Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)
Institution zu deponieren und bei dieser Gelegenheit eine Reihe von Dokumenten zu stehlen, die er für verfänglich erachtete. Mittlerweile behauptet Colson, das mit der Brandbombe sei »nur ein Scherz« gewesen, doch Caulfield nahm seine Worte damals so ernst, dass er zu John Dean, dem Berater des Weißen Hauses, ging und erklärte, er würde sich weigern, weiterhin mit Colson zusammenzuarbeiten, denn dieser sei »verrückt«.
Verrückt? Tex Colson?
Zum Teufel, nein. »Er ist der fieseste Bursche in der amerikanischen Politik«, sagt Nixons Redenschreiber Pat Buchanan, während er neben dem Swimmingpool des Watergate sitzt, wo er ein Apartment hat, und mir träge über den Rand der Bierbüchse in seiner Hand zulächelt. Buchanan ist einer der wenigen Leute mit Humor in Nixons Administration. Er ist so weit rechts, dass er Colson abschätzig als »Liberalen aus Massachussetts« bezeichnet. Buchanan ist einer der wenigen, wenn nicht der Einzige aus Nixons Stab, der Freunde auf der anderen Seite des politischen Spektrums hat. Irgendwann einmal, ich weiß nicht mehr warum, erwähnte ich seinen Namen im Hauptquartier von McGoverns Team, worauf Rick Stearns, der stramme Linksausleger der Mannschaft, amüsiert lachte und sagte: »Wir sind ziemlich gute Freunde. Pat ist der Einzige aus diesem Sauhaufen, der Prinzipien hat.« Als ich dies einem anderen McGovern-Mitarbeiter gegenüber erwähnte, blaffte der nur: »Klar, kann schon sein … so wie Joseph Goebbels. Der hatte auch Prinzipien.«
Meine eigene Geschichte mit Pat Buchanan geht zurück auf die Vorwahlen in New Hampshire im Wahlkampf 1968, als Nixons Aussichten auf ein Comeback noch ziemlich trübe waren. Wir brachten acht Stunden in einem Hotelzimmer in Boston damit zu, eine halbe Gallone Old Crow niederzumachen und dabei heftige politische Diskussionen zu führen: Soweit ich mich erinnerte, stellte ich ihm immer wieder die Frage, wieso jemand mit einem anscheinend wachem Verstand sich mit jemandem wie Nixon einlassen konnte. Es war klar, dass Buchanan mich schon damals für völlig durchgeknallt hielt, und meine abschätzige Haltung Nixon gegenüber – ein hoffnungsloser Penner, der nie auch nur einen Blumentopf gewinnen würde – ihn in erster Linie belustigte.
Acht Monate später, am Ende eines der merkwürdigsten und brutalsten Jahre in der amerikanischen Geschichte, war Richard Nixon Präsident und Pat Buchanan einer seiner beiden Top-Redenschreiber – neben Ray Price, dem Vertreter des gemäßigten Flügels im Weißen Haus. Wir haben uns dann jahrelang nicht gesehen und sind uns erst 1972 wieder begegnet, als ich über den McGovern-Wahlkampf berichtete und Ron Ziegler mich nicht im Presseflugzeug von Nixon mitfliegen lassen wollte. Damals war es Pat, der dafür sorgte, dass die Sicherheitsleute des Weißen Hauses mich doch an Bord ließen, wo mir dann ein Platz unter den Presseleuten des Weißen Hauses zugewiesen wurde und ich mich während eines drögen Fluges entsetzlich langweilte. Pat Buchanan war es auch, der das Akkreditierungsgespräch mit Garry Willis führte und ihm einen Platz in Nixons Wahlkampftross von 1968 verschaffte – ein Akt der Prinzipientreue, der ein extrem unfreundliches Buch mit dem Titel Nixon Agonistes [in etwa: »Die Nixon-Katalysatoren«] nach sich zog.
Also erschien es mir – da ich mitten in diesem stinkenden Watergate-Sommer wieder in Washington gelandet war – nur logisch, Buchanan anzurufen und zu fragen, ob er nicht Lust hätte, sich mal nachmittags zu treffen und ein Dutzend Drinks zu zischen, falls es einen Tag gab, wo er nicht bis über beide Ohren im »Bunker«, wie er sich ausdrückt, des Weißen Hauses beschäftigt war. Price und Buchanan schreiben so gut wie alles, was Nixon von sich gibt, und dieser Tage sind sie noch stärker beschäftigt als sonst – wobei sie in erster Linie allerdings darüber brüten, was er nicht sagen soll. Und so kam es, dass ich fast einen ganzen Sonntagnachmittag lang mit Pat unter einem Sonnenschirm an einem Tisch am Pool des Watergate lümmelte und wir uns ganz entspannt über Politik im Allgemeinen unterhielten. Als ich ihn am Tag zuvor im Weißen Haus anrief, waren seine ersten Worte: »Ich bin gerade mit deinem Buch fertig geworden.«
»Oh, Gott«, erwiderte ich und dachte, dass unsere Beziehung damit natürlich für immer beendet war. Doch er lachte nur. »Klar, ist eins der lustigsten Bücher, die ich je gelesen habe.«
Eine der ersten Fragen, die ich ihm an jenem
Weitere Kostenlose Bücher