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Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov

Titel: Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Meloman. Im Kampf verstanden wir uns blind, agierten mit eingespielter Routine, die wir uns in vielen Gefechten auf den Inseln hart erarbeitet hatten. Die Absicherung des Partners war uns dabei zur eisernen Kampfesregel geworden.
    Beim vergeblichen Versuch, das Schwert aus dem zu Boden gestürzten massigen Körper seines Gegners zu ziehen, rutschte Meloman aus, rappelte sich aber sofort wieder auf, zog seinen Dolch und sprang mir erneut zur Seite.
    Dem zweiten Fremdplanetarier hielt ich nun die Schwertspitze unter den Saum der Kapuze, aus der sein
Kopf wie aus einem schwarzen Loch hervorlugte, und drängte ihn in die Ecke. Mit kleinen Trippelschritten hüpfte er zurück.
    »Stich zu, Dima«, schnaubte Meloman, dessen Stimme vor Hass bebte. »Töte ihn!«
    »Was ist mit Maljok?«, fragte ich mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Blutet wie ein Schwein. Er hat ihm die Kopfschlagader aufgerissen.«
    Ich holte aus. Meinem Gegner kam zwar seine übermenschliche Wendigkeit zugute, doch die lange Klinge in meinen Händen verschaffte mir mindestens gleichwertige Chancen.
    Die Kapuze wedelte hektisch hin und her, und plötzlich drang eine dünne, piepsige Stimme daraus hervor: »Ich ersuche euch, diesen Schritt zu überdenken. Eure Entscheidung ist inkorrekt.«
    Mein Schwert wurde bleischwer.
    »Ihr... ähm... du kannst sprechen?«, stammelte ich verdutzt.
    »Ich bin Chefexperte für Sprachen. Euren Gefährten habe nicht ich getötet«, roboterte mein Gegner monoton. Dabei schob sich wie ein Greifarm aus den Falten des Umhangs seine spindeldürre, mit runzeliger Haut umspannte Pfote hervor, und mit einem langen, krallenbewehrten Finger deutete er auf den von Meloman getöteten Außerirdischen.
    »Er ist Mechaniker«, setzte er hinzu. »Nicht fähig zur Verhaltensänderung. Tot. Niedrigster Anpassungsgrad.«
    »Ach ja, und du willst etwas Besseres sein?«, fauchte Meloman zornig, trat zu dem getöteten Mechaniker und
zog mit einem mächtigen Ruck seine Waffe aus dessen Körper.
    Ohne das Schwert zu senken, ging ich einige Schritte zurück und beugte mich über Maljok.
    In seinem Gesicht klaffte eine tiefe Risswunde. Außerdem war sein Hals links und rechts aufgeschlitzt, als hätte man ihn mit einem Messer traktiert. Es war mir ein Rätsel, wie der inzwischen tote Außerirdische es mit einer so flüchtigen Bewegung seiner grässlichen Klaue geschafft hatte, Maljok mit beinahe chirurgischer Präzision das Leben auszuhauchen. Nur noch wenig Blut floss aus den Wunden, sickerte durch das Stahlgitter.
    »Nimm endlich den Umhang ab, du Missgeburt!«, brüllte ich, als ich mir Maljoks letzte Worte ins Gedächtnis rief.
    »Erregt euch nicht«, erwiderte die Kreatur völlig emotionslos. »Ich werde ihn abnehmen.«
    Der Umhang raschelte wie Papier, als das Wesen ihn mit seinen Krakenarmen abstreifte.
    Mit einem Menschen hatte der Fremdplanetarier nur entfernt Ähnlichkeit. Seine Beine waren klapperdürr und mit knorrigen Sehnen durchzogen. Die Knie bogen sich nach hinten durch. Der Körper war mit einem eigenartig flaumig flockigen Fell bedeckt. Dieselben Zotteln überwucherten auch den gesamten Kopf, der halslos auf dem Rumpf saß. Und mit einem Mal fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Das war überhaupt kein Fell.
    Es waren Federn!
    Seine kugelrunden Äuglein, die mit schwabbeligen, gallertartigen Häutchen überzogen waren, folgten meinen Bewegungen. Unterhalb der Augen ragte ein kurzes schnabelartiges Gebilde aus dem Gefieder. Es bestand
aus zwei gekrümmten Hornplättchen, die nun begannen, sich auf und ab zu bewegen. Eine Bedrohung stellte dieser verkümmerte, rudimentäre Schnabel nicht dar. Immerhin konnte der »Chefexperte für Sprachen« sich damit verständlich machen.
    »Ich habe eurem Wunsch entsprochen. Kann ich den Umhang wieder anlegen? Es ist kalt«, fiepte er.
    Abwesend nickte ich. Der schauderhafte Anblick des hässlichen Vogelmenschen hatte mir die letzten Kräfte geraubt. Ein Glück, dass er das nicht bemerkte, der Fremdplanetarier … Der Vogelmensch … Ein Vogel?
    »Kannst du fliegen?«, fragte ich misstrauisch.
    »Nein. Eine verloren gegangene Fähigkeit.«
    »Meloman«, sagte ich, ohne den Außerirdischen aus den Augen zu lassen, »ruf die anderen, sie müssten eigentlich schon unten am Treffpunkt sein.«
    Meloman ging zum Rand des Tunnels, der sich zum gefrorenen Meer hin öffnete, hielt sich mit der Rechten am Gestänge des Scheinwerfers fest und beugte sich hinab.
    »Hey, Jungs, kommt hierher!«, schrie er,

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