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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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Engländer oder Normannen gehandelt hatte. Die Leute, mit denen wir sprachen, hatten es ebenso wenig wie Mildburg gewagt, sich dem Verband zu nähern. Doch die Schankwirtin hatte wenigstens etwas über die Zahl der Reiter und die Farben der Banner zu sagen gewusst, während die Leute, denen wir jetzt begegneten, von alledem gar nichts wussten. So gelangte ich allmählich zu der Überzeugung, dass Mildburg der mutigste Mensch in ganz Mercia sein musste, da sie es als Einzige geschafft hatte, an nützliche Informationen zu kommen.
    Als wir die Wæclinga Stræt am späten Nachmittag endlich erreichten, sahen wir sofort das zertretene Gras und die zahllosen Spuren, die Hunderte von Hufen und Füßen dort hinterlassen hatten.
    »Kannst du mir sagen, wann sie hier vorbeigekommen sind?«, fragte ich Ædda.
    »Schwierig«, entgegnete er achselzuckend und ließ sich dann in die Hocke nieder, um die Spuren näher zu untersuchen. »Ungefähr vor einer Woche, vielleicht auch länger.« Er zerbröselte etwas Pferdedung zwischen den Fingern und schnupperte daran. »Nach dem Geruch zu urteilen ist der Dung schon ein paar Tage alt.« Dann inspizierte er einige Hufabdrücke, die sich in dem feuchten Untergrund erhalten hatten. »Die Leute, die hier vorbeigekommen sind, sind auf großen Pferden geritten. Das zeigen die tiefen Hufabdrücke ganz deutlich. Das waren keine Ponys« – er zeigte auf die Tiere, die wir den Walisern abgenommen hatten – »so wie die da.«
    »Dann glaubst du also, dass König Guillaume hier mit seinem Heer vorbeigekommen ist?«
    »Ja, zweifelsohne, Mylord.«
    In der folgenden Nacht schlugen wir unser Lager in den Ruinen eines alten römischen Hauses auf, das ein Stück abseits der Straße lag. Das Ziegeldach war längst eingestürzt, aber jemand hatte über dem größten Raum ein paar neue Balken und Latten angebracht, die mit Reet gedeckt waren. Es konnte also noch nicht lange her sein, dass sich hier jemand aufgehalten hatte. Aus den Kotresten am Boden schloss ich, dass das Gebäude zuletzt als Stall gedient hatte. Wir wählten das Haus als Nachtquartier, machten unser Feuer nahe der Tür, damit der Rauch abziehen konnte, und wärmten uns ein wenig auf. Dabei konnten wir im Feuerschein die zum Teil noch erhaltenen Menschen- und Tierdarstellungen bestaunen, die einst den jetzt zerbröselnden Putz geziert hatten. Ædda, Galfrid, Odgar und ich hielten nachts abwechselnd Wache, und am nächsten Morgen zogen wir auf der alten Straße weiter, bis die Hufspuren nach einigen Meilen plötzlich scharf nach rechts abbogen.
    »Da geht es nach Stæfford«, sagte der Mönch Wigheard, der sich als Einziger von uns in der Gegend auskannte.
    Stæfford. Angeblich hatte sich Bleddyn nach seinem Sieg bei Scrobbesburh geradewegs dort hinbegeben. So kamen wir unserem Ziel allmählich näher. Falls die Spuren, denen wir folgten, jedoch – wie Ædda meinte – tatsächlich schon eine Woche alt waren, hatte der König den Sieg gewiss schon ohne uns errungen. Oder eine Niederlage erlitten, meldete sich eine leise Stimme in meinem Hinterkopf. Obwohl ich versuchte, sie zum Schweigen zu bringen, verfolgte mich der Gedanke in den folgenden Stunden unablässig.
    Um mir einen Überblick über die Situation zu verschaffen, ritt ich allein voraus – von Gehölz zu Gehölz, von Hügel zu Hügel, durch dicht bewaldete Täler – und hielt Ausschau nach befreundeten oder feindlichen Truppenverbänden. Dabei legte ich so viele Meilen zurück, dass mein Hengst gegen Abend renitent wurde. Das Pferd trug den schönen Namen Fyrheard, was bedeutete: »im Feuer gehärtet«. Angeblich hatte der Hengst den Namen als Fohlen erhalten, als ein unachtsamer Knecht eines Tages den Stall durch einen Funken seiner Laterne in Brand gesetzt hatte. Derselbe Knecht hatte es aber auch versäumt, die Türen zu verriegeln, und so konnte das junge Pferd aus der Feuersbrunst fliehen, bevor diese das ganze Gebäude zerstört hatte. Nach der Katastrophe hatte sich der Hengst plötzlich viel aggressiver und wilder gebärdet als vorher, das heißt, genau die Eigenschaften an den Tag gelegt, die ein gutes Streitross auszeichnen. Ich selbst hatte das Tier für den Fall gekauft, dass Nihtfeax einmal etwas zustoßen sollte; im vergangenen Winter hatte ich es dann für den Kampfeinsatz trainiert. Die für ein Schlachtross unverzichtbare Robustheit hatte der Hengst zu dem Zeitpunkt zwar noch nicht besessen, aber bereits vielversprechende Ansätze gezeigt.
    So ritt ich an

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