Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rollbahn

Die Rollbahn

Titel: Die Rollbahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
wir unsere eigene Flanke aufreißen.«
    »Haben Sie Verbindung mit Feldmarschall Busch bekommen?«
    »Er ist beim Führer im Führerhauptquartier.«
    »Und?«
    »Der Führer tobt! Er will die gesamte Generalität des Mittelabschnitts ablösen und vor ein Kriegsgericht stellen lassen.«
    »Und Keitel? Und Jodl? Guderian?«
    »Sie schweigen …«
    Der General nickte müde. Er legte sich den Mantel lose um die Schultern und knöpfte seinen Rockkragen zu. Das Ritterkreuz und der Pour le mérite des 1. Weltkrieges hinderten ihn etwas … er schob sie zur Seite. Blech klirrte auf Blech … ein leiser Aufschrei von Heldentum. Zwei Stationen eines einsamen Lebens.
    »Kennen Sie Augustus, Bennewitz?«
    Der Oberst blickte erstaunt auf. »Römischer Kaiser.«
    »Von ihm gibt es einen Ausspruch, den er in größtem Kummer hinausschrie, als Varus die Schlacht gegen Arminius verlor.«
    Von Bennewitz biß sich auf die Unterlippe, ein Frösteln überzog seinen Körper. »Ich kenne ihn, Herr General.«
    »Ich möchte es ihm gleichtun, Bennewitz, ich möchte es in alle Welt hinausschreien: Hitler! Hitler – gib mir meine Divisionen wieder!«
    Mit einem Ruck wandte er sich ab und verließ den leeren Raum, in dem seine Stimme noch widerhallte und von den kahlen Wänden zurücksprang. Bleich folgte ihm Oberst v. Bennewitz.
    Vor der Tür stand der Wagen. Ein alter Mercedes mit einem Stander neben dem Kühler. Die Soldaten grüßten, ein Adjutant riß die Tür auf. In drei anderen Wagen hockte der Stab bereits schon abfahrbereit. Der General grüßte kurz zurück. In straffer Haltung stieg er in den Wagen, rückte zur Seite, um v. Bennewitz Platz zu machen. Der Adjutant, ein junger Leutnant mit einem Knabengesicht, warf die Tür zu.
    Der Feldwebel an der Ausfahrt hob die Kelle. Auf der Brust blinkte das breite Schild. Feldgendarmerie. Er fegte die Straße von allen anderen Fahrzeugen leer … er hielt mit seiner Kelle für ein paar Sekunden den Rückzug auf.
    Schnell, in einem weiten Bogen, verließ der Wagen des Generals das bisherige Quartier. Aus dem Rückfenster blickte der General noch einmal zu dem alten Gutshaus, das schloßähnlich in einem dichten Park lag und in dem er und sein Stab gut untergebracht waren.
    »Wir lassen die beiden Ersatzdivisionen bei Minsk, Bennewitz«, sagte er. »Sie sollen dort neue Stellungen beziehen und als Riegel für die vorrückenden Sowjets dienen. Vielleicht schließen wir mit ihnen die Frontlücke.«
    »Der Führer befahl, sie sollten bei Witebsk eingesetzt werden.«
    Der General fuhr im Sitzen herum. »Bei Witebsk gibt es doch gar keine Front mehr! Witebsk ist nur noch eine Insel.«
    »Der Führer befiehlt es so, Herr General.«
    »Ich brauche doch die Divisionen, um den Russen aufzuhalten, nicht um einen Platz zu entsetzen!« schrie der General. »Das ist doch Irrsinn, was man da macht! Das ist doch völliger Blödsinn! Zwei Divisionen in ein Faß ohne Boden zu werfen! Zwei wertvolle Divisionen! Wozu bin ich der verantwortliche Truppenführer, wenn man mir solchen Dilettantismus vor die Nase setzt? Bennewitz … lassen Sie sofort eine Verbindung zum Führerhauptquartier herstellen. Ich werde mit dem Führer persönlich sprechen! Ich muß ihn sprechen!«
    Oberst v. Bennewitz sah auf seine zuckenden Hände, die die Aktentasche mit den Geheimakten umklammert hielten. Seine Stimme war tonlos.
    »Es ist zu spät, Herr General … die Divisionen sind bereits nach Witebsk unterwegs …«
    Hauptfeldwebel Kunze marschierte beim Haupttrupp hinter dem ratternden Wagen her. Er schleppte seinen Karabiner herum wie einen dicken Holzknüppel und verbiß sich die Schmerzen, die seine vom Marschieren aufgescheuerte Ferse durch den ganzen Körper jagte.
    Tamara saß vor ihm auf dem Mannschaftswagen. Sie hatte eine alte deutsche Wehrmachtsjacke bekommen, um damit ihre zerrissene Bluse auszugleichen, denn selbst Major Schneider fand, daß trotz allen Formenreichtums von Tamaras Brust diese nicht unbedingt dauernd sichtbar zu sein hatte. Leutnant Vogel hatte zwar den Vorschlag gemacht, Tamara einfach zu erschießen, da sie eine Belastung für die Truppe bilde und Komplikationen bei den ausgehungerten Landsern herbeiführen könnte, aber wiederum war es der ›schneidige Willi‹, der weiterblickte. »Wir können sie am Dnjepr als Erkundung einsetzen«, sagte er. »Ich vermute, daß am Dnjeprufer die guten Partisanen stehen, um alle zurückkommenden Truppen an dieser natürlichen Grenze wie die Hasen abzuschießen. Da

Weitere Kostenlose Bücher