Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Nachmittag stellte und die mich schon seit über einem Jahr beschäftigte, drehte sich darum, wie er es fertigbrachte, mit merkwürdigen Leuten wie mir und Rick Stearns befreundet zu sein, und vor allem, wie er es fertigbrachte, guten Gewissens und bester Laune in aller Öffentlichkeit mit einem weithin bekannten Monster, dessen unverbrämte »Sympathiebekundungen« für Richard Nixon ebenfalls allseits bekannt waren, am Pool des Watergate herumzusitzen – oder ein- bis zweimal pro Woche mit Rick Stearns Poker zu spielen, dessen politische Ansichten den seinen ähnlich diametral entgegenstehen wie meine. Er zuckte nur grinsend mit den Schultern und knackte eine weitere Dose Bier. »Ach, ja, wir sind halt beide Ideologen, und wir kommen besser miteinander klar als andere Leute. Mir fällt nichts ein, worin Rick und ich einer Meinung wären, aber ich mag ihn trotzdem und ich respektiere seine Ehrlichkeit.«
    Irgendwie eine merkwürdige Konstellation – die äußerste Rechte und die äußerste Linke, die ausgerechnet am Pool des Watergate eine gemeinsame Basis finden. Erst recht, wenn einer von ihnen der Redenschreiber von Nixon ist und die meiste Zeit damit zu tun hat, seinen Chef davor zu bewahren, wie ein Stein im Morast zu versinken, und dabei ab und an vom Weißen Haus als dem Bunker spricht.
    Nach dem sechsten oder siebten Bier erzählte ich ihm davon, dass ein paar Freunde und ich vor einigen Abenden Pläne geschmiedet hatten, zu Colson nach Hause zu fahren, ihn zu entführen, mit einem Seil an einem riesigen goldenen Oldsmobile Cutlass festzubinden und ihn die Pennsylvania Avenue entlangzuschleifen. Buchanan lachte nur und sagte etwas in der Richtung von: »Colson ist ein harter Bursche. Der hätte womöglich sogar seinen Spaß dabei.« Und dann fügte er, Colson betreffend, noch hinzu: »Aber du weißt ja, dass er eigentlich gar kein richtiger Konservativer ist.«
    Und genau das ist der Unterschied zwischen den beiden Lagern der Republikaner. Das ist es, was Barry Goldwater von Richard Nixon unterscheidet. Ähnlich wie die Humphrey-Anhänger von den McGovern-Anhängern bei den Demokraten. Hier der ideologische Flügel, dort die Pragmatiker. Wobei man bei Buchanan noch nicht einmal sicher sein kann, dass er Richard Nixon überhaupt für einen echten Konservativen hält.
    Meine merkwürdigen, gewaltgetränkten Auslassungen über Colson schienen ihn prächtig zu amüsieren. »Ich will nur eins klarstellen«, versicherte ich ihm. »Wenn du glaubst, du könntest mich wegen einer kriminellen Verschwörung auffliegen lassen, denk dran, dass ich dich gerade eben eingeweiht habe.« Er lachte erneut und meinte irgendwas in der Richtung, für eine kriminelle Verschwörung müsse zumindest eine »vollendete Straftat« vorliegen, doch ich beeilte mich dennoch hinzuzufügen, dass ich keine Ahnung hätte, wo Colson wohnte, es auch gar nicht wissen wollte, sodass, selbst wenn wir den Drecksack mit einem goldenen Oldsmobile Cutlass mit hundert Stundenkilometern die Pennsylvania Avenue entlang schleifen wollten, wir zumindest an jenem Abend keine Ahnung hatten, wo wir ihn finden konnten, und dass wir sowieso, bevor wir richtig loslegen konnten, auf der Connecticut Avenue in einen schwarz-goldenen Cadillac gerasselt und uns plötzlich mit einem ziemlichen Mob erboster Schwarzer konfrontiert sahen, wodurch sämtliche Rachepläne Colson betreffend abgewürgt wurden. Ich war viel zu beschäftigt, aus dem Schlamassel wieder herauszukommen und zu vermeiden, zu Brei geprügelt zu werden, nur weil wir mit unserem gemieteten Cutlass eine kleine Delle in der Stoßstange des Cadillac verursacht hatten.
    Was uns wieder zurückbringt zu dem Unfallbericht an Mr. Roach von der Geschäftstelle Mid-Atlantic der Avis-Autovermietung in Arlington. Der Unfall ereignete sich gegen halb vier morgens, als entweder Warren Beatty oder Pat Caddell die Tür des goldenen Oldsmobile Cutlass öffnete, den ich zuvor am Dulles Airport gemietet hatte, und damit gegen die Stoßstange eines mächtigen schwarz-goldenen Cadillac Cabrio krachte, der vor einem die ganze Nacht geöffneten Restaurant mit Namen Anna Maria’s auf der Connecticut Avenue parkte. Damals schien es nur eine Kleinigkeit, aber rückblickend betrachtet hat es uns – McGovern eingeschlossen – möglicherweise eine Menge ziemlich fiesen Ärger erspart.
    Denn in den späten Stunden des besagten Abends, als die Getränke ihre Wirkung taten und die Leute hemmungslos ausplauderten, was ihnen durch