Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rollbahn

Die Rollbahn

Titel: Die Rollbahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Kameradschaft bedeutet! Wenn Sie es überhaupt kennen …«
    Leutnant Vogel ging zurück zu seinem Platz und legte sich hin. Dr. Wensky richtete sich auf und stützte sich auf die Ellenbogen.
    »Sie sind fort?« fragte er Major Schneider.
    Der Major drehte sich auf die Seite und winkte schwach mit der Hand.
    »Seien Sie still, Doktor … ich schäme mich …«
    Drei Kilometer östlich des Lagers trafen sie aufeinander.
    Strakuweit sah sie zuerst … zwei Schatten, die im fahlen Mondschein die Schneise herunterwankten, umschlungen, sich stützend, ab und zu stehenbleibend und verschnaufend.
    »Fritz!« schrie er grell. »Fritz! Mein Fritz!«
    Er rannte den Waldweg entlang, schwenkte beide Arme, stolperte über eine hervorstehende Wurzel, sprang wieder empor und stürzte den beiden schwankenden Gestalten entgegen.
    Oberleutnant Faber raste ihm nach. Sein Herz war ein einziger, heller Jubel. Er griff sich beim Laufen an die Brust. Auch er wollte schreien, aber er konnte es nicht … er war dem Weinen näher als der Freude, seine Kehle war zugeschnürt, seine Augen brannten.
    Die beiden Gestalten blieben auf dem Wege stehen. Strakuweit stürzte auf Leskau zu, er umarmte ihn, er küßte das blutverkrustete Gesicht, und plötzlich heulte er los wie ein junger, verirrter Wolf, er weinte laut, umklammerte Leskau und legte seinen dicken, verbundenen Kopf auf dessen Schulter.
    »Fritz, mein Fritz«, stammelte er. »Wir haben dich gefunden … wir haben dich …« Seine Stimme versagte, und er heulte wieder auf und schüttelte sich im haltlosen Weinen.
    Tamara streichelte ihm über den verbundenen Kopf. Ihre Augen glänzten.
    »Strakuweit liebes …«, sagte sie leise. »Liebes, liebes Strakuweit …«
    Oberleutnant Faber verhielt den Schritt, als er Leskau erreicht hatte. Er streckte ihm die Hand entgegen. Er würgte an den Worten.
    »Leskau … Leskau … wir haben dich nicht vergessen …«
    Leskau schob Strakuweit zur Seite. Er nahm Haltung an und wollte melden: Unteroffizier Leskau zurück. Oberleutnant Faber riß ihn an sich und umarmte ihn.
    »Halt den Mund, mein Junge«, sagte er mit zitternder Stimme. »Halt bloß den Mund … Du willst doch nicht auch deinen Oberleutnant heulen sehen …«
    Strakuweit hatte sich Tamara zugewandt und starrte sie an. Sie lächelte ihn an, und als sie sah, wie er auf ihren Kopf starrte, hob sie die Hände und bedeckte das Brandmal mit ihnen.
    »Es gäht wieder weggg«, sagte sie schwach. »Es ist nur die Haut.«
    »Sie haben dich gefoltert«, keuchte Strakuweit. Seine Augen quollen hervor. Auch Faber sah jetzt das Entsetzliche und starrte auf die entstellte Tamara.
    »Es tutt nicht mähr wäh …«, sagte sie und lächelte.
    »Dafür wird es bei mir keinen lebenden Russen mehr geben!« keuchte Strakuweit. »Das werde ich nie vergessen, nie! O diese Schweine, diese Bestien …«
    Er legte den Arm um Tamara und küßte ihr Brandmal. Da lief durch ihren Körper ein Zittern, sie umklammerte den starken Strakuweit, plötzlich schrie sie auf und brach zusammen. Wie ein Kind nahm sie Strakuweit auf seine Arme und trug sie fort.
    Faber folgte ihm. Er stützte Leskau.
    Hinter ihnen, im Osten, dämmerte der Tag herauf. Vor ihnen, im Westen, war der Himmel rot … Orscha brannte. Es war wie ein Fanal … der Westen brannte, während im Osten die Sonne emporstieg.
    Es war heller Tag, als sie das Lager der Gruppe Schneider erreichten. Der Major hatte befohlen, in dem dichten Wald den Tag über zu bleiben, um die letzten Kilometer in der kommenden Nacht zurückzulegen. Die letzten Kilometer bis zur Freiheit.
    »Schlaft, Leute«, hatte er gesagt. »Sammelt Kraft für den letzten Sturm! Morgen um diese Zeit sind wir wieder unter deutschen Kameraden.«
    Leutnant Vogel war gerade bei der Bestandsaufnahme der Munition und der Verpflegung, als Faber, Leskau, Strakuweit und Tamara durch die Büsche brachen und den Lagerplatz betraten. Major Schneider kam ihnen mit ausgestreckten Armen entgegen und umarmte Leskau. Faber wandte sich ab …
    In diesem Augenblick geschah etwas Schreckliches.
    Leutnant Vogel hatte Tamara bemerkt. Er zuckte empor, warf die Munition und die Verpflegung zur Seite und rannte auf sie zu, im Laufen seine Pistole aus der Tasche reißend und durchladend.
    »Da ist sie!« schrie er wild. Sein junges Gesicht war verzerrt. Er gebärdete sich wie ein Irrer, stieß Strakuweit, der begriffsstutzig im Wege stand, zur Seite und stürzte auf Tamara zu, die ihm mit großen Augen

Weitere Kostenlose Bücher