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Die Rollbahn

Die Rollbahn

Titel: Die Rollbahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kann uns Tamara helfen, ein Loch zu finden, durch das wir in die Freiheit schlüpfen.«
    Sie marschierten jetzt den zweiten Tag. Die beiden Nächte, die sie seitlich der langen Schneise im tiefen Dickicht verbracht hatten, waren Musterbeispiele einer militärischen Sicherung, eines tief gestaffelten Kampfsystems gewesen. Major Willi Schneider hatte dieses Lager getreu einer alten Tradition aufgebaut … zuerst ein loser, weit vorgeschobener Postenring, dann ein engerer Wachring, Pendelposten, und im Zentrum endlich das Lager selbst, wiederum in Form einer Igelstellung, deren unmittelbarer Kern der schwarze Klotz des erbeuteten Truppentransporters war.
    Gegen Morgen des dritten Tages, als Gruppe Schneider knapp eine Stunde durch Morgennebel marschiert war, kam von den Spähtrupps die Meldung, daß Partisanen vor ihnen den Wald gesperrt hätten.
    Der Kampflärm vom Dnjepr her war jetzt stark und überdeckte alle anderen Geräusche. Seitlich von ihnen, auch im Wald längs der Rollbahn, mußte sowjetische Artillerie in Stellung gegangen sein. Pausenlos donnerten die Abschüsse durch den Morgennebel; durch das wogende Grau des Himmels dröhnten die Motoren Hunderter Kampfflugzeuge. Noch wurde Orscha gehalten, klammerte sich eine schwache deutsche Division in die Erde und widerstand allen Angriffen der Russen, jagte die T 34 in die Luft … mit geballten Ladungen, mit Haftladungen, mit einigen ausgeleierten Pakgeschützen, mit sieben Flaks, die im Erdeinsatz zur gefürchtetsten Waffe gegen die Panzer wurden. Eine Division in Stärke von zwei Bataillonen, die sich dem russischen Meer entgegenstemmte.
    Die Gruppe Schneider versank in vollkommener Stille. Major Schneider beriet mit Faber und Vogel den weiteren Einsatz. Eingeigelt lag das Häufchen im Dickicht und wartete.
    »Durchbrechen ist Wahnsinn«, sagte Oberleutnant Faber. Er kannte die Gedankengänge des ›schneidigen Willi‹ und nahm ihnen mit dieser Feststellung jede weitere Ausführung. »Vor uns liegen nicht nur gut ausgerüstete Partisanen, die man eigens dazu zurückließ, daß sie versprengte deutsche Truppen vernichten, sondern vor uns ist die ganze russische Armee aufmarschiert, um den Riegel des Dnjepr zu sprengen!«
    »Und gerade über diesen Dnjepr wollen wir«, sagte Major Schneider. Leutnant Vogel enthielt sich einer Meinung … er hatte keine.
    Faber beugte sich über die Karte, die Schneider ausgebreitet vor sich hielt. Mit Rotstift hatte man den bisherigen Fluchtweg gewissenhaft eingetragen … es waren nur noch 23 Kilometer bis zum Dnjepr … 23 Kilometer bis in die Freiheit!
    23 Kilometer Tod … eine kleine Wegspanne, die unüberwindbar erschien.
    Major Schneider sah zu Faber neben sich. »Es gibt kein Unmöglich, Faber«, sagte er, als errate er dessen Gedanken. »Für einen deutschen Soldaten gibt es keine Hindernisse!«
    »Wir sind dreiundvierzig Mann …«
    »Sechsundvierzig … seit Kunze und Ihren beiden Troßleuten.«
    »Und vor uns stehen tausend Russen.«
    »Das ist ein gutes Verhältnis, Faber. Viel Feind, viel Ehr', heißt es!«
    Er sah dabei Vogel an. Der Leutnant starrte bleich zu Boden. Vor sechs Wochen hatte er noch eine Schulungsstunde über dieses Thema gehalten … heute stieg Übelkeit in ihm empor. Brechreiz vor Angst.
    Stabsarzt Dr. Wensky, der Bataillonsarzt, der bisher auf dem Wagen gefahren wurde und die beiden Leichtverletzten der Gruppe, zwei Leute von den Panzern, pflegte, kam zu der kleinen Versammlung.
    »Endet hier unser Ausflug?« fragte er leichthin. Im Gegensatz zu den anderen war er immer frisch rasiert … er sah in die ausgelaugten, stoppelbärtigen, bleichen Gesichter der Offiziere und auf die Karte in Schneiders Händen. »Da ist es ja, das Flüßchen. Greifbar nahe.«
    Schneider, abhold jeder Schnoddrigkeit, warf einen mißbilligenden Blick auf den Stabsarzt. »Partisanenriegel, Knochensäger.«
    »Von Mogilew bis Witebsk? Kaum anzunehmen.«
    Schneider war verblüfft. Die hingeworfene Antwort Dr. Wenskys war ein Plan. Er griff ihn auf … er hätte fast gejubelt.
    »Das ist es!« sagte er, sich mühsam beherrschend. »Vor uns sind Partisanen. Ob sie zehn Kilometer nördlich oder südlich auch noch sind, ist fraglich und ungewiß. Also ziehen wir in einem Bogen weiter … wir wenden uns nach Süden und umgehen die Partisanen.«
    Dr. Wensky beugte sich über die Karte. »Wir kämen jetzt bei Staroselje an den Dnjepr … ziehen wir weiter in Richtung Schklow und dann wieder nach Norden auf Borissow zu … wenn

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