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Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov

Titel: Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Hilfe holen.«
    Die Mädchen schwiegen, und Chris, der den Disput damit für beendet hielt, wandte sich wieder uns Jungen zu.
    »Habt ihr alle eure Schwerter dabei?«

2
    STURM AUF DAS ENDE DER WELT
    Wider Erwarten war der Schnee auf unserem Weg zum Horizont das geringste Hindernis. Der steife Wind hatte ihn auf der weiten zugefrorenen Fläche des offenen »Meeres« bis auf eine dünne Schicht weggeblasen. Als unerwartet schwierig erwies es sich hingegen, zwischen den Bergen von Packeis hindurchzulavieren, die sich an den Bruchstellen in der Eisdecke meterhoch auftürmten. Diese zahlreichen Verwerfungen in der gefrorenen Oberfläche nötigten uns ein ums andere Mal zu halsbrecherischen Rutschpartien. Spektakuläre Stürze blieben nicht aus, endeten aber glimpflich. Unbeirrbar kämpfte sich unser kleines Grüppchen voran.
    Als wir die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten, erhob sich die stählerne Wölbung nur noch etwa zweihundert Meter hoch über unseren Köpfen. Nun konnte man auch die gigantischen Scheinwerfer genauer betrachten: Es waren an Metallgestängen aufgehängte kugelförmige Leuchten, die in einer Art Gitter aus breiten Zellen angeordnet waren. Einige Zellen waren dunkel und hohl, aus anderen strömte das orangefarbene Licht, und aus den übrigen ragten skurrile Antennen und fühlerartige Gebilde heraus.
    Im Laufschritt strebten wir dem Rand der Kuppel entgegen. Inzwischen war ich schon zum fünften oder sechsten Mal hingefallen, und jedes Mal aufs Neue stolperte einer der anderen über mich hinweg. Instinktiv die Nähe
der Gefährten suchend, blieben wir dicht beieinander, was zum einen oder anderen Zusammenstoß führte.
    Durch sämtliche Ritzen meiner Kleidung war inzwischen Schnee eingedrungen, in die Schuhe, in die Jeans, unter die Jacke. Zu eisigen Rinnsalen schmelzend, durchnässte er mich bis auf die Haut, was nicht weiter tragisch war, da die körperliche Anstrengung mich warm hielt.
    Um uns herum spritzten orangefarbene Funkenwolken auf - der von uns aufgewirbelte Pulverschnee, auf den das Licht der Scheinwerfer fiel.
    Jetzt waren es noch fünfzig Meter bis zu der Wand, die sich senkrecht vor uns aus dem Eis erhob, ehe sie in einiger Höhe allmählich in eine Wölbung überging. Am äußersten Rand der Kuppel türmten sich meterhohe Schneewehen, die wir noch überwinden mussten, bevor wir endlich unser Ziel erreichen würden.
    Der flinke Läufer Tolik erklomm als Erster den Rücken des Schneehügels und stürmte dann in vollem Lauf bergab auf die Wand zu, die aus einem Stahlgitter bestand. Kurz bevor er sie erreichte, schossen mir einige unangenehme Gedanken durch den Kopf: dass auch diese Wand sich als Fata Morgana erweisen könnte, durch die Tolik nun einfach hindurchlaufen, hinter der sich die schneebedeckte Ebene fortsetzen würde; oder dass die zentimeterdicken Stahlstäbe, aus denen das Wandgitter geflochten war, unter Strom stehen könnten und Tolik mit einem todbringenden Funkenwirbel in Empfang nehmen würden.
    Nichts dergleichen geschah. Zwar versuchte Tolik, seinen Lauf abzubremsen, doch er hatte zu viel Schwung, rutschte aus und konnte gerade noch die Arme hochreißen,
um sein Gesicht zu schützen, ehe er mit voller Wucht gegen das falsche Himmelsgewölbe krachte.
    Völlig außer Atem und mit zittrigen Beinen erreichte ich ihn. In seinem von Platzwunden übersäten, blutverschmierten Gesicht stand ein glückliches Grinsen.
    »Geschafft!«, triumphierte er. »Dabei heißt es doch immer, der Horizont sei unerreichbar. Von wegen!«
    Die Wand wirkte nicht wie von Menschenhand gemacht, sondern strahlte die Erhabenheit einer gewaltigen Naturerscheinung aus, wie ein Gletscherabbruch im Polarmeer oder ein steil aufragender Tafelberg. Ihre gigantischen Ausmaße waren erdrückend, und wir wandten unwillkürlich den Blick ab.
    Chris sah uns mit besorgter Miene an. Obwohl er ein vernunftgesteuerter Mensch war, der sich jeden Schritt, den er unternahm, genau überlegte, war ihm klar, dass wir in unserer jetzigen Lage keine Sekunde mit Nachdenken verlieren durften. Wir mussten handeln, solange in uns noch Reste jenes Wagemuts vorhanden waren, mit dem wir unseren tollkühnen Angriff begonnen hatten, handeln, ehe uns dieses kolossale Bauwerk endgültig demoralisierte.
    »Wir teilen uns in drei Gruppen auf«, ordnete Chris an. »Timur, Tolik und Ilja, ihr zieht zusammen los, ebenso Meloman, Maljok und Dima und schließlich Tom und ich. In einer Stunde treffen wir uns wieder hier. Tim, die nimmst

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