Die Ringwelt-Ingenieure
ich wieder auf der Erde war und gewisse Überlegungen anstellte. Ich habe mich mit dem Problem eingehend befaßt.«
Die beiden fremden Wesen sahen ihn jetzt an. Er hatte wirklich nicht so viel Aufmerksamkeit erregen wollen.
Nun, auch gut. »Es ist recht einfach nachzuweisen, daß die Ringwelt sich auf einer instabilen Kreisbahn bewegt. Zwar stabil um ihre Längsachse, aber instabil in ihrer Neigungsebene. Früher muß irgend etwas die Sonne auf der Achse festgehalten haben.«
»Aber jetzt ist sie nicht mehr im Mittelpunkt des Kreises!«
»Was sie dort auch festgehalten haben mag - es funktioniert nicht mehr.«
Chmeee scharrte mit seinen Klauen auf dem unsichtbaren Boden der Raumschiffzelle. »Aber dann müssen sie alle sterben! Milliarden von Wesen, zehn Milliarden - oder gar Billionen?« Er wandte sich Louis zu. »Ich kann dein sattes Lächeln nicht mehr sehen. Könntest du nicht ohne deinen Wonnestecker mit mir reden?«
»Ich rede klar und deutlich.«
»Okay, dann rede. Warum ist die Ringwelt instabil? Es liegt nicht an ihrem Orbit?«
»Nein, die Umlaufbewegung muß konstant sein. Dieser unglaubliche Drall hält das Band straff. Aber wenn du die Ringwelt aus ihrer Bewegungsebene heraushebst, wird sie sich immer mehr von ihrem ursprünglichen Mittelpunkt entfernen. Doch die Gleichungen, um das nachzuweisen, sind ziemlich kompliziert. Ich habe sie mit einem Computer erarbeitet, doch die Zahlen, die ich bekam, erschienen mir nicht ganz glaubhaft.«
Der Hinterste sagte: »Wir trugen uns einmal mit dem Gedanken, unsere eigene Ringwelt zu bauen. Aber die Instabilität ist zu groß. Schon eine starke solare Fackel würde soviel Druck auf den Artefakten ausüben, daß er aus dem Gleichgewicht gerät. Nur noch fünf Jahre kann es dauern, bis der Kreis mit seiner Sonne in Berührung kommt.«
»Fünf Jahre. Das ist das Ergebnis meiner Berechnung gewesen«, sagte Louis.
Chmeee scharrte wieder auf dem Boden. »Ausgleichsdüsen! Die Ringweltingenieure haben den Artefakten doch ganz bestimmt mit Ausgleichsdüsen ausgerüstet!«
»Vielleicht. Wir wissen, daß sie die Bussard-Rammdüsen entwickelten. Sie benützten sie zum Antrieb ihrer Sternenschiffe. Okay, wenn die Außenseite des Ringplaneten mit einer ausreichenden Anzahl von Rammdüsen bestückt war, konnte man die Ringwelt stabil halten. Die Motoren würden den Wasserstoff den Solarwinden entnehmen. Es würde ihnen also nie der Treibstoff ausgehen.«
»Aber wir sahen nichts dergleichen. Überleg doch nur, wie groß diese Motoren sein müßten!«
Louis kicherte: »Was nennst du hier groß? Im Vergleich mit der Ringwelt? Wir haben sie einfach übersehen. Das ist alles.« Aber er mochte es nicht, wenn Chmeee sich vor ihm aufrichtete und die Krallen ausfuhr.
»Du nimmst das einfach so hin? Auf diesem Artefakten leben vielleicht so viele Wesen, daß man damit die Planeten des bekannten Universums tausendmal bevölkern könnte. Und zudem sind sie mit deiner Rasse viel näher verwandt als mit meiner.«
»Du bist ein rücksichtsloser, erbarmungsloser Fleischfresser. Ich würde das nicht vergessen«, entgegnete Louis. »Erstens: es wird mir weh tun. Es wird mir sogar ziemlich weh tun, sobald der Hinterste meinen Wonnestecker vom Netz trennt. Aber es wird mich nicht umbringen, weil ich mich inzwischen ein wenig mit dem Gedanken an diese Katastrophe vertraut gemacht haben werde. Und weißt du vielleicht ein Heilmittel dagegen? Hast du eine Idee, wie wir ihnen helfen können? Irgend eine Idee?«
Der Kzin wandte sich ab. »Hinterster, wieviel Zeit bleibt ihnen noch?«
»Ich werde versuchen, das herauszufinden.«
Die Sonne hatte sich schon ein erhebliches Stück vom Zentrum der Ringwelt entfernt. Louis schätzte, daß sie vielleicht siebzig Millionen Meilen von einem Halbkreis und hundertzwanzig Millionen Meilen vom anderen entfernt war. Der eine Halbkreis bekam ungefähr dreimal soviel Sonnenenergie als der entferntere Halbkreis, und der Artefakt rotierte in einem Zyklus von siebeneinhalb Dreißig-Stunden-Tagen. Die Wetterveränderung mußte enorm sein. Pflanzen, die sich den veränderten klimatischen Bedingungen nicht anpassen konnten, würden aussterben. Desgleichen die Tiere und die Menschen.
Der Hinterste hatte seine Besichtigung durch das Teleskop beendet. Nun arbeitete er am Computer, versteckt hinter den dicken grünen Schottwänden. Louis fragte sich, was er sonst noch in diesem, seinen Blicken verborgenen Teil des Schiffes versteckt hielt.
Der Puppetier
Weitere Kostenlose Bücher