Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov
dass wir nie mehr auf die Erde zurückkehren werden.«
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DIE KAPELLE AUF DER INSEL NR. 36
Wäre der Vorfall mit den Drogen früher passiert, hätte er auf unserer Insel wochenlang für Aufregung gesorgt. Doch vor dem Hintergrund des Zerfalls der Konföderation wurde er schlichtweg ignoriert, obwohl sich schnell bei allen herumsprach, was ich in Toms Kammer gefunden hatte. Die chaotischen Machtkämpfe auf dem Archipel überdeckten alle anderen Ereignisse.
Für kurze Zeit blieb es noch ruhig auf unseren Brücken. Die Inseln der Konföderation, die noch bis vor Kurzem Verbündete gewesen waren, bekriegten sich gegenseitig und schenkten der wiedererstandenen Insel des Scharlachroten Schildes zunächst keinerlei Beachtung. Erneut stiegen Rauchsäulen am Horizont auf, wir konnten aber nicht feststellen, auf welcher Insel es diesmal brannte. Wenige Tage später gerieten wir selbst wieder ins Visier feindlicher Kämpfer.
Gewöhnlich erfolgten die Angriffe über die Brücken der Inseln Nr. 24 und Nr. 12, seltener, gleichsam zur Abwechslung, über das Territorium der Insel Nr. 30, die nach wie vor unbewohnt und wie ausgestorben war.
Augenscheinlich sah man in uns die Hauptschuldigen an den katastrophalen Zuständen, die neuerdings auf den Inseln herrschten. Unsere einstigen Freunde auf den Nachbarinseln, Salif von der Nr. 12 und Lorka von der Nr. 24, waren wie vom Erdboden verschluckt. Möglicherweise waren sie gar nicht mehr am Leben.
Wir kämpften ununterbrochen von morgens bis abends. An Kampfpausen oder jene nur mit halber Kraft geführten Scharmützel, wie es sie früher einer stillschweigenden Vereinbarung folgend häufiger gegeben hatte, war überhaupt nicht mehr zu denken. Jeden Tag kehrte der eine oder andere von uns mit üblen Verwundungen von der Brücke zurück und schied für ein, zwei Tage aus dem Großen Spiel aus.
Auch ich kam nicht ungeschoren davon. Während eines völlig banalen Gefechts, in dem schwer auszumachen war, wer auf wen einschlägt, und das genauso schnell zu Ende ging, wie es angefangen hatte, wurde mein linker Arm durch Schwerthiebe zerschnitten, und in meinem rechten Bein landete ein verirrter Pfeil. Mit blutverschmiertem Arm und hinkend schleppte ich mich aus dem Getümmel. Ilja und Meloman stützten mich und zogen mich aus der Gefahrenzone.
Die Stirn in tiefe Falten gelegt, inspizierte Meloman meinen Unterschenkel und befahl mir wegzuschauen. Gehorsam wandte ich den Blick ab, denn es ist wahrlich kein Vergnügen, dabei zuzusehen, wie dir mit einem hölzernen Dolch ein Pfeil aus dem Bein herausgepult wird. Eine halbe Stunde später lag ich bereits in meiner Kammer auf dem Bett, und Rita und Inga wuselten um mich herum. Mit beinahe zärtlicher Behutsamkeit trug Rita die Heilsalbe auf meine Wunden auf. Inga, der der Schrecken über meine Verwundung noch ins Gesicht geschrieben stand, legte mir die Verbände an. Dabei überzog sie mich mit einer Litanei von Vorwürfen, dass ich im Kampf so unvorsichtig gewesen sei.
Einige Tage später ging ich wieder auf Wache. An meinem Unterschenkel blieb eine leicht geschwollene hellrosa
Narbe in der Form eines fünfzackigen Sterns zurück.
Keiner von uns sprach mehr über die gescheiterte Konföderation. In jener Zeit redeten wir generell wenig miteinander, weder über die Außerirdischen noch über den Verrückten Kapitän noch über unsere Schiffsreise auf dem Archipel. Die Aliens Nightmare lag immer noch genau so am Ufer, wie wir sie nach unserer Heimkehr zurückgelassen hatten. Weit vom Wasser entfernt, trocknete sie langsam aus, und in den Holzplanken zeigten sich erste Risse.
Unsere Insel fiel in eine Art Schlaf, in einen endlosen, monotonen Traum über einen sinnlosen Krieg, den wir, wie mir schien, zum Amüsement der Außerirdischen führten, die irgendwo dort oben über uns in ihrem Versteck ausharrten. Ich weiß nicht, ob das normal ist, aber ich persönlich war froh darüber, dass in jener Zeit keine Notwendigkeit bestand, irgendwelche Entscheidungen zu treffen oder komplizierte Pläne zu schmieden für einen Kampf gegen die Außerirdischen oder gegen die Bewohner der Nachbarinseln.
Mir war am ehesten danach, eine stumpfsinnige Arbeit zu tun, für die weder besondere physische Kräfte noch geistige Anstrengung erforderlich waren, sondern einzig und allein Geduld.
An den Abenden schloss ich mich nach dem Essen in meiner Kammer ein und zeichnete an einem Plan der Burg. Linie an Linie fügte sich auf einem Blatt Papier aus Toms Heft.
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