Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)
wie sie ihn noch nie zuvor gesehen hatten. Ich überließ sie ihrem Schicksal. Sollten sie ruhig vor den Toren eines Schlosses, das sie nie betreten würden, toben & jammern.
Es geht zur Sache … Eröffnungstag vom Drogenkongress
»Im Namen aller Staatsanwälte dieses Bezirkes heiße ich Sie willkommen.«
Wir saßen ziemlich weit hinten in einer Menge von ungefähr 1500 Leuten im größten Festsaal des Dunes Hotel. Ganz weit vorn, von unserem Platz kaum erkennbar, eröffnete der geschäftsführende Direktor der Bundesvereinigung der Bezirksstaatsanwälte – ein Mann namens Patrick Healy, mittleren Alters, gepflegt, Marke erfolgreicher Geschäftsmann und Republikaner – den Dritten Bundeskongress über Narkotika und gefährliche Drogen. Seine Bemerkungen erreichten uns über einen Low-Fidelity-Lautspre cher, der sich auf einem stählernen Ständer in unserer Ecke befand. Ungefähr ein Dutzend weitere waren über den Raum verteilt, alle nach hinten gerichtet und weit oberhalb der versammelten Menge … wo man auch saß oder versuchte, sich zu verstecken, man blickte einem von diesen großen Lautsprechern ins Maul.
Das hatte eine eigenartige Wirkung. Die Leute in den jeweiligen Sektionen des großen Festsaals sahen sich veranlasst, auf die nächste Lautsprecherbox zu starren, anstatt die entfernte Person zu beachten, die ganz weit vorn auf dem Podium tatsächlich redete. Diese Lautsprecheranordnung, die aus dem Jahr 1935 hätte sein können, machte den Raum überaus unpersönlich. Etwas Bedrohliches und Autoritäres lag darin. Wahrscheinlich war dieses System von irgendeinem Hilfstechniker errichtet worden, der einem Sheriff zur Hand ging und ursprünglich in irgendeinem Drive-in-Kino in Muskogee, Oklahoma, gearbeitet hatte, wo die Geschäftsleitung sich keine Einzel-Lautsprecher für jeden Wagen leisten konnte, sondern zehn riesige Hörner aufgestellt hatte, auf Telegrafenpfählen über den Parkplatz verteilt.
Aber dazu waren die besten Techniker, die dem Bezirksstaatsanwälte-Bundeskongress in Vegas zur Verfügung standen, offensichtlich nicht in der Lage. Ihr Sound-System hätte auch von Ulysses S. Grant improvisiert sein können, um die Truppen während der Belagerung von Vicksburg anzusprechen. Die Stimmen vom Podium krächzten mit einer verzerrten, übersteuerten Eindringlichkeit, und die Verzögerung, mit der sie zu hören waren, reichte gerade, um die Worte des Sprechers auf verwirrende Weise asynchron mit seinen Gesten sein zu lassen.
»Wir müssen der Drogenkultur in diesem Lande Herr werden! … Herr werden … Herr werden … !« Das Echo trieb verzerrt nach hinten. »Die ›reefer‹-Kippe heißt ›roach‹, weil sie in ihrem Aussehen an eine ›cockroach‹ (Kakerlake) erinnert … Kakerlake erinnert … Kakerlake erinnert …«
»Was zum Teufel reden diese Leute da vorn?«, flüsterte mein Anwalt. »Man muss schon ganz schön auf Acid weggeflippt sein, um zu meinen, dass ein Joint wie ’ne Kakerlake aussieht.«
Ich zuckte die Achseln. Es war sowieso klar, dass wir hier in eine prähistorische Versammlung geraten waren. Die Stimme des »Drogenexperten« namens Bloomquist krächzte aus den Lautsprechern in der Nähe: »… und diese Erinnerungsphasen kann der Patient niemals voraussehen; er glaubt, es sei alles vorbei und fühlt sich sechs Monate völlig normal … aber dann, urplötzlich, fängt der ganze Trip von Neuem an.«
Mannomann, dieses teuflische LSD! Dr. E. R. Bloomquist, MD, war der Hauptsprecher, einer der großen Stars der Konferenz. Er ist der Autor eines Taschenbuchs mit dem Titel Marihuana , das – wenn man dem Umschlag Glauben schenken kann – »es sagt, wie es ist«. (Außerdem ist er auch noch der Erfinder der ›roach/cockroach‹-Theorie …)
Wie auf dem Buchumschlag zu lesen steht, ist er »Assoziierter Professor für Klinische Chirurgie (Anästhesie) an der University of Southern California School of Medicine« … und überdies »eine bekannte Autorität auf dem Gebiet des Missbrauchs gefährlicher Drogen«. Dr. Bloomquist »hat an bundesweit ausgestrahlten Fernsehdiskussionen teilgenommen, war ein Mitglied des Komitees für Rauschgiftsucht und Alkoholismus des Ärztekonsiliums der American Medical Association für Geistige Gesundheit«. Seine Weisheiten sind in Massenauflagen gedruckt und verbreitet worden, so sagt der Verleger. Er ist offensichtlich einer der Hauptakteure unter den zweitklassigen akademischen Geldschneidern, die zwischen 500 und 1000 Dollar für
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