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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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Ruhm in greifbarer Nähe. Von neuer Zuversicht beflügelt spornten sie ihre Pferde an und attackierten den Feind noch härter als zuvor. Und tatsächlich ließ der Widerstand der Feinde jetzt nach. Seit sie ihren König hatten fallen sehen, fehlte ihnen der Mut weiterzukämpfen. Und so konnten wir uns jetzt mühelos unseren Weg durch die feindlichen Truppen bahnen – wie ein Landmann, der zur Erntezeit seinen Weizen mäht. Unsere Schwerter wussten von allein, was zu tun war, und wir schwelgten im Schlachtenglück. All das Grauen, das wir noch kurz zuvor im Schildwall erlebt hatten, war plötzlich nur noch ferne Erinnerung. Dann brach Jubel aus, und ich sah, wie einer unserer Ritter dem jungen Mann, der das Banner des Feindes getragen hatte, die Kehle aufschlitzte.
    »Hoch lebe die Normandie!«, schrie der Ritter, als er aus dem Sattel sprang. Dann schnitt er mit dem Messer ein Kreuz in den Bauch des roten Löwen, bevor er die Fahne hoch in die Luft hob und dann schwenkte, sodass alle sie sehen konnten. Die Feinde ringsum rannten in Panik davon, weil sich keiner von ihnen mehr traute, dem Ritter das Banner streitig zu machen. »Hoch lebe Fitz Osbern, hoch lebe König Guillaume!«
    Jetzt erst erkannte ich das rundliche Gesicht des Ritters, bemerkte seine stämmige Statur: Berengar. Eigentlich hätte es mir gleichgültig sein sollen, wer die Fahne erobert hatte, trotzdem ärgerte ich mich. Blieb nur zu hoffen, dass der Mann nicht auf der Einlösung meines Versprechens bestehen würde.
    Als sie sahen, dass ihr König und ihr Banner gefallen waren, nahmen Rhiwallons Männer Reißaus. Doch nicht nur sie. Bleddyn und sein Gefolge waren nämlich mittlerweile tief in die Reihen des Earl Hugues eingedrungen und schlachteten die Normannen gleich im Dutzend ab. Das Blut floss in Strömen, ringsum stürzten reihenweise gepanzerte Ritter aus dem Sattel, und die Conrois der diversen Lords lösten sich zusehends auf. Dann erklang ein Horn: ein einzelner Ton, der Befehl zum Rückzug. Der weiße Wolf und das schwarz-goldene Banner bewegten sich weg von der Front, dann rissen plötzlich auch die Ritter in der ersten Reihe die Pferde herum und ergriffen die Flucht. Doch diesmal flüchteten wir nicht, um den Feind wie bei Hæstinges zu täuschen, wo es uns gelungen war, die Engländer auf diese Weise aus der Reserve zu locken. Ich kannte mittlerweile den Unterschied zwischen einer gespielten und einer echten Panik, und diese hier war echt.
    Die walisischen Gewalthaufen nahmen die Verfolgung der Normannen auf und erstachen alle, die zu erschöpft oder zu schwer verwundet waren, um zu fliehen. Bleddyn selbst führte das Massaker mit seiner berittenen Leibgarde an.
    Die Schlacht war verloren, und der Feind hatte das Schlachtfeld unter Kontrolle. Ein heiliger Zorn ergriff von mir Besitz.
    Ich saß immer noch fassungslos im Sattel, wie mit den Steigbügeln verwachsen, als Wace mit hochrotem Kopf »Rückzug!« brüllte, und zwar an alle gerichtet. »Alle Mann nach Norden!«, schrie er. »Immer am Fluss entlang!«
    Auch die anderen Lords befahlen ihren Leuten den Rückzug und gaben dann ihren müden Pferden die Sporen. Mir blieb keine andere Wahl, als ihnen zu folgen. Und so brachen meine Männer notgedrungen die Verfolgung des Feindes ab, stellten den Kampf ein und ergriffen ebenfalls die Flucht.
    Maredudds Gefolgsleute halfen ihrem Herrn, vom Boden aufzustehen, und setzten ihn dann wieder aufs Pferd. Er hatte das Gesicht zu einer Grimasse verzogen und die Augen zugekniffen. Sein Hosenbein hatte sich oben dunkel verfärbt. Nach und nach versammelten sich seine Männer um ihn. Sie standen neben ihren Pferden, beobachteten ihn und schienen gar nicht zu bemerken, was ringsum geschah – weder die Signale der Kriegshörner noch die wilde Flucht ihrer Verbündeten. Ich hatte schon Männer gesehen, die schwerer verletzt waren als der Prinz und trotzdem überlebt hatten. Allerdings nicht sehr häufig. Eines war jedoch klar: Wenn wir ihn nicht schnellstens von hier wegbrachten, würde er sterben.
    Keine zehn Schritte entfernt lag der tote Rhiwallon. Seine offenen Augen starrten ins Leere, und er hatte den Mund so weit aufgerissen, als ob er nach Luft schnappte. Der Helm mit dem schwarzen Federkamm saß noch auf seinem Kopf, aber ich hätte ihn auch an seinem roten Schnauzbart erkannt. Seine Kehle war aufgeschlitzt, und in seinem Bauch steckte noch Maredudds Dolch mit dem goldverzierten Griff.
    »Vollbracht«, sagte Maredudd, als ich Nihtfeax

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