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Die Riesen vom Hungerturm

Die Riesen vom Hungerturm

Titel: Die Riesen vom Hungerturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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gesehen.
    »Dryhon, du gehörst nicht zu jenen, die das Gesicht meiner Tochter schauen durften!«
    »Es gibt nur ein Kind im ganzen Reich, das von den Dämonen besessen ist und Einfluß auf die Geschicke des Landes zu nehmen vermag!«
    Tarakons Hand legte sich um den Griff seines Schwertes. Andraiuk sah es und schüttelte den Kopf.
    Er blickte forschend in die Runde.
    »Wer von euch ist noch der Meinung, daß das Neugeborene den Mächten der Finsternis geopfert werden soll?«
    Zögernd erhoben sich sechs der insgesamt dreizehn Magier. Dryhon blickte sich triumphierend um.
    »Und wenn ihr alle mir raten würdet, das Kind auszusetzen, würde ich dennoch auf Alamogs Rückkehr warten!« rief Andraiuk erregt aus. »Es mag sein, daß ich von den Jahren gebeugt bin, doch Ränkespiele zu durchschauen, ist mir noch immer gegeben!«
    »Herr«, sagte Dryhon mit schriller Stimme, die erstmals Erregung verriet. »Das ist es, was mich der Trank des Wissens sehen ließ. Alamog, von dem wir alle lernten, den wir bewunderten und liebten, ist nicht mehr. Ich sah ihn tot in den Klauen der Hexe!«
    Tarakon machte zwei Schritte auf ihn zu und zog das Krummschwert aus der Scheide.
    »Schweig, Verruchter!« schrie er. »Wir alle wissen, wie sehr du ihn liebtest! So sehr, daß dir keine Gelegenheit zu schade war, um hinter seinem Rücken gegen ihn zu wirken!«
    »Tarakon!«
    »Verzeih, Herr!«
    »Es genügt, wenn der Feind vor den Toren steht«, sagte Andraiuk, mühsam beherrscht. »Wir wollen ihm nicht den Gefallen tun, uns gegenseitig selbst zu zerfleischen. Dir, Dryhon, sage ich, daß ich die Beschlüsse des Rates der Magier zu respektieren bereit bin. Doch wie ich sehe, sind die Meinungen geteilt. Es mag sein, daß der Trank des Wissens dich die Wahrheit sehen ließ. Indes, wir alle wissen, daß dies nicht immer der Fall war.«
    Dryhon verneigte sich.
    »Was also soll geschehen, Herr?«
    Andraiuk schwieg lange. Er wechselte Blicke mit Tarakon und einigen der Zauberer, stieg vom Thron und durchschritt die Halle mit hinter dem Rücken verschränkten Armen.
    Wieder sah er das Kind vor sich, seine Augen, wie sie ein Feuer versprühten, das nicht von dieser Welt war. Er sah die Wundmale der Amme, dann Sabri, sein Weib, wie sie ihn anflehte, das Kind am Leben zu lassen.
    Er kehrte auf den Thron zurück.
    »Wir werden warten«, verkündete er. »Noch einen Tag und eine Nacht. Sollte Alamog bis dahin nicht zurückgekehrt sein, will ich glauben, was der Trank dir eingab, Dryhon.« Er preßte die Lippen aufeinander und starrte auf seine Fußspitzen. »Und das Kind soll geopfert werden, wenn der Rat der Magier es dann noch verlangt. Zuvor jedoch sollt ihr alle es sehen und euch ein Urteil bilden können. Jetzt geht!«
    Raunend erhoben sich die Magier und zogen sich aus der Halle zurück. Dryhon schien noch etwas sagen zu wollen, besann sich jedoch eines Besseren.
    »Das kann nicht dein Ernst sein, Herr«, sagte Tarakon, als nur noch er und der König in der Halle waren. »Du weißt so gut wie ich, daß Dryhon nur darauf wartet, Alamogs Platz einzunehmen. Du… du kannst dein eigenes Kind nicht den Dämonen opfern!«
    Andraiuk blickte ihn an, und in diesem Blick lag die ganze Qual, die den König erfüllte.
    »Mein treuer Tarakon«, murmelte Andraiuk. »Fürwahr, lieber gäbe ich die Hälfte meines Reiches her, als daß ich…«
    Er sprach nicht weiter und verbarg das Gesicht in den Händen.
    »Ein Wort von dir«, knurrte Tarakon. »Und meine Krieger jagen Dryhon und seine Spießgesellen aus dem Land!«
    »Und wenn er recht hat?« fragte Andraiuk.
*
    Dryhon verließ sich nicht darauf, daß der König sein Wort hielt, ganz abgesehen davon, daß die Geschichte mit dem Trank des Wissens erlogen war.
    Tatsächlich hatte das Orakel schlimme Zeiten für Ayland und das Königshaus verheißen. Doch das Unheil konnte viele Gesichter haben. Ganz sicher betraf es die bevorstehende Unterwerfung des Reiches. Und nichts anderes als Unterwerfung unter Hadamurs Herrschaft war die angestrebte Vermählung. Dryhon wußte dies. Doch schien ihm selbst die Anerkennung des Shallad als Herrscher weniger arg als das, was das besessene Kind über das Königshaus und ganz Ayland bringen konnte. Ganz ohne Zweifel stand Andraiuk bereits unter seinem verderblichen Einfluß.
    Und Alamog? Vielleicht war er wahrhaftig tot. Dryhon wußte nichts über sein Schicksal. Doch jeder Kurier, der vom Stadttor geritten kam und zu Andraiuk vorgelassen wurde, ließ sein Herz heftiger

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