Die Ritter des Nordens
entführen; anschließend waren sie mit Robert nach Eoferwic gezogen. Dann war dort die Nachricht eingetroffen, dass feindliche Schiffe auf dem Humbre landeinwärts segelten und die Dänen bereits im Anmarsch seien. Daraufhin hatten Robert und sein Vater, der Vicomte, die beiden nach Süden geschickt, um König Guillaume zu holen, da sie nicht wussten, dass er sich bereits an der Spitze eines Heeres in Bewegung gesetzt hatte.
»Ein paar Tage später haben wir dann erfahren, dass die Stadt kapituliert hat«, sagte Serlo. »So gesehen, haben wir sogar Glück gehabt, dass wir zu dem Zeitpunkt nicht dort waren.«
Gott gibt, Gott nimmt nach seinem ewigen Ratschluss, diese beiden hatte er jedoch im Übermaß mit seiner Gnade beschenkt. Blieb nur zu hoffen, dass er seine schützende Hand auch über die Malets gehalten hatte.
Es blieb aber nicht bei dem unverhofften Wiedersehen mit Serlo und Pons, denn zwei Tage später trafen auch noch Eudo und Wace ein, die von Roberts Besitzungen in Suthfolc aus nach Norden geritten waren.
»Wir haben zuerst gedacht, du bist mit Lord Robert und seiner Schwester nach Eoferwic geritten«, sagte Wace. »Dann haben wir gehört, was passiert ist, und schon das Schlimmste befürchtet.«
»Was sind das für Leute?«, fragte Eudo und bedachte die Männer an unserem Lagerfeuer mit einem skeptischen Blick.
Diese Frage war gar nicht so leicht zu beantworten. Deshalb erzählte ich den beiden Freunden, was mir in den vergangenen Monaten widerfahren war. Eudo und Wace wussten natürlich nichts von alledem. Wie sollten sie auch? Schließlich hatten sie sich in dieser Zeit am anderen Ende des Reiches aufgehalten, um dort Heia und die umliegenden Adelssitze gegen König Sven zu verteidigen.
»Wenigstens, bis die dänische Flotte den Fluss heraufkam«, sagte Wace. »Denn dann hat uns Earl Ralph, der ja dein Landsmann ist, nach Noruic beordert, damit wir ihm helfen, die Dänen zurückzuschlagen.«
Ralph Guader war der Earl von East Anglia. Der Mann hatte ungefähr mein Alter und war für seinen unbeugsamen Willen und seine Waffenkünste bekannt, galt aber auch als völlig humorlos. In der großen Schlacht bei Hæstinges hatte er einen bretonischen Kampfverband angeführt und sich dabei meines Wissens glänzend bewährt. Doch in der Schlacht, die uns hier erwartete, würden seine Fähigkeiten noch weit mehr gefordert sein, da die Dänen ebenso entschlossene wie unerbittliche Krieger waren und lieber starben, als sich geschlagen zu geben. Ich hatte schon früher mit ihnen zu tun gehabt und war nicht gerade glücklich über die Aussicht, demnächst wieder auf sie zu treffen.
»So ein Gemetzel habe ich noch nie erlebt«, sagte Eudo. »Wir haben sie Straße für Straße zurückgedrängt, von der Mauer bis an den Fluss, bis die Stadt in einem Meer von Blut versunken ist. Diese Leute kämpfen ohne Rücksicht auf ihr eigenes Leben und ergeben sich nicht einmal, wenn sie vollständig umzingelt sind.«
Er schüttelte ungläubig den Kopf und brachte plötzlich keinen Ton mehr heraus. Tatsächlich war es beiden Männern anzusehen, dass sie im Laufe der vergangenen Wochen Dinge erlebt hatten, über die sie nicht einmal unter Freunden sprechen konnten. Genau wie ich selbst.
In dem Augenblick begriff ich, dass es mit der engen Kameradschaft, die wir früher gepflegt hatten, ein für alle Mal vorbei war, jedenfalls in der bisherigen Form. Bis dahin hatten wir nämlich stets gelebt, wie wir auch gekämpft hatten. Wir hatten keine Geheimnisse voreinander gehabt, uns alles erzählt; abends beim Festschmaus dieselben Lieder gesungen, nachts irgendwo in einem Gutshaus auf Binsenmatten am Boden geschlafen, um am nächsten Morgen wieder Seite an Seite ins Gefecht zu reiten. Wir hatten alles gemeinsam durchlebt und erlitten. Doch seither hatten wir uns verändert, waren im Leben – durch die Umstände bedingt – in verschiedene Richtungen gegangen. Dabei hatten wir uns voneinander entfernt. So war eine gewisse Distanz entstanden.
»Was führt euch beide hierher?«, fragte ich.
»Nachdem wir die Dänen abgewehrt hatten, sind sie die Küste hochgesegelt«, erzählte Wace. »Earl Ralph glaubte, dass sie vielleicht weiter oben in East Anglia erneut an Land gehen, um auf Noruic zu marschieren. Deshalb hat er uns gebeten, noch zu bleiben. Dann ist die Nachricht eingetroffen, dass sie in den Humbre gefahren sind, und er hat uns mit einigen seiner Leute nach Norden geschickt, damit wir den König unterstützen. Nach unserer
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