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Die Romanow-Prophezeiung

Die Romanow-Prophezeiung

Titel: Die Romanow-Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: berry
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wollte es glauben. Mein Vater hätte dann einfach nur ›Diskriminierung‹ geschrien und vom Rednerpult herabgepoltert, wie schwer man einem erfolgreichen Schwarzen das Leben mache.«
    »In der Schule haben wir über amerikanische Rassenvorurteile gelernt. Dass Schwarze in der weißen Gesellschaft keine Chance hätten. Stimmt das?«
    »So war es, und mancher behauptet, das habe sich nicht verändert. Aber ich bin anderer Meinung. Dieses Land ist weit davon entfernt, vollkommen zu sein. Aber es ist ein Land der Möglichkeiten, wenn man seine Chancen nutzt.«
    »Haben Sie das getan, Miles Lord?«
    Er lächelte. »Warum machen Sie das?«
    Sie sah ihn verwundert an.
    »Dass Sie Vor- und Nachnamen verwenden.«
    »Einfach eine Gewohnheit. Ich wollte Sie nicht kränken.«
    »Nennen Sie mich Miles. Und um Ihre Frage zu beantworten, ja, ich sehe mich gerne als einen, der jede Chance genutzt hat. Ich habe intensiv studiert, und jeden meiner Erfolge habe ich mir hart erarbeitet.«
    32
    Moskau, 16.20 Uhr
     
    Hayes betrachtete Stefan Baklanow. Der Thronanwärter saß an einem Tisch mit seidenem Tischtuch den siebzehn Mitgliedern der Zarenkommission gegenüber. Der Große Saal im Facettenpalast war randvoll mit Zuschauern und Presseleuten, und in der Luft hingen Schwaden von blauem Qualm, da die Kommissionsmitglieder ständig rauchten.
    Baklanow trug einen dunklen Anzug und ließ sich durch die ausführliche Befragung nicht aus der Fassung bringen. Dies war sein letztes Erscheinen vor der Kommission, bevor am nächsten Vormittag über die drei Endkandidaten abgestimmt wurde. Neun Namen waren ins Rennen geschickt worden, von denen man dreien von vornherein keine Chance eingeräumt hatte. Zwei waren fragwürdig, vier galten jedoch unter Berücksichtigung der Blutsverwandtschaft und der Bestimmungen des Thronfolgegesetzes von 1797 als ernst zu nehmende Konkurrenten. Die Anfangsdebatte hatte sich auf die Heiratspraxis seit 1918 und die Verdünnung von Blutlinien konzentriert, die früher stark gewesen sein mochten. Jedem der neun Kandidaten hatte man ausreichend Zeit eingeräumt, vor der Kommission seine Sache zu vertreten und Fragen zu beantworten. Hayes hatte dafür gesorgt, dass Baklanow als Letzter vor der Kommission erschien.
    »Ich denke oft an meinen Ahnherrn«, sagte Baklanow mit tiefer, aber kräftiger Stimme ins Mikrofon. »In diesem Saal des Facettenpalasts kamen die Bojaren im Januar 1613 zusammen, um einen neuen Zaren zu wählen. Nach einem guten Jahrzehnt ohne Regenten war das Land von Kämpfen zerrissen. Die Gruppe, die damals zusammentrat, stellte konkrete Bedingungen auf, genau wie Sie, meine Herren. Nach langen Diskussionen und vielen verworfenen Vorschlägen wählte man einstimmig einen sechzehnjährigen Edelmann – Michael Romanow. Interessant dabei ist, dass man ihn im Ipatiew-Kloster fand, wo also die Herrschaft der Romanows begann, und dass es – dreihundert Jahre später – ein anderes Ipatiew-Haus war, das ›Haus für Sonderzwecke‹, wo die Herrschaft der Romanows endete.« Baklanow hielt inne. »Zumindest zeitweilig.«
    »Aber wurde Michael nicht nur deshalb ausgewählt«, fragte eines der Kommissionsmitglieder, »weil er einverstanden war, sich vor jeder Entscheidung mit den Bojaren zu beraten? So gab er der Duma der Bojaren wesentliche Züge einer Nationalversammlung. Haben Sie ebenfalls diese Absicht?«
    Baklanow rutschte auf seinem Stuhl herum, doch sein Gesicht blieb freundlich und offen. »Das war nicht der einzige Grund für die Wahl meines Vorfahren. Vor der Stimmabgabe machte man ein Meinungsbild und stellte fest, dass Michael Romanow allgemeine öffentliche Unterstützung genoss. So ist es auch hier, wertes Mitglied der Kommission. Alle Meinungsumfragen weisen darauf hin, dass das Volk meine Einsetzung befürwortet. Aber, um nochmals direkt auf Ihre Frage einzugehen, Michael Romanow lebte in einer anderen Zeit.
    Inzwischen hat Russland es mit der Demokratie versucht, und Tag für Tag haben wir die Ergebnisse vor Augen. Wir sind als Nation nicht daran gewöhnt, unserer Regierung zu misstrauen. Demokratie bedeutet eine ständige Herausforderung, und darauf hat unsere Geschichte uns nicht vorbereitet. Hier erwartet das Volk, dass die Regierung sich mit dem Leben eines jeden Einzelnen befasst. Im Westen predigt man das Gegenteil.
    Seit dem Jahr 1917 hat dieses Land keine Größe mehr gesehen. Wir hatten einmal das größte Reich der Welt, doch inzwischen kann es ohne die Großzügigkeit fremder

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