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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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immer darauf, wo sich Eure Nebenleute genau befinden. Ihr braucht Euch gegenseitig für den Flankenschutz. Immer in Formation reiten, und vor allem: die Reihen geschlossen halten!«
    Dann ein letzter Blickwechsel mit Serlo und Pons, bevor ich noch einmal zu Eudo und Wace hinübersah, die ein Stück entfernt in der Schlachtreihe standen. Sie starrten konzentriert auf die feindlichen Truppen unter den beiden Löwenbannern und gingen in diesem Augenblick wahrscheinlich im Geiste das ganze Arsenal ihrer Kampftechniken durch und wie sie es beim Zusammenstoß mit dem Feind anwenden würden. Dann bekreuzigte sich Eudo, was er sonst vor der Schlacht eigentlich so gut wie nie tat – ein Anblick, der mich beunruhigte.
    Um meine düsteren Gedanken wieder zu verscheuchen, drehte ich mich rasch weg, zog das Schwert und stemmte es hoch in die Luft. »Für St-Ouen und für Gott. Vorwärts – los, los, los!«
    »Cymry!«, brüllten die Prinzen neben mir, und ihr Gefolge stimmte in ihren Schlachtruf ein: »Cymry, Cymry!«
    Damit drückte ich Nihtfeax die Fersen in die Flanken und ließ ihn in einen leichten Galopp fallen. Unser Schicksal lag jetzt nicht mehr in unserer, sondern allein in Gottes Hand, und ich betete, dass er uns sicheres Geleit geben möge.
    Wer im Gefecht steht, lässt sich häufig nur vom Instinkt leiten und weiß hinterher nicht mehr, was genau passiert ist. So erging es mir auch an diesem Tag. Ich erinnere mich noch gut an den Gestank, den die aufgeschlitzten Gedärme der Gefallenen auf den Wiesen ringsum verströmten. Auch an das Brennen in der Brust, das ich bei jedem Atemzug empfand, kann ich mich noch gut erinnern, den kalten Wind, der durch das Kettenhemd und den Rock bis auf die Haut zu spüren war, den peitschenden Regen, der mir ins Gesicht schlug, das Brennen der Schweißtropfen in meinen Augen, das Donnern der Hufe, das blutgetränkte Gras, das immer schneller unter uns davonflog, als wir jetzt unsere Pferde weiter antrieben. Ein Stück weiter rechts hatte ich Lord Roberts schwarz-goldenes Banner entdeckt; ein Anblick, der mich aus irgendeinem Grund mit neuer Zuversicht erfüllte.
    Vor uns stürmte gerade ein Haufen Waliser und Engländer den Hang herunter – so viele, dass ich sie unmöglich zählen konnte – und warfen sich den Rittern des Wolfs entgegen. Im Zentrum der Formation Rhiwallons und Bleddyns Löwenbanner. Die beiden führten ihr berittenes Hausgefolge mitten ins Gedränge, während die übrigen Einsatzkräfte – leicht bewaffnete Speerkämpfer, die nicht einmal einen Helm oder einen Lederharnisch trugen – Hugues an den Flanken angriffen und ihn einzuschließen versuchten.
    Und in diesen Tumult ritten wir geradewegs hinein. Wir brachen wie eine mächtige Welle, die alles mit sich fortreißt, in die Reihen der Feinde ein und fegten viele von ihnen einfach hinweg. Hufe zerschlugen Schilde, streckten Waliser zu Boden, zertrümmerten Rippen, Knochen und Schädel. Ich schlug mit blitzender Klinge Arme und Köpfe ab, bohrte die Schwertspitze in so manches Gesicht, so manche Brust. Zugleich ritten wir unaufhaltsam weiter, immer vorwärts, bis wir uns mitten unter den Feinden befanden und mit unserer ganzen Wut über sie herfielen. Ein paar von ihnen traten uns mit Speeren oder Holzäxten entgegen, andere versuchten uns mit Wurfspießen zu treffen, während die wenigen Bogenschützen ein Stück weiter oben am Hang eine Kette bildeten und uns mit immer neuen Pfeilsalven bedachten. Doch inzwischen waren wir ausgeschwärmt und hatten uns zwischen den Kämpfenden verteilt. Deshalb verfehlten uns die meisten Geschosse und blieben im Gras stecken. Trotzdem musste ich mehrmals einem Pfeil ausweichen oder ihn mit dem Schild abwehren.
    »Da kommen sie«, brüllte Wace nicht weit von mir. Als ich mich umdrehte, sah ich, dass sich eines der Löwenbanner in unsere Richtung bewegte. Der rund fünfzig bis sechzig Mann starke Trupp kam immer näher und sollte offenbar die wankenden Fußtruppen entlasten und uns von unseren eigenen Leuten abschneiden.
    »Riwallan Urenhin«, skandierten die Männer. Ringsum klirrten die Waffen, und zwischen den Schreien der Verwundeten und Sterbenen hörte ich den Schlachtruf immer wieder: »Riwallan Urenhin!«
    Den Namen kannte ich natürlich; außerdem war mir die walisische Sprache mittlerweile so vertraut, dass ich wusste, was die Worte bedeuteten: König Rhiwallon. Das war also der Mann, der für die Überfälle auf Earnford verantwortlich war, für die Plünderungen und

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