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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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alters her die Grenze zwischen den Königreichen Mercia und Northumbria. Bisher war es dem normannischen Heer noch nicht gelungen, am anderen Ufer Fuß zu fassen, da der Feind alle Brücken zerstört hatte und die Gebiete nördlich davon bis zum Humbre besetzt hielt, in den der Fluss ein paar Meilen weiter östlich mündete.
    Die Patrouillenreiter, die uns von der anderen Flussseite aus beobachteten, machten sich über uns lustig und waren leicht als Dänen zu erkennen, da auf ihren Bannern Runen, Totenschädel, blutige Dolche, Wolfsköpfe, Raben und feuerspeiende Drachen abgebildet waren. Auch wenn ihr König sich als Christ ausgab, wiesen die heidnischen Symbole, hinter denen seine Truppen sich versammelten, diese als gottlos aus.
    Hier und da kamen uns ein paar feindliche Reiter so nahe, dass sie in die Schussweite unserer Bogenschützen gerieten, die auch tatsächlich mehrmals ihr Glück versuchten. Doch der Wind trug die Pfeile meist davon, und die Feinde quittierten die Salven nur mit höhnischem Gejohle. Was unsere Männer wiederum veranlasste, noch mehr Pfeile zu verschwenden. In der Tat waren diese Bemühungen nichts als Zeit- und Materialverschwendung, da die Spähtrupps uns gar nicht bedrohten. Aber selbst wenn es unseren Leuten gelungen wäre, den einen oder anderen Feind zu töten, wäre das nur ein unbedeutender Erfolg gewesen. Denn die feindlichen Patrouillen wollten sich ja nur einen Eindruck von unserer Truppenstärke und der Moral unserer Leute verschaffen. Daran konnten wir sie jedoch ohnehin nicht hindern, da sich eine Armee von der Größe unserer Streitkräfte nun einmal nicht verstecken ließ.
    Das Heer, das hier angetreten war, unterschied sich deutlich von jenem, das im Jahr zuvor gegen Eoferwic marschiert war: Rein zahlenmäßig war es zwar kleiner, bestand dafür jedoch aus besser ausgerüsteten und ausgebildeten Männern, unter denen sich mehr Ritter und Bogenschützen und nicht so viele Angehörige der als fyrd bezeichneten Volksmiliz befanden. Zu diesem Aufgebot kamen jetzt noch jene sechs Männer, die ich mitgebracht hatte: Ædda, der Steward Galfrid, ferner Ceawlin, Dægric und Odgar, drei junge Burschen aus Earnford, die alle schon des Öfteren mit mir und meinen Knappen auf dem Übungsplatz gestanden hatten und sich halbwegs aufs Kämpfen verstanden; und schließlich noch Father Erchembald. Der Priester hatte sich nur widerstrebend von seinen Schäfchen in Licedfeld losgerissen, doch brauchte ich ihn, aber nicht etwa wegen seiner Waffenkünste, sondern wegen seiner außergewöhnlichen Klugheit und Urteilsfähigkeit. Auf seinen Rat legte ich mehr wert als auf den jedes anderen Menschen. Außerdem kannte ich sonst keinen Priester, bei dem ich vor der Schlacht die Beichte ablegen konnte. Da er mich kannte wie kaum jemand sonst, hoffte und wünschte ich, dass Erchembald bei Gott Fürsprache für mich halten würde, sollte ich in der Schlacht fallen.
    Unter den Bewaffneten befanden sich einige, die ich kannte. Manche waren schon beim letzten Mal in Eoferwic dabei gewesen, andere – einflussreiche Edelleute – hatte ich an einem der wenigen Hoftage des Königs gesehen, an denen ich teilgenommen hatte. Doch persönlich kannte ich nur die wenigsten. Offen gestanden machte es mir nicht wenig zu schaffen, dass hier niemand auf meine Anweisungen wartete oder ehrfürchtig zu mir aufblickte. Hier war ich nur ein Fremder unter Fremden, und nichts wies mich als Lord oder Lehnsherrn aus: Denn ich konnte weder ein eigenes Feldzeichen vorweisen, noch gebot ich über auch nur einen Gefolgsmann. Zudem gab es hier außer den sechs Männern, die ich mitgebracht hatte, keinen einzigen, den ich als Freund hätte bezeichnen können.
    Jedenfalls glaubte ich das, bis eines Abends, als wir unser Lager aufschlugen, jemand meinen Namen rief. Aus meinen Gedanken gerissen drehte ich mich um und blickte geradewegs in zwei bekannte Gesichter, die ich hier niemals erwartet hätte.
    »Pons!«, rief ich. »Serlo!«
    Wir umarmten uns wie lange getrennte Brüder, obwohl seit unserer letzten Begegnung kaum mehr als zwei Monate vergangen waren; trotzdem kam mir die Zeit viel länger vor.
    »Dass wir Euch noch einmal lebend sehen, hätten wir nie geglaubt, Mylord«, sagte Pons. »Wir waren fest davon überzeugt, dass Ihr tot seid.«
    »Nein, ich lebe noch«, erwiderte ich. »Allerdings habe ich verdammtes Glück gehabt.«
    Die beiden hatten den Hinterhalt überlebt, in den uns die Waliser damals gelockt hatten, um mich zu

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