Die riskante Affaere
gefahren. Später hat er mich überredet, auf Entzug zu gehen.«
Sie lehnte sich zurück und fuhr sich nachdenklich mit einem Finger über die Narbe. »Dann fragte er mich, ob ich ein Leben will, so wie er es mich schon tausendmal vorher gefragt hatte, und dieses Mal sagte ich Ja. Also half er mir, eins aufzubauen.«
Frannie schöpfte kurz Atem und fuhr fort: »Irgendwann zu jener Zeit glaubte ich, mich revanchieren zu müssen, und bot ihm an, was ich Männern normalerweise anbot. Es war das einzige Mal, dass ich ihn richtig wütend erlebt habe.« Sie lächelte schwach. »Er hielt mehr von mir als ich selbst. Niemand hatte bisher so viel von mir gehalten. Wenn ich etwas über Jan oder diese Sache wüsste, würde ich es Ihnen sagen, das können Sie mir glauben. Ich würde es schon deshalb tun, weil es ihm wichtig wäre, und es gibt nichts, was ich nicht für ihn tun würde.«
»Soweit ich es beurteilen kann, profitieren Sie offenbar beide davon.«
»Das einzig Traurige dabei ist, dass mich ein Mann noch nie so angesehen hat, wie er Sie ansieht.«
»Dann sollten Sie schleunigst mal die Augen aufmachen.« Diesmal war es Ally, die lächelte. »Zum Beispiel, wenn Will sich am Ende der Schicht einen Brandy von Ihnen einschenken lässt.«
»Will? So ein Quatsch. Der will ganz bestimmt nichts von mir.«
»Passen Sie einfach mal auf«, riet Ally. »Sind wir quitt?«
»Ja, doch, ich schätze schon.« Frannie erhob sich verwirrt.
»Und schicken Sie mir bitte Beth nach oben. Aber geben Sie mir fünf Minuten Zeit, meine Unverfrorenheit wiederzufinden.«
Mit einem leisen Auflachen ging Frannie zum Aufzug. Nachdem sie den Knopf gedrückt hatte, drehte sie sich noch einmal um. »Will weiß aber, was ich früher war.«
»Er weiß auch, was Sie heute sind.«
Die letzte Vernehmung war um sieben beendet. Ally lockerte die verspannten Schultern und überlegte, wann sie wohl etwas zu essen bekommen würde.
Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie offiziell nicht mehr im Dienst war, und da sich nichts Neues ergeben hatten, konnte das Abfassen der Vernehmungsprotokolle auch bis morgen warten.
Trotzdem rief Ally auf dem Revier an, um sich vom Dienst abzumelden und um sich zu erkundigen, ob es Neuigkeiten gab. Als Jonah hereinkam, saß sie noch immer an seinem Schreibtisch.
»Dietz«, berichtete sie. »Der Cop, der letzte Nacht angeschossen wurde. Sein Zustand wird nicht mehr als kritisch, sondern nur noch als ernst bezeichnet.« Sie schloss die Augen und presste ihre Fingerspitzen gegen die Lider. »Sieht aus, als würde er es schaffen.«
»Freut mich zu hören.«
»Ja.« Sie löste ihre Haarspange und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Mir fällt ein Riesenstein vom Herzen. Danke, dass du mir dein Büro zur Verfügung gestellt hast. Immerhin habe ich für dich die frohe Botschaft, dass derzeit niemand von deinen restlichen Angestellten unter Verdacht steht, etwas mit der Sache zu tun zu haben.«
»Derzeit.«
»Mehr ist im Moment nicht drin, Blackhawk. Bis jetzt deutet alles darauf hin, dass Jan keine Komplizen innerhalb des Clubs hatte. Mehr kann ich dazu nicht sagen.« Sie warf die Haarspange auf den Schreibtisch. »Aber ich möchte etwas anderes sagen.«
»Schieß los.«
»Ich bin nicht mehr im Dienst. Du hast nicht zufällig etwas zu trinken für mich?«
»Ich habe zufällig im Erdgeschoss einen Club.«
»Ich dachte eigentlich eher an einen Drink in privater Atmosphäre. Aus deiner Hausbar. Vielleicht spendierst du mir ja ein Glas Wein.« Sie deutete auf seine Bar. »Ich habe da drin einen schönen Sauvignon Blanc gesehen.«
Er öffnete die Wandvertäfelung und schaute die Flaschen durch.
»Willst du nicht ein Glas mit trinken?«
»Ich arbeite noch. Ich trinke nicht während der Arbeitszeit.«
»Ist mir bereits aufgefallen. Du trinkst nicht und rauchst nicht und flirtest nicht mit den weiblichen Gästen. Während der Arbeitszeit«, fügte sie hinzu.
Er drehte sich um, in der Hand die Flasche mit dem blassgoldenen Wein. Und sah, dass sie dabei war, ihre Jacke auszuziehen.
»Ich hoffe, du hast nichts dagegen«, bemerkte sie, während sie das Schulterhalfter abnahm. »Es ist mir irgendwie unangenehm, einen Mann zu verführen, wenn ich mein Halfter noch trage.«
Nachdem sie Pistole und Halfter auf seinem Schreibtisch deponiert hatte, ging sie auf ihn zu.
8. K APITEL
Jonah hielt Ally keineswegs für unbewaffnet, obwohl sie ihre Pistole abgelegt hatte. Eine Frau mit whiskeyfarbenen Augen und einer
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