Die Ritter des Nordens
Schlachtfeld und hielt Ausschau nach brauchbaren Dingen, die den Siegern entgangen sein mochten. Dabei entdeckte ich zwei robuste Rundschilde, die uns noch gute Dienste leisten konnten, wenn man die Lederbeschichtung reparierte. Außerdem fand ich noch zwei schöne Jagdmesser und ein Kettenhemd, das einem Franzosen gehört hatte. Der Mann lag hinter einem Brombeerbusch und war deshalb offenbar übersehen worden. Da er kräftiger gebaut war als ich, war mir der Panzer zwar etwas zu groß, bot mir aber trotzdem Schutz. Also streifte ich das Hemd über und zog die Schnallen so eng, wie es eben ging.
Als ich mich auf den Rückweg machte, war es schon fast dunkel. Einige Stunden später traf ich wieder bei den anderen ein. Father Erchembald machte mir Vorhaltungen, weil ich so lange ausgeblieben war. Er und die anderen hatten sich schon Sorgen gemacht, ob mir etwas zugestoßen war. Doch als ich ihnen die Dinge zeigte, die ich auf dem Schlachtfeld aufgelesen hatte, hellte sich ihre Stimmung rasch wieder auf.
»Und wohin gehen wir jetzt?«, fragte Ædda, nachdem ich erzählt hatte, was sich auf dem Schlachtfeld nahe Stæfford zugetragen hatte.
Über diese Frage hatte ich bereits auf dem Rückweg nachgedacht und auch schon eine Antwort gefunden. Uns Bischof Odos Truppen anzuschließen, um gemeinsam mit ihm Bleddyn zu verfolgen, erschien mir wenig hilfreich. Schließlich konnte der walisische König überall sein; außerdem hatte er einen gewaltigen Vorsprung. Nein, die nächsten großen Schlachten würden zweifellos im Norden stattfinden: gegen den Ætheling und vermutlich gegen Eadric. Wenn ich also das Schwert gegen einen der beiden oder gar gegen beide erheben wollte, musste ich nach Norden ziehen.
Sechsundzwanzig
•
W ir setzten unsere Reise mit einem kleinen Umweg über Licedfeld fort, da ich die Menschen, die das Massaker in Earnford überlebt hatten, nicht den Gefahren aussetzen wollte, die uns in Northumbria erwarteten. Deshalb ließ ich die Älteren, etwa den Müller Nothmund und den Brauer Beorn, aber auch die Frauen und Kinder unter Wigheards Obhut in Licedfeld zurück. Denn der Mönch hatte mir zugesagt, dass er die Leute bis zu meiner Rückkehr im dortigen Kloster unterbringen würde. Nur die kampffähigen Männer nahm ich mit.
Wir verabschiedeten uns vor den Toren der Stadt, wo ich dem Mönch eine der beiden mit Silber gefüllten Satteltaschen überreichte, die ich mitgebracht hatte.
»Das hier ist für Euren Abt bestimmt«, sagte ich.
Ich kannte zwar weder das exakte Gewicht noch die genaue Zahl der Preziosen, trotzdem waren sie gewiss so viel wert, dass die Mönche ein gutes Geschäft machten, selbst wenn sie meine Leute eine Weile verköstigten. Schließlich handelte es sich bei dem Inhalt der Satteltasche um die Hälfte des gesamten mir verbliebenen Besitzes.
»Und wenn er noch weitere Forderungen stellt, könnt Ihr ihm meinen Namen nennen und ihm alle Zusagen machen, die Ihr für nötig erachtet«, sagte ich. »Sagt ihm von mir aus, dass ich ihm eine neue Kirche baue oder dass ich mein ältestes Kind ins Kloster schicke.«
»Ja, Mylord«, entgegnete Wigheard ernst.
Es fiel mir nicht leicht, mich auf solche Verpflichtungen einzulassen, obwohl ich natürlich hoffte, dass ich sie nie würde einlösen müssen. Reich war ich noch nie gewesen, nicht einmal vor der Zerstörung meines Besitzes in Earnford. Dabei hatte ich nicht nur diesen weltlichen Besitz verloren, sondern zudem einen Sohn, den ich nie gekannt hatte. Schon deswegen war es gewiss nicht mein Wunsch, mein nächstes Kind ins Kloster zu schicken. Doch ich hatte den Leuten nun einmal bis hierher sicheres Geleit gegeben, und da konnte ich sie jetzt nicht im Stich lassen – nicht, solange ringsum Armeen plündernd und brandschatzend durch das Land zogen. Deshalb war ich fest entschlossen, für ihre Sicherheit zu sorgen.
Doch bevor ich Gelübde einlösen konnte, musste ich erst einmal unversehrt aus dem Krieg zurückkehren. Und auch das Wohl und Wehe meiner Leute hing davon ab, ob wir die Dänen und die Rebellen in Northumbria daran hindern konnten, das ganze Reich zu überrennen und zu verwüsten. Mochten auch die Waliser vorerst besiegt sein, aber Eadgar und König Sven und ihre Truppen waren noch ganz frisch und begierig darauf, sich mit Ruhm zu bedecken.
Und darauf, möglichst viel normannisches Blut zu vergießen.
Am Ufer des rasch dahinströmenden Yr holten wir König Guillaumes Truppen schließlich ein. Dieser Fluss markierte von
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