Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov
zwei bis drei Kilometern Höhe von einem Himmel aus Stahl überspannt, der sich an den Randbereichen des Archipels schroff herabwölbte und schließlich ins Meer tauchte.
Für einen kurzen Moment leuchtete der bläuliche Saum noch einmal auf, bevor er am Horizont verschwand.
Der Horizont selbst, zuvor nichts als leerer Raum und in unerreichbare Ferne gerückt, war nun mit einem Mal stofflich und zum Greifen nah.
Es waren vielleicht zwei Kilometer bis zum Rand der Kuppel. Dort ragten dicke Säulen aus dem Meer, zwischen denen die silbergrauen Platten aus Stahlgitter montiert waren. Unser neuer »Himmel« war von kleinen und großen Luken übersät. Entweder hatten die Platten nicht gereicht, um die Verkleidung komplett zu schließen, oder es verbargen sich irgendwelche Geräte hinter diesen Löchern. Eher Letzteres, denn in einigen der Öffnungen verschwanden nun Fetzen der blauen Hülle, die einmal unser Himmel gewesen war.
»Eine Kuppel«, flüsterte Chris und sah sich mit weit aufgerissenen Augen um. »Die ganze Zeit über haben wir unter einer Käseglocke gelebt! Der ganze Archipel liegt unter einer riesigen Käseglocke!«
Olja hatte sich in den Schnee sinken lassen und verhüllte mit den Händen ihr Gesicht. Sie konnte den Anblick dieses perfiden Betrugs nicht ertragen. Maljok zupfte Timur am Arm und bestürmte ihn mit Fragen, doch Timur, der versteinert auf das Stahlgewölbe starrte, nahm ihn überhaupt nicht wahr. Tom drehte sich auf der Stelle im Kreis herum, um alles genau zu betrachten, in seinem Gesicht stand eher Erstaunen als Furcht.
Die Scheinwerfer, die ohne erkennbare Ordnung im grauen Gewölbe verteilt waren, begannen nun zu leuchten und tauchten die Inseln in ein mildes, orangefarbenes Licht, das vom nassen Firn funkelnd reflektiert wurde. Jegliche Schatten verschwanden, denn das Licht flutete von allen Seiten auf den Archipel herab.
Langsam ließ ich den Blick über die Gesichter meiner
Freunde gleiten. Alle waren wie gebannt, sprachlos und sichtlich geschockt von den Ereignissen, doch keiner von ihnen verfiel in Hysterie.
Chris brach als Erster das Schweigen.
»Der Rand der Kuppel ist ganz nah. Wenn man läuft, erreicht man ihn in fünfzehn Minuten«, sagte er und blickte zum »Horizont«, auf das Geflecht von Stahlträgern und Luken, in die einzudringen uns von hier aus so leicht erschien. »Eine halbe Stunde. Wenn wir eine halbe Stunde Zeit hätten...«
»Es gibt dort bestimmt irgendwelche Schutzmechanismen, die ungebetene Gäste zurückwerfen«, wandte Timur ein. »Andernfalls hätten wir mit der Aliens Nightmare mindestens fünfmal das Ende der Welt gerammt.«
»Das bestreite ich gar nicht«, entgegnete Chris. »Aber im Moment funktioniert ihre Technik nicht richtig, und vielleicht versagen auch diese Schutzvorrichtungen.«
»Wir müssen es riskieren!«, warf Meloman ohne jeden Zweifel in der Stimme ein. Vorsichtig nahm er seinen Disc-Man vom Gürtel und legte ihn in den Schnee. »Und ich habe mich schon die ganze Zeit darüber gewundert, warum er sich nicht richtig auflädt in der Sonne, als wäre sie eine elektrische Lampe«, fügte er kopfschüttelnd hinzu. »Am Ende habe ich sogar geglaubt, dass der Akku den Geist aufgibt.«
»Sind alle einverstanden?«, fragte Chris schroff.
»Dumme Frage, nichts wie hin!«, rief Timur energisch und rückte mit geübtem Griff die Schwerter hinter seinem Rücken zurecht.
»Es kann nicht schaden, kurz mal darüber nachzudenken. Das heißt natürlich nur, wenn man dazu in der Lage
ist«, parierte Chris spöttisch und wandte sich dann an die Mädchen. »Ihr bekommt einen Sonderauftrag.«
»Wir kommen mit euch!« Inga explodierte förmlich. Rita, die den Arm um die immer noch völlig verstörte Olja gelegt hatte, sagte nichts dazu, sah Chris jedoch ziemlich vorwurfsvoll an.
»Wenn ihr mit uns kommt, haben wir keine Chance«, erläuterte Chris nüchtern. »Wir brauchen die Hilfe unserer Nachbarn. Die Kämpfer der anderen Inseln müssen mitmachen, sonst schaffen wir es nicht. Und es wird eure Aufgabe sein, sie zu mobilisieren.«
»Aber es sind doch unsere Feinde, sie würden uns niemals helfen«, widersprach Rita wütend.
»Beruhige dich«, sagte Chris, ging zu Rita und fasste sie an den Schultern. »Ihr müsst es ihnen erklären. Schließlich sind sie ja nicht blind. Der Feind sitzt hinter dieser Kuppel, entweder hinterm Horizont oder über dem Himmel!« Chris suchte Blickkontakt zu Inga und nickte ihr zu. »Ihr müsst sie überzeugen und zu
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