Die Riesen von Ganymed
Schwerkraft durch fortwährende Rotation simuliert wurde, andere Teile des Schiffes hingegen waren absichtlich Bereiche für Schwerelosigkeit, die bei bestimmten Aufgabenstellungen notwendig war. Instrumente, die auf unbewegliche Gegenstände gerichtet werden mußten, wie beispielsweise die Kamera, die während der vergangenen Stunden die Shapieron im Bild festgehalten hatte, waren auf Auslegern montiert, die zum Ausgleich in entgegengesetzter Richtung rotieren konnten – im Prinzip am Boden installierten astronomischen Teleskopen ähnlich. Aber der Anblick des ganymedischen Schiffs auf den Schirmen der J5 hatte keine Veranlassung zu der Überzeugung gegeben, daß sich das Gefährt oder ein Teil davon um die eigene Achse drehte. Zudem waren die Sterne im Hintergrund unbeweglich geblieben, als der Bus in die Anflugsposition für die Landung in der Andockanlage gegangen war und dabei eine unveränderte Position zum Einlaß gehalten hatte. Das bedeutete daß der Pilot nicht zur Anflugssynchronisation mit irgendeiner Rotationsbewegung seines Zieles gezwungen worden war. Von daher konnte das Gefühl des eigenen Gewichtes nur bedeuten, daß die Ganymeder über ein revolutionäres Verfahren zur Erzeugung künstlicher Schwerelosigkeit besaßen. Faszinierend.
Durch die neuerlichen Worte des Piloten wurde dieser logische Schluß gefestigt.
»Na, ich glaube, heute habe ich einen meiner guten Tage. Wir haben’s geschafft.« Sein langsamer Südstaatenakzent war ein Gottesgeschenk. »Einige von Ihnen haben vermutlich die Schwerkraft bemerkt. Fragen Sie mich nicht, wie die das hinkriegen, aber auf keinen Fall durch Zentrifugalkraft. Die äußere Schleuse hat sich mittlerweile geschlossen, und meine Instrumente zeigen an, daß draußen der Druck wächst. Also sieht es so aus, als würde Luft – oder was auch immer die atmen – einströmen. Ich sage Ihnen, ob wir Helme brauchen oder nicht, wenn ich einige Tests durchgeführt habe. Dauert nicht länger als ’ne Minute. Wir stehen auch hier drinnen immer noch mit J5 in Kontakt. Ich vermute, daß unsere Freunde unsere Sendefrequenz empfangen und in unseren Bus übertragen. J5 informiert mich, daß der Ausnahmezustand teilweise aufgehoben ist und daß die Verbindung zu den anderen Stationen wieder aufgenommen wurde. Ich hab’ eine Nachricht von J4 . Sie lautet: ›Erzählt ihnen, daß wir ihnen während ihres Vorbeifluges zugewinkt haben.‹ «
Die Luft konnte problemlos eingeatmet werden – sie war fast normal. Hunt hatte dies erwartet; die Atmosphäre im Schiff würde vermutlich mit der Minervas übereinstimmen, und dort war ja irdisches Leben gediehen. Nach außen hin verhielten sich die Insassen des Busses ruhig, aber gelegentliche nervöse Unruhe und hektische letzte Vorkehrungen an der Ausrüstung verrieten die wachsende Ungeduld und die gespannte Erwartung.
Storrel oblag die ehrenvolle Aufgabe, als erster Mensch das Raumschiff einer fremden Rasse zu betreten. Er erhob sich aus seinem Sessel im hinteren Teil der Kabine und wartete auf das Öffnen der inneren Schleusentür. Dann betrat er die Kammer und blickte durch das Bullauge in der Außentür.
Nach einer kurzen Umschau informierte er die anderen von seinen Eindrücken. »In der Wand an der Seite der Plattform, auf der wir uns befinden, öffnet sich eine Tür. Im Rahmen stehen Leute – diese riesenhaften Kerle. Jetzt kommen sie heraus … es sind eins, zwei, drei … fünf Personen. Nun kommen sie zu uns herüber …« Die Köpfe der Insassen wandten sich unwillkürlich zum Schirm in der Wand, der jedoch zeigte einen anderen Ausschnitt der Umgebung.
»Ich kann sie nicht ins Bild bekommen«, sagte der Pilot, als könnte er ihre Gedanken lesen. »Sie stehen in einem toten Winkel. Sie übernehmen nun das Kommando, Sir.« Storrel starrte weiterhin eine Zeitlang kommentarlos aus dem Bullauge. Schließlich drehte er sich zu den anderen um und holte tief Atem.
»Okay, das wär’s also. Keine Abweichungen vom Plan; es bleibt alles wie abgesprochen. Aufmachen, Pilot.«
Die Außentür des Busses glitt auf und rastete in ihrer Verankerung ein, eine kurze Metalleiter glitt auf die Plattform hinab. Storrel trat einen Schritt vor und stand einen Augenblick lang im Rahmen der Tür. Dann verschwand er nach draußen. Der nächstfolgende UNWO-Offizier, der bereits vor der Schleuse wartete folgte ihm, während weiter hinten im Inneren sich Hunt in die langsam vorwärtsdrängende Schlange einreihte.
Als er ausstieg, wurde Hunt von
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