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Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov

Titel: Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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mir begeistert ins Wort und sprang auf. Er hatte sofort verstanden, worauf ich hinauswollte, und für Unfug und Streiche jeder Art war er immer zu haben.
    »Lauf zu Rita!«, rief ich. »Und leih dir ihren Schminkspiegel. Beeil dich, sonst ist es zu spät!«
    Aufspritzender Sand flog mir ins Gesicht, als Ilja mit wirbelnden Beinen lossprintete. Schon nach wenigen Minuten kam er zurück, in seinem Schlepptau Sershan, dem er offenbar erzählt hatte, was wir vorhatten.
    Den Trick mit dem Spiegel habe ich mir, ehrlich gesagt, nicht selbst ausgedacht. Ich habe in irgendeinem Märchen davon gelesen - leider fällt mir nicht mehr ein, in welchem. Auch da beobachtet der Held den Himmel mithilfe eines Spiegels, ohne nach oben zu sehen.
    Ilja setzte sich neben mich in den Sand, legte Ritas Schminkspiegel vor sich hin und erklärte: »Ich werde hineinsehen.«
    »Das würde dir so passen«, entgegnete Sershan entrüstet. »Wir wechseln uns ab.«
    Da wir nicht genau wussten, welcher Moment während des Sonnenuntergangs der entscheidende war, mussten wir uns auf eine längere Wartezeit einstellen.
    »Zwanzig, einundzwanzig …«, zählte Sershan monoton. Als er bei hundertzwanzig angekommen war, schubste er Ilja weg und hockte sich selbst vor den Spiegel. »Wir wechseln uns alle zwei Minuten ab.«
    Schweigend harrten wir aus. Ich warf einen Blick zur Burg, um zu sehen, ob nicht Schaulustige im Anmarsch
waren, die sich wunderten, was wir hier trieben. Aber die anderen waren wohl noch nicht von den Brücken zurückgekehrt.
    »Siehst du fliegende Untertassen?«, spöttelte Ilja.
    »Nein, aber eine Bratpfanne ist soeben vorbeigeflogen«, erwiderte Sershan kühl.
    »Wechsel! Du hast Pause«, verkündete Ilja triumphierend.
    Jetzt war ich an der Reihe. Die Sonne war beinahe vollständig hinterm Horizont verschwunden, gerade versank der letzte Rest des rot glühenden Balls in den grauen Wellen des Meeres. Der Himmel verdunkelte sich, sah aber ganz gewöhnlich aus, wie immer.
    Was sollte es dort auch schon Großartiges zu sehen geben? Das Raumschiff der Außerirdischen, das über dem Planeten schwebt? Oder eine lausige fliegende Untertasse? Und selbst wenn dort irgendwo ein Fünkchen aufleuchten würde, das uns die »geheime« Position ihrer Überwachungseinrichtung verraten hätte - war es wirklich nötig, so eine strenge Regel aufzustellen, um das zu verhindern? Ein Raumschiff konnte man schwerlich mit einer Armbrust abschießen, und dass wir beobachtet wurden, wussten wir ohnehin.
    »Wechsel!«, rief Ilja, während ich mir die seltsame Regel noch einmal durch den Kopf gehen ließ.
    Nun blickte Ilja wieder hoch konzentriert in den Spiegel. Sershan und ich sahen uns enttäuscht an. Am Wachturm verloschen die letzten Sonnenstrahlen; es wurde Abend.
    »Was ist das denn?«, murmelte Ilja plötzlich verdattert. »Das …«
    Synchron stürzten Sershan und ich zu ihm und versuchten,
in den Spiegel zu linsen; für einen Moment durchfuhr mich sogar das brennende Verlangen, nach oben zu schauen. Aber wir waren zu langsam.
    Mit einem Mal war es wieder taghell geworden. Der kleine runde Spiegel spuckte wie ein Projektor eine extrem grelle, blendende Lichtsäule aus, die wie ein Festkörper aussah. Die Erscheinung dauerte etwa eine Sekunde. Dann knirschte das Glas, und der Spiegel zersprang in Iljas Händen. Er stieß einen gedämpften Schrei aus, fuhr mit dem Oberkörper zurück und hielt sich die Hände vors Gesicht. Seine Brille landete neben den geschwärzten Scherben des Spiegels im Sand. Ätzender Dampf verbrannten Amalgams hing in der Luft.
    »Ilja!«, schrie ich, als ich bemerkte, dass er rücklings umkippte. Ich packte ihn an den Schultern. »Was ist mit dir?«
    »Meine Augen … sie tun so weh.« Er zitterte am ganzen Leib.
    Unser Trick war in die Hose gegangen. Der durch den Spiegel etwas dilettantisch getarnte Blick nach oben hatte die Außerirdischen offenbar heftiger verärgert als die unverhohlene Absprache der konföderierten Inseln.
    »Nimm die Hände weg, Ilja!«, rief ich besorgt.
    Langsam zog er die Handflächen von seinem Gesicht. Seine Augen waren mit einem dichten roten Netz geplatzter Äderchen überzogen. Konsterniert sah er mich an.
    »Überall schwimmen Sternchen vor meinen Augen«, sagte er verwirrt. »Aber ich kann dich sehen.«
    Ilja genoss sichtlich seine Rolle als Held des Tages. Er lag auf dem Sofa im Thronsaal, während Rita und Inga um ihn herumscharwenzelten und darauf bestanden,
alle paar Minuten den Umschlag auf

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