Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov
ausgewechselt«, konstatierte Meloman völlig perplex. »Aber wie?«
»Und wie kommen die frischen Lebensmittel in die Küche?«,gab Chris zurück. »Das ist so eine Art Telekinese, wahrscheinlich. Tja, also der Reparaturservice klappt gut. Gehen wir … Wo ist Tom?«
Erschrocken blickte ich mich um. Die Außerirdischen hätten beim Auswechseln der Tafel auch Tom verschwinden lassen können. Das war ihnen zuzutrauen. Zur allgemeinen Erleichterung tauchte Tom jedoch alsbald aus
dem Dunkel im hinteren Bereich des Kellers auf und besprach mit Chris etwas auf Englisch. Danach wandte sich Chris uns anderen zu und übersetzte ihre Unterhaltung.
»Tom hat gerade das Boot inspiziert, das hier unten im Keller herumliegt. Vor sieben Jahren sind zwei Jungen in diesem Boot auf der Insel gelandet. Das war kurz nachdem ich auf die Insel gekommen bin. Wir haben damals versucht, mit dem Boot in See zu stechen, sind aber schon nach wenigen Metern gekentert. Tom hat mir eben erzählt, dass er mit seinem Vater oft beim Segeln war und mit so einem Boot umgehen kann. Er meint, man müsste nur einen neuen Kiel anfertigen und den Boden mit Ballast beschweren. Außerdem hat er gesagt, dass eine Konföderation ohne Flotte doch nur eine halbe Sache sei.«
6
KÄPTEN TOM
Von einem bestimmten Zeitpunkt an begannen mir die Ereignisse zu missfallen. Es muss der Tag gewesen sein, an dem wir die Insel Nr. 30 durch einen Zangenangriff eroberten.
Unser Vorgehen war weder heimtückisch, noch war es ein primitiver Racheakt. Mehrfach hatten wir den Dreißigern angeboten, in die Konföderation einzutreten, was sie jedoch starrsinnig ablehnten. Offensichtlich glaubten sie uns nicht, dass wir es ernst damit meinten. Nach dem endgültigen Scheitern der Verhandlungen hatte Chris mit den übrigen Kommandeuren der Konföderation verabredet, von zwei Seiten gleichzeitig einen Sturmangriff auf den störrischen Feind zu unternehmen.
Am vereinbarten Tag marschierte auf zwei Brücken der Insel Nr. 30 eine halbe Armee auf. Unter normalen Umständen hätten wir es uns nicht leisten können, zehn Kämpfer auf eine einzige Brücke zu entsenden, denn dann wären die übrigen zwei Brücken vollständig entblößt gewesen. Eine solche Einladung, einfach auf die andere Seite der Brücke zu spazieren und sich die Burg des Scharlachroten Schildes einzuverleiben, hätte sich keine der Nachbarinseln entgehen lassen. Dank der Konföderation hatten wir jedoch nichts dergleichen zu befürchten.
Zu zehnt, neun Jungen und Inga, standen wir vier Kämpfern der Nr. 30 gegenüber und fühlten uns unsagbar stark.
»Vielleicht überlegt ihr euch das Ganze noch mal?«, rief Tolik den Gegnern zu und tätschelte drohend sein Schwert.
Die Dreißiger waren nicht dafür bekannt, Feiglinge zu sein. »Wir gehen nicht in Gefangenschaft«, erwiderte einer von ihnen unerschrocken.
Von Gefangenschaft war eigentlich keine Rede gewesen, aber wir hatten jetzt keine Lust mehr, alles noch einmal von vorn zu erklären. Außerdem hatten wir die demütigende Niederlage, die uns die Insel Nr. 30 zugefügt hatte, noch nicht vergessen. Wenn man sich in der Übermacht wähnt, erinnert man sich gern an solche offenen Rechnungen.
Chris und Tolik eröffneten den Kampf. Ihre Gegner waren stark und leisteten heftigen Widerstand. Wir waren indes gar nicht auf einen schnellen Sieg aus, sondern hatten uns eine Zermürbungstaktik zurechtgelegt. Als zweites Kampfpaar stürzten Tolik und ich uns ins Gefecht, danach übernahmen Meloman und Sershan die Position an vorderster Front. Zwar wechselten sich auch die Dreißiger ab, sie hatten jedoch nur zwei Kampfpaare zur Verfügung, während wir immer neue Kämpfer nach vorn schickten: Janusch und Ilja, Tom und den inzwischen ausgeruhten Timur. Nur Inga hatten wir unmissverständlich angewiesen, sich aus den Gefechten herauszuhalten.
Der entscheidende Durchbruch gelang ausgerechnet Tom. So etwas nennt man Anfängerglück, ich selbst hatte ja auch schon davon profitiert.
Zu zweit auf Timur konzentriert, hatten die Feinde seinen Partner völlig aus den Augen verloren, was nicht weiter verwunderlich war, denn Tom hielt sein Schwert
wie einen Besen und wirkte ziemlich lächerlich. Er beherrschte bislang nur einige wenige Verteidigungstechniken wie »Grundhut« oder »Pflug«.
Als der Gegner ihm den Rücken zukehrte, fackelte Tom nicht lange und setzte einen nahezu perfekt geführten »Zornhau« an. Diesen Hieb hatte ihm Chris gestern erst im Training gezeigt. Die
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