natur liebt Dekorationen. Sie malt komplizierte Muster auf Schmetter-lingsflügel und vergißt nicht einmal die Schwimmkäfer.
    Ihre langen behaarten Waden strecken und beugen sich, um das schwere Gefährt der Ameisen voranzubringen. Prinzessin Nr. 103 und die zwölf anderen sitzen auf den höchsten Blütenblättern der Seerose und genießen die Aussicht.
    Die kleine Seerose ist wirklich ein großartiger Schutz vor dem eisigen Wasser. Sie erregt kein Aufsehen, weil es ganz normal ist, daß eine Seerose

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