Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov
auf den Inseln würden leben können. Die
Liebe macht einen freien Menschen noch freier, einen Gefangenen dagegen macht sie zum Sklaven. Ich konnte das Mädchen nicht lieben, das ich schon so lange kannte und auf den Inseln innerhalb von ein paar Wochen lieb gewonnen hatte. Ich durfte es nicht.
»Dima, du musst dir etwas einfallen lassen! Du kannst das, ich weiß es. Wir dürfen nicht mit Maschinengewehren auf unsere Nachbarn schießen, das ist barbarisch. Und wir dürfen auch nicht versuchen, alle zu vereinigen, das ist dumm. Denk dir etwas anderes aus, Dima.«
Sie wandte sich ab und ging zur Treppe. Ich blieb sprachlos auf der Plattform zurück.
Erst als Inga schon nach unten verschwand, presste ich hilflos hervor: »Ich versuche es. Ich werde mir Mühe geben, ehrlich.«
Sie hatte recht. Nach den Regeln der Außerirdischen konnten wir nicht gewinnen, und ihre Regeln konnten wir nicht ändern. Wir mussten das ganze Regelwerk zerstören und aus diesem Kreislauf ausbrechen.
Wir mussten die Brücken sprengen!
Dynamit ist ein sehr eigenartiger Sprengstoff. Das mussten wir feststellen, als wir versuchten, ihn für unsere Zwecke zu nutzen. Zunächst schleppten wir eine fast volle Kiste der gelben Stangen auf die Westbrücke und verlegten eine Zündschnur, die wir aus pechgetränktem Hanfwerg gebastelt hatten. Unsere Gegner, die in zwanzig Meter Entfernung auf der anderen Seite der Brücke standen, verfolgten die Sprengvorbereitungen mit besorgten Mienen. Dann, als sich Chris daranmachte, die Lunte anzuzünden, nahmen sie schleunigst Reißaus.
Auch wir begaben uns in sichere Entfernung vom Ort des Geschehens.
Langsam brannte die Zündschnur ab und... nichts passierte. Eine Viertelstunde lang warteten wir auf eine Explosion, dann näherte sich Timur zögerlich dem Sprengsatz. Zunächst betrachtete er aus ein paar Schritten Entfernung misstrauisch die zu einem Haufen aufgeschichteten Klötzchen, dann trat er heran und begann die Dynamitstangen von der Brücke zu werfen. Nachdem fünf oder sechs der »Blindgänger« im Wasser versunken waren, winkte er uns herbei.
»Das ist kein Dynamit, sondern irgendein Müll«, moserte er enttäuscht. »Das Zeug denkt gar nicht daran, zu explodieren, obwohl es brannte.«
»Es brannte?«, fragte ich erstaunt.
»Ja, es brannte, aber wahrscheinlich ist es verfault, genau wie die Maschinengewehre. Das ist kein Sprengstoff, sondern Grießbrei.«
»Grießbrei brennt aber nicht«, entrüstete sich Ilja, den die Idee mit der Sprengung völlig faszinierte.
Während wir um den missglückten Sprengsatz herumstanden und noch über die Ursachen dafür diskutierten, erklärte Tom Chris etwas auf Englisch. Zuerst schien Chris ihn gar nicht zu beachten, dann plötzlich wurde er hellhörig.
»Hört zu, Tom hat etwas Interessantes gesagt. Nicht jeder Sprengstoff lässt sich einfach mit Feuer entzünden. Für bestimmte Sorten braucht man einen Detonator.«
Wieder einmal überraschte uns der Australier mit seinem Spezialwissen. Nach der Geschichte mit dem Rauschgift war er merklich darum bemüht, sich zu rehabilitieren.
»Und wo kriegen wir einen Detonator her?«, fragte Timur.
»Versuchen wir’s mit Schießpulver«, erwiderte Chris. »Die Maschinengewehre sind zwar im Eimer, aber die Patronen sind noch heil.«
Tatsächlich hatten wir in der Kapelle Unmengen von Patronen gefunden, aus denen sich mindestens ein Kilo Schießpulver gewinnen ließ.
Es gab keine Einwände. Selbst Timur, der bis zuletzt mit allen Mitteln versucht hatte, die Maschinengewehre wieder instand zu setzen, akzeptierte den Plan. Zusammen mit Chris machte er sich auf den Weg zur Burg, um den Detonator zu besorgen, wir anderen blieben auf der Brücke, um die Feinde in Schach zu halten, die zurückgekehrt waren und sich frech grinsend über unseren Misserfolg amüsierten. Auf der anderen Brücke hielten Meloman und Maljok die Stellung. Mit Toms Pistole bewaffnet, sollte das kein größeres Problem für sie sein.
Meine Idee, die Brücke zu sprengen, hatte rasch allgemeine Zustimmung gefunden. Das lag sicherlich auch daran, dass wir auf unserer Schiffsreise die französische Insel kennengelernt und mit eigenen Augen gesehen hatten, wie sehr die Jugendlichen dort davon profitierten, anstelle von drei nur zwei Brücken bewachen zu müssen. Ich selbst hatte keinerlei Zweifel an der Richtigkeit meines Plans gehegt.
Nun aber, da die Geschäftigkeit der Vorbereitungen hinter uns lag, kam ich ins Grübeln. Wir wussten
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