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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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für VIPs, wo ich den Roten Hai gegen ein weißes Cadillac Cabrio tauschte. »Dieser gottverdammte Chevy hat mir eine Menge Ärger gemacht«, sagte ich. »Ich habe das Gefühl, dass die Leute sich über mich lustig ma chen – besonders an Tankstellen –, weil ich extra aussteigen muss, um die Motorhaube von Hand zu öffnen.«
    »Ja … aber natürlich «, sagte der Mann hinter der Theke. »Was Sie meiner Meinung nach brauchen, ist eine von unseren Mercedes-600-Spezial-Limousinen mit Klima-Anlage. Da können Sie sogar Zusatztanks haben, wenn Sie wollen; das lässt sich machen.«
    »Seh ich aus wie ein gottverdammter Nazi?«, fragte ich. »Ich will einen absolut normalen amerikanischen Wagen oder gar keinen!«
    Sie schafften den weißen Coupe de Ville sofort herbei. Alles war automatisch. Ich konnte vom rotledernen Fahrersitz aus jeden Zentimeter des Schlittens losspringen lassen, indem ich nur die jeweiligen Knöpfe drückte. Es war ein wundervolles Gerät: zehn Mille wert an Tricks, Kniffs und super-teuren Spezialeffekten. Die hinteren Scheiben sprangen auf Berührung hoch. Das weiße Leinenverdeck fuhr rauf und runter wie ein Wagen auf der Achterbahn. Das Armaturenbrett war voller Warnleuchten & Skalen & Messgeräten, die ich niemals verstehen würde –, aber ich hatte nicht den geringsten Zweifel, dass ich mich in einem außergewöhnlichen Qualitätsgefährt befand.
    Der Caddy war aus dem Stand nicht so schnell wie der Rote Hai, aber wenn er mal rollte – um die achtzig –, dann war’s die reine flotte Hölle. Dieser elegante gepolsterte Panzer zischte durch die Wüste, wie der alte California-Zephyr-Express durch die Mitternacht rollte.
    Nachdem ich den Wagen gemietet hatte, fuhr ich direkt ins Hotel. Noch immer kein Zeichen von meinem Anwalt, also entschloss ich mich, erst mal allein das Zimmer zu beziehen – um zumindest von der Straße weg zu sein und einen Kollaps in der Öffentlichkeit zu vermeiden. Ich ließ den Wal auf einem VIP-Parkplatz und torkelte in die Hotelhalle.
    Ich fühlte mich beobachtet. Ich hatte nur einen kleinen Lederbeutel dabei – eine handgearbeitete, nach meinen Wünschen angefertigte Tasche, die mir ein befreundeter Sattler in Boulder kürzlich gemacht hatte.
    Unser Zimmer war im Flamingo, im Nervenzentrum des Strip: direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite lagen Caesar’s Palace und The Dunes – Schauplatz der Drogenkonferenz. Die meisten Konferenzteilnehmer wohnten im Dunes, aber diejenigen von uns, die sich vornehm spät angemeldet hatten, bezogen Quartier im Flamingo.
    Der Laden war voll von Bullen. Das sah ich auf den ersten Blick. Die meisten von ihnen standen herum und versuchten lässig unauffällig auszusehen. Alle waren gleich angezogen: Vegas-Freizeitlook, im Ausverkauf erstanden – bunt karierte Bermuda-Shorts, Arnie-Palmer-Golfhemden und unbehaarte weiße Beine, die sich nach unten verjüngten und in gummierten »Strandsandalen« ausliefen. Ein Horror, da hineinzuspazieren – wie in eine Art Super-Showdown – fünf Minuten vor High Noon. Wenn ich nichts von der Konferenz gewusst hätte, wäre ich wahrscheinlich durchgedreht. Man hatte den Eindruck, dass jeden Moment irgendeiner in einem flammenden Kreuzfeuer niedergeschossen würde – vielleicht sogar die ganze Manson-Familie.
    Meine Ankunft war zeitlich schlecht gewählt. Die meisten der Bundes-Bezirksanwälte und sonstige Bullen-Typen hatten schon eingecheckt. Und diese Leute standen jetzt in der Halle herum und starrten grimmig auf die Neuankömmlinge. Was aussah wie das Showdown des Jüngsten Gerichts, war nichts als gut zweihundert Bullen auf Urlaub, die nichts Besseres zu tun hatten. Sie schenkten nicht einmal einander Beachtung.
    Ich watete zum Empfang und stellte mich in die Schlange. Der Mann direkt vor mir war ein Polizeichef aus irgendeiner kleinen Stadt in Michigan. Seine Agnew-mäßige Frau stand gut einen Meter rechts von ihm, während er sich mit dem Mann an der Rezeption stritt: »Hör mal, Freundchen – ich sagte schon, dass ich hier eine Postkarte besitze, auf der steht, dass ich eine Zimmerreservierung in diesem Hotel habe. Zum Teufel, ich bin zur Bezirksanwälte-Konferenz eingeladen! Ich habe schon für mein Zimmer bezahlt !«
    »Tut mir leid, Sir. Sie sind auf der ›Spät-Liste‹. Ihre Zimmerreservierung ist umgebucht worden zum … äh … Moonlight Motel, das am Paradise Boulevard liegt, ein sehr schönes Haus, nur sechzehn Blocks von hier entfernt, mit eigenem Swimmingpool und

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