Die Romanow-Prophezeiung
absetzen. Ein kühler Nebel wehte vom Ozean landeinwärts und jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Er bezahlte den Fahrer und folgte einem mit Backsteinen gepflasterten Weg zu einem Treppenvorbau aus Granit. Der Eingang wurde von zwei Marmorlöwen bewacht. Auf einem Bronzeschild an der steinernen Mauer stand: KONSULAT DER RUSSISCHEN FÖDERATION.
Er betrat ein Foyer mit goldbrauner Eichenholztäfelung, eleganten Skulpturen und Mosaikboden. Ein uniformierter Wächter schickte ihn ins Obergeschoss, wo Filip Witenka ihn erwartete.
Witenka schüttelte ihm die Hand und bot ihm einen mit Brokat bezogenen Lehnstuhl an. »Ich freue mich sehr, dass Sie sich zur Zusammenarbeit mit uns entschlossen haben, Mr. Lord. Meine Regierung wird sehr angetan sein.«
»Ich muss sagen, Mr. Witenka, dass allein schon der Gedanke, hier zu sein, mir Unbehagen bereitet. Aber ich dachte, dass ich tun sollte, was ich tun kann.«
»Ich erwähnte Ihr Widerstreben gegenüber meinen Vorgesetzten in Moskau, die enttäuscht reagierten, mir aber versicherten, dass nichts unternommen werden sollte, um Ihre Mithilfe zu erzwingen. Man versteht dort voll und ganz, was Sie durchgemacht haben, und bedauert die unglückseligen Ereignisse während Ihres Aufenthaltes in Russland.«
Witenka griff nach einem Päckchen Zigaretten, die ohne Zweifel die Ursache des eigentümlichen Geruchs waren, der im Raum hing. Er bot Lord eine Zigarette an, doch dieser lehnte ab.
»Mir wäre es auch lieber, wenn ich nicht so von diesem Genuss abhängig wäre.« Witenka hatte das Filterstück in einen langen, silbernen Zigarettenhalter gesteckt und zündete die Zigarette an. Dicke Rauchkräusel stiegen auf.
»Mit wem werde ich denn sprechen?«, fragte Lord.
»Mit einem Regierungsvertreter im Justizministerium. Er kannte Artemy Bely. Derzeit werden für Felix Oleg und einige andere Verdächtige Haftbefehle vorbereitet. Der Mann, mit dem Sie sprechen werden, ist die Speerspitze dieser Aktion. Weitere Fakten könnten jedoch helfen, das Vorgehen gegen diese Kriminellen hieb- und stichfest zu machen.«
»Wurde die Zarenkommission gewarnt?«
»Ihr Vorsitzender weiß Bescheid über die Vorgänge, aber wie Sie gewiss verstehen werden, wurde die Öffentlichkeit bisher nicht informiert. Das würde die Untersuchung gefährden. Politisch scheint unsere Lage derzeit äußerst krisenanfällig zu sein, und die Kommission ist mit ihren Überlegungen in die entscheidende Phase eingetreten.«
Allmählich entspannte Lord sich ein wenig. Die Situation kam ihm nicht länger bedrohlich vor, auch bemerkte er nichts Verdächtiges in Witenkas Worten und seinem Verhalten.
Mit einem schrillen Läuten erwachte das Telefon auf dem Schreibtisch zum Leben. Witenka nahm den Anruf auf Russisch entgegen und gab Anweisungen, das Gespräch durchzustellen. Dann legte er den Hörer auf und drückte eine Taste. Nun ertönte eine Stimme aus dem Lautsprecher.
»Mr. Lord, mein Name ist Maxim Zubarew. Ich arbeite im Moskauer Justizministerium. Ich hoffe, Sie hatten einen angenehmen Tag.«
Lord fragte sich, woher der Anrufer wusste, dass er Russisch sprach, nahm aber an, Witenka habe diese Information an ihn weitergegeben. »Bisher ja, Herr Zubarew. Sie sind noch spät auf den Beinen.«
Im Lautsprecher war ein Glucksen zu hören. »Hier in Moskau ist es jetzt mitten in der Nacht. Aber diese Angelegenheit ist extrem wichtig. Wir waren äußerst erleichtert, als Sie in San Francisco auftauchten. Wir hatten schon befürchtet, Ihre Verfolger hätten Erfolg gehabt.«
»Wie ich hörte, waren die Typen eigentlich hinter Artemy Bely her.«
»Ja, Bely hat in meinem Auftrag unauffällig Nachforschungen angestellt. Ich mache mir Vorwürfe wegen seines Todes. Aber er wollte uns helfen. Zu spät habe ich bemerkt, wie weit die Verbindungen der Verräter reichen, und mein Herz schmerzt wegen dieses Versagens.«
Lord beschloss, so viel wie nur möglich in Erfahrung zu bringen. »Hat die Kommission ihre Unabhängigkeit verloren?«
»Wir haben noch keine endgültigen Beweise. Aber wir vermuten es. Wir hoffen allerdings, dass die Korruption begrenzt war und sich schnell bekämpfen lässt. Ursprünglich wurde angenommen, die Vorgabe der Einstimmigkeit würde einen solchen Missbrauch verhindern, aber ich fürchte, dass diese Bedingung das Ausmaß der Bestechungen doch eher vergrößert hat.«
»Ich arbeite für Taylor Hayes. Er ist ein amerikanischer Rechtsanwalt mit engen Beziehungen zu ausländischen Investoren in
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