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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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auf dem Gewissen, auch ich selbst verdankte ihm, dass ich in Mathrafal viele Wochen nicht nur in Ketten, sondern buchstäblich in meiner eigenen Scheiße gelegen hatte. Ich stieß einen wüsten Fluch aus. Die Mutter Äbtissin fuhr erschrocken zusammen. Das wäre mir sonst ganz egal gewesen, doch unter den gegebenen Umständen hielt ich es für sicherer, mich sofort zu entschuldigen, da ich mir nicht ihren Unmut zuziehen wollte.
    »Und Eadric?«, fragte ich. »Ist auch er entkommen?«
    »Eadric, Mylord?«
    »Manche nennen ihn auch den Wilden«, sagte ich, da ich glaubte, dass sie den Namen nicht kannte. »Er war Than unter dem alten König. Der Mann hat erst vor ein paar Jahren die Gegend hier verwüstet; außerdem ist er seit dem Sommer mit Bleddyn und Rhiwallon verbündet.«
    »Ich weiß sehr gut, wer der Mann ist«, sagte die Äbtissin, die vor Empörung rot angelaufen war, ziemlich ungehalten. »Auch wenn wir uns meistens im Kloster aufhalten, bedeutet das nicht, dass wir nicht wüssten, was draußen in der Welt vor sich geht.«
    Ich seufzte und musste mich zusammenreißen, um nicht die Geduld zu verlieren. »Dann könnt Ihr mir ja gewiss sagen, wo der Mann geblieben ist.«
    »Er war nie hier«, sagte Sæthryth zu meiner Verblüffung und fuhr dann fort: »Meines Wissens hat er sich mit dem walisischen König überworfen. Über die genauen Umstände ist zwar nichts bekannt, aber man weiß, dass er nach dem Streit mit seinen Truppen nach Norden gezogen ist.«
    Natürlich. Als Eadric nach Mathrafal gekommen war, hatte er zunächst Bleddyns Hausgefolge ausgeschaltet, um an mich heranzukommen. Aus diesem Umstand hätte ich eigentlich schon darauf schließen können, dass es zwischen den beiden ein Zerwürfnis gegeben hatte. Was sich jetzt sogar als großes Glück erwies, da König Guillaume es andernfalls mit einer anderthalbmal so großen Armee zu tun gehabt hätte, und vermutlich wäre die Schlacht dann ganz anders ausgegangen.
    »Dann ist er also in den Norden marschiert«, sagte ich. »Wisst Ihr auch, wohin? Hat er sich etwa mit dem Ætheling verbündet?«
    Auf die Frage wusste Sæthryth auch keine Antwort. Trotzdem schien mir das die plausibelste Erklärung. Dann fragte ich die Äbtissin noch, wohin das normannische Heer nach der Schlacht gezogen war. Die Frau schien allmählich keine Lust mehr auf meine Fragen zu haben, trotzdem ließ ich nicht locker. Und so konnte ich schließlich aus ihr herausbringen, dass der König nach dem Sieg über die Waliser sofort in Richtung Eoferwic weitergezogen war, um Eadgar und die Dänen aus der Stadt zu vertreiben.
    »Und wie lange ist das her?«, fragte ich.
    »Sechs Tage«, erwiderte sie. »So lange arbeiten meine Mitschwestern hier nämlich schon Tag und Nacht, um die Toten zu bestatten.«
    Der Wind frischte auf und trug den Verwesungsgeruch in unsere Richtung. Sæthryth hielt sich ein kleines Säckchen unter die Nase, um den Gestank mit Kräuteraromen zu überdecken und sich vor den giftigen Ausdünstungen zu schützen, die sich angeblich über die Luft verbreiteten. Ob diese Annahme richtig oder falsch war, konnte ich zwar nicht beurteilen, doch ich selbst kannte den Gestank nun schon seit über zehn Jahren und hatte trotzdem bislang keinen Schaden davongetragen. Oder wenigstens wusste ich davon nichts.
    Dann ließ die Äbtissin mich einfach stehen, weil sie genug von meinen Fragen hatte. Wahrscheinlich dachte sie, dass ich sie und ihre Mitschwestern in Ruhe lassen würde, wenn sie mich nur deutlich genug ignorierte; doch da irrte sie. Denn ich wandte mich jetzt an einige der jungen Nonnen, von denen ich erfuhr, dass der König ein kleines Truppenkontingent zurückgelassen hatte, das er dem Befehl seines Halbbruders, Bischof Odo, unterstellt hatte. Dieser Verband sollte den Walisern bis zum Grenzwall nachsetzen und anschließend Fitz Osbern befreien, der entgegen diversen Gerüchten immer noch in Scrobbesburh auf der Burg ausharrte. Was aus Earl Hugues in Ceastre geworden war, konnten mir die Nonnen allerdings auch nicht sagen.
    »Was, Ihr seid immer noch da?«
    Als ich mich umdrehte, blickte ich in Mutter Sæthryths strenges Gesicht, die mir bedeutete, dass sie es nicht billigte, wenn ich ihre Schwestern belästigte. Doch ich wusste mittlerweile ohnehin alles, was ich in Erfahrung bringen wollte. Und so verabschiedete ich mich von den Nonnen, während im Westen die Sonne hinter den Hügeln versank.
    Bevor ich zu Fyrheard zurückging, inspizierte ich noch einmal das

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