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Die Rollbahn

Die Rollbahn

Titel: Die Rollbahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Verachtung.
    »Wir können doch nicht einfach abhauen. Das ist doch Fahnenflucht! Feigheit vor dem Feind. Darauf steht Todesstrafe.«
    Kunze beugte sich nach vorn. Er keuchte. Der Sack war schwer und krümmte sein Kreuz.
    »Komm!« stöhnte er. »In fünf Minuten ist es zu spät.«
    Strakuweits Kopf und Schulter ragten noch aus dem Sumpf, als der Küchenunteroffizier mit seinen drei Männern den Pfad hinabrannte. Leskau hörte ihre Schritte und schrie. Er lag wieder auf dem Bauch, umkrallte mit der rechten Faust einen Rockzipfel Strakuweits und hielt sich mit der Linken an einem Büschel Schilf fest.
    »Hierher!« schrie er. »Hierher! Ich kann ihn nicht länger halten! Mir schlafen die Arme ein!«
    »Haltet mich an den Beinen fest!« rief der Küchenunteroffizier. Er warf seinen Rock ab und schnellte sich in das Moor, hinüber zu dem langsam versinkenden Strakuweit. Die drei umklammerten seine Beine. Wie eine Brücke lag der Körper im Sumpf … es gluckerte unter ihm, und Blasen quollen hervor.
    »Hast du ihn?« keuchte Leskau. Er kroch auf den Weg zurück und fühlte, wie seine Knie zitterten und seine Arme leblos an der Seite seines Körpers hin und her pendelten.
    »Ziehen!«
    Mit beiden Händen umfaßte der Unteroffizier den Kopf Strakuweits. Dann tastete er sich tiefer, griff in das breiige Moor und schob seine Hände unter die Arme des leblosen Körpers.
    »Ziehen! Langsam!«
    Auf dem Weg stemmten sich die drei anderen gegen den festen Boden und zogen an den Beinen. Die Gelenke knackten, sie ließen nach.
    »Weiter!« schrie der Unteroffizier.
    »Wir ziehen dir die Beine aus, Franz.«
    »Idioten! Und wenn ich 3 cm länger werde … zieht doch! Ich habe ihn doch gepackt. Er kommt hoch! Zieht doch …«
    Strakuweits Kopf begann zu röcheln. Die Ohnmacht glitt von ihm … er blickte um sich, schmerzverzerrt, mit weit aufgerissenem Mund.
    »Fritz!« röchelte er.
    Leskau beugte sich vor. »Ich bin da, Theo. Halt durch, alter Junge. Wir holen dich heraus … beiß die Zähne zusammen …« Tränen rannen ihm über das ausgelaugte Gesicht. Er achtete nicht darauf. Als er versuchte, mitzuhelfen, konnte er seine Arme nicht heben. Die Muskeln versagten einfach, sie reagierten nicht mehr auf den Befehl des Gehirns, sich zu straffen.
    Strakuweits Kopf bewegte sich hin und her. Seine Augen sahen am Schilf empor.
    »Wo ist der Vogel …«, stöhnte er. »Der schöne Vogel.«
    Der Küchenunteroffizier ließ den Kopf auf seine ausgespannten Arme sinken. Schweiß rann ihm über die Augen, in den Mund. Seine Glieder waren ausgestreckt … ein lebendes Seil, das eine Zentnerlast aus dem Sumpf zieht.
    »Der Kerl denkt jetzt noch an den Leutnant«, keuchte er. »Und schön nennt er ihn auch noch …«
    »Er konnte so schön singen …«
    »Halt die Fresse, Theo«, schrie der Unteroffizier. Er umkrallte die Achselhöhlen des langsam aus dem Moor Auftauchenden. »Noch ein Wort von Vogel und ich lasse los!«
    »Er war so bunt«, stöhnte Strakuweit. Seine Augen waren starr und sahen über die Männer hinweg. Durch Leskau zog ein eisiger Strom. Er ist irr geworden, empfand er schaudernd. Er hat den Verstand verloren. Theo, Mensch Theo … willst du so den Krieg überleben? In einer Irrenanstalt …
    »Ziehen! Zieht doch, ihr Schlappschwänze!«
    Mit keuchenden Lungen arbeiteten sie über zwanzig Minuten. Dann lag Theo Strakuweit auf dem Weg, und Leskau zog ihm das Messer aus der Brust.
    »Partisanen«, sagte der Küchenunteroffizier leise. Er hockte neben Strakuweit auf dem Boden und biß sich die Lippen blutig vor Schmerzen. Er konnte nicht mehr auftreten … wenn er seine Beine bewegte, knackte es in den Gelenken.
    Leskau beugte sich über das gelbe Gesicht des Freundes. Der Mund klaffte auf, die Zunge hing dick und scheußlich zwischen den Lippen hervor. Die glasigen Augen waren ohne Reaktion. Aber durch die Brust und die Adern lief ein leises Beben, kaum spürbar, nur wenn man die Hand flach auf die haarige Brust legte, war es, als zitterte die Haut.
    »Er lebt noch«, sagte Leskau glücklich. »Sofort zurück zum Troß!«
    Als sie in der Stellung ankamen, trat ihnen Hauptfeldwebel Kunze entgegen. Er hatte seitlich des Weges in einem Schilfdickicht gelegen und war zur rechten Zeit aus dem Versteck gekrochen, als er die deutschen Uniformen erkannte. Seinen Verpflegungssack ließ er im Schilf liegen.
    Er sah den schmutzigen Körper, den Leskau und zwei andere Soldaten zwischen sich trugen, und erkannte Strakuweit.
    »Nanu?« sagte

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