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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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aufgespießt wurden.
    So ritten wir Knie an Knie geradewegs in das Getümmel: durch strömenden Regen, über das schrecklich zugerichtete Schlachtfeld, durch Pfützen, in denen rot verfärbtes Wasser stand, den Hang hinauf. Ich wusste nicht mehr, wie viele wir insgesamt waren, mich interessierte nur noch eines: der schwarze Helmkamm und der rote Löwe. Dann stießen die beiden walisischen Kampfverbände krachend aufeinander, und das Chaos war so groß, dass ich kaum noch Freund und Feind zu unterscheiden vermochte. Die Schlachtlinien beider Seiten hatten sich aufgelöst, jeder schlug auf jeden ein, der gerade daherkam – ein wildes Hauen und Stechen, in dem jede Disziplin vergessen war und sich jahrelange Rivalität und tief eingefressener Hass zügellos Bahn brachen.
    »Zusammenbleiben«, ermahnte Wace ein paar Ritter links von uns, die voranpreschten und vor lauter Angriffslust und Blutgier aus der Schlachtreihe ausbrachen. »Bleibt bei Lord Tancred.«
    Dann sah ich sie: die Brüder Ithel und Maredudd samt ihren mit Goldintarsien geschmückten Nasen- und den Wangenstücken. Sie ritten mit hoch erhobenem Schwert nebeneinander her und steuerten geradewegs den rotbärtigen König Rhiwallon an, der sich – nur von fünf Gefolgsleuten geschützt – allein inmitten des Gemetzels befand. Dann stießen die beiden Parteien krachend und mit klirrenden Klingen aufeinander.
    Danach ging alles so schnell, dass keiner von uns mehr eingreifen konnte. Für einen Mann seiner Körpergröße war Rhiwallon ein ausgezeichneter Krieger, ein guter Reiter und dazu noch sehr schnell mit der Klinge. Ithel war noch vor seinem Bruder bei ihm und versuchte ihn mit einer vollen Rückhand am Kopf zu treffen, doch der König riss sein Pferd scharf nach links und wich dem Schlag geschickt aus. Die Spitze der Klinge verfehlte seine Wange nur um Haaresbreite, und während Ithel zum nächsten Schlag ausholte, drehte Rhiwallon sich blitzschnell um und trennte die Hand des jungen Mannes, die noch das Schwert hielt, mit einem Hieb von dessen Unterarm. Ithel heulte gellend auf und betrachtete ungläubig seinen blutigen Armstumpf.
    »Zurück!«, brüllte ich, doch es war schon zu spät. Einer von Rhiwallons Männern führte die Arbeit des Königs zu Ende und stieß Ithel das Schwert unter dem Kettenhemd tief in den Leib. Der Prinz griff sich mit der verbliebenen Hand an die Wunde, dann bäumte sich sein Pferd hoch auf und warf ihn aus dem Sattel. Dabei wurde er mit solcher Wucht zu Boden geschleudert, dass er sich das Genick brach.
    »Ithel!«, kreischte Maredudd, vor Entsetzen völlig außer sich.
    Er riss sein Pferd herum, bohrte ihm die Sporen in die Flanken und galoppierte – von seinem drastisch dezimierten Gefolge und seinen Speerkämpfern begleitet – geradewegs auf Rhiwallon zu. Ich selbst ritt mit meinem Conroi hinterher. Als der König von Powys sich plötzlich mit so vielen Feinden konfrontiert sah, zögerte er kurz: zwar nur einen Wimpernschlag, aber schon zu lange. Er war unschlüssig, ob er sich dem Angriff des Prinzen stellen oder sich lieber hinter den Reihen seiner Fußtruppen in Sicherheit bringen sollte; am Ende tat er keines von beidem. Im nächsten Augenblick war Maredudd bereits über ihm, hieb mit dem Schwert so wütend auf ihn ein, dass sich die gelb-rot bemalte Lederbespannung von Rhiwallons Schild löste. Trotzdem trat der König nicht den Rückzug an, nicht einmal als seine Männer rechts und links von ihm getroffen zu Boden sanken oder die Flucht ergriffen. Als Maredudds nächster Schlag ins Leere ging und der Prinz sich dabei selbst eine Blöße gab, nutzte der König die Gelegenheit und brachte seinem Gegner eine klaffende Wunde am Oberschenkel bei.
    Das war der letzte Hieb, zu dem Rhiwallon je Gelegenheit haben sollte. Maredudd heulte vor Schmerz und Wut auf und stürzte sich auf ihn. Er umschlang die gepanzerte Brust des Königs mit den Armen und riss ihn mit sich aus dem Sattel zu Boden.
    Was dann geschah, konnte ich nicht mehr sehen. Denn das Gefolge des Königs drängte jetzt wieder nach vorne. Noch flatterte das Banner des Hauses Cynfyn im Wind, doch nicht mehr lange.
    »Das Löwenbanner«, brüllte ich. »Wer es erobert, den wiege ich in Silber auf.«
    So viel Silber besaß ich zwar gar nicht, doch das zählte jetzt wenig. Denn die Ankündigung reichte aus, um meinen Männern neue Zuversicht einzuflößen. Noch kurz zuvor hatten sie sich schon mit einer Niederlage abgefunden, und nun schienen plötzlich Sieg und

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