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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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den Kopf ging, machte jemand die Bemerkung, dass ausgerechnet der Übelste und Fieseste aus Nixons Vollstreckerbande im Weißen Haus – Charles »Tex« Colson – von dem knappen Dutzend Nixon/CREEP-Figuren, die richtig tief in den »Watergate-Skandal« verstrickt waren, vermutlich der Einzige sein würde, der aller Wahrscheinlichkeit nach nicht hinter Gittern landen, ja noch nicht einmal angeklagt werden würde.
    Es war eine lange Unterhaltung, bei der kaum ein Blatt vor den Mund genommen wurde und an der sich im Verlauf von etwa einer Stunde die verschiedensten Leute beteiligten – Journalisten, Politiker, andere Gäste – und die sich, soweit ich mich entsinne, schließlich auf eine Frage konzentrierte, für die ich versuchte, ein paar Wetten abzuschließen: Wie viele der Hauptfiguren in der Watergate-Affäre würden wohl wirklich hinter Gittern landen?
    Die Antworten variierten zwischen meiner Einschätzung, dass nur Magruder und Dean lange genug leben würden, um wirklich im Gefängnis zu enden, während Mankiewicz tönte, dass »alle bis auf Colson« vor Gericht gestellt, schuldig gesprochen und zu Haftstrafen verurteilt würden, um anschließend tatsächlich in den Knast zu wandern.
    (Sämtliche an dieser Unterhaltung beteiligten Personen werden diesen Umstand natürlich leugnen – ja sogar abstreiten, davon überhaupt etwas mitbekommen zu haben. Sei’s drum. Wen kümmert’s? Stattgefunden hat sie jedenfalls, wenn auch in diversen Etappen, verteilt über zwei oder drei Tage und verschiedene Lokalitäten, doch die Saat dafür wurde gelegt in den frühen Morgenstunden, als die Party bei McGovern am Ausplätschern war … wobei ich mich allerdings nicht erinnern kann, dass George selbst sich daran beteiligt hat oder selbst nur in Hörweite der Diskussion gewesen wäre. Er hat es mittlerweile geschafft, dass es seine Freunde keine allzu Überwindung mehr kostet, ihn wenigstens in der lockeren Atmosphäre seiner eigenen vier Wände »George« zu nennen, aber so weit geht die neue Vertrautheit dann nun doch nicht, dass man ihn in etwas hineinziehen würde, woraus ein fanatischer, von Nixon ins Amt gehievter Spinner im Justizministerium eine kriminelle Verschwörung mit dem Ziel eines gemeinschaftlich begangenen Mordes konstruieren könnte – und das nur aufgrund einer Reihe schnapsgetränkter Unterhaltungen zwischen Journalisten, Politikern und anderen halb besoffenen Zynikern. Jeder, der mal spätnachts in einer Motelbar eine Horde Wahlkampfberichterstatter erlebt hat, weiß, dass man deren Gefasel nicht ernst nehmen kann … aber nachdem ich die Besprechungen zu meinem Buch über den 72er-Wahlkampf gelesen habe, scheint es mir beinahe so, als würden die Leute alles glauben, solange es nur in ihr vorgefertigtes Weltbild passt.)
    Und das war’s dann zu diesem Thema.
    Was wird Nixon als Nächstes tun? Das ist die Frage, die sämtlichen Kaffeesatzlesern in Washington unter den Nägeln brennt – von der Bar des National Press Club über die Edelholz-Sauna des Senats bis zu den unzähligen Cocktailpartys für die oberen Zehntausend in den Vororten wie Bethesda, McLean, Arlington, Cabin John und vor allem in dem schattig-kühlen Weißengetto im Nordwestquadranten der Stadt. In Georgetown beispielsweise braucht man nur einen Fuß in Nathan’s Tavern an der Ecke M Street und Wisconsin zu setzen, und schon wird man verstrickt in eine Diskussion über »Nixons Strategie«, selbst wenn man das Thema mit keinem Wort erwähnt hat. Man braucht nichts weiter zu tun, als am Tresen zu stehen, sich ein Bier zu bestellen und einen interessierten Eindruck zu machen, der Rest passiert dann ganz von allein. Die Luft in Washington ist förmlich geladen von den unglaublich weitreichenden Konsequenzen im Gefolge von »Watergate«.
    Tausende hoch bezahlte Jobs hängen davon ab, was Nixon als Nächstes tut. Es hat Auswirkungen darauf, was Archibald Cox plant, ebenso wie darauf, ob die »Uncle Sam« Anhörungen nach dem Labor-Day-Wochenende weiterhin in voller Länge im Fernsehen übertragen werden, oder nur noch Zusammenschnitte gezeigt werden beziehungsweise die Live-Berichte ganz eingestellt werden, wie Nixon fordert.
    Die Schlaumeier unter den Reichen sagen, dass die »Watergate-Anhörungen« de facto beendet sind – nicht nur weil Nixon eine Kampagne dagegen anzettelt, sondern weil jeder gewählte Politiker in Washington davor zittert, was das Ervin-Komitee bereits jetzt als sogenannte »dritte Phase« der Untersuchungen

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