Die Romanow-Prophezeiung
Einatmen, sondern auch das Ausatmen unmöglich, und der hochschießende Kohlendioxidpegel führte dazu, dass er langsam das Bewusstsein verlor. Kurz bevor die Dunkelheit ihn überwältigte, riss Oleg ihm das Band von der Nase.
Keuchend sog Lord seine Lunge mit Luft voll.
Mit jedem Atemzug rann ihm Blut in die Kehle. Er konnte es nicht ausspucken und schluckte es daher hinunter, sog weiter die Luft durch die Nase ein und kostete nun seinen Atem, den er bisher für selbstverständlich gehalten hatte, aufs Letzte aus.
»Die zweite Option ist nicht besonders angenehm, nicht wahr?«, fragte Oleg.
Wenn er gekonnt hätte, hätte er Felix Oleg mit bloßen Händen erwürgt. Ohne das geringste Zögern und ohne einen Hauch von schlechtem Gewissen. Wieder verrieten ihn seine Augen.
»Was für ein Hass. Sie würden mich jetzt am liebsten umbringen, nicht wahr? So ein Pech, dass Sie niemals Gelegenheit dazu bekommen werden. Wie schon gesagt, Sie werden sterben. Die einzige Frage ist, ob es schnell geht oder lange dauert. Und ob Akilina Petrowa Ihnen Gesellschaft leisten wird.«
Als Akilinas Name fiel, verhakte Lords Blick sich in Olegs Augen.
»Dachte ich mir doch, dass das Ihre Aufmerksamkeit wecken würde.«
Filip Witenka trat hinter Oleg. »Das geht aber jetzt zu weit! Als ich die Information an Moskau weitergab, war von Mord nicht die Rede.«
Oleg wandte sich zu ihm um. »Setz dich und halt die Klappe.«
»Was denken Sie eigentlich, mit wem Sie hier reden?«, blaffte Witenka ihn an. »Ich bin der Generalkonsul dieses Konsulats. Keiner von der Moskauer Milizija erteilt mir Befehle.«
»Der hier schon.« Oleg machte Hängelid ein Zeichen. »Schaff mir diesen Idioten aus dem Weg.«
Witenka wurde zurückgestoßen. Der Konsul befreite sich rasch aus Hängelids Griff und sagte: »Ich rufe Moskau an. Ich halte das hier für gänzlich unnötig. Irgendetwas stimmt hier nicht.«
Die Tür zum Büro ging auf, und ein älterer Herr mit einem länglichen, zernarbten Gesicht und runzligen Augen in der Farbe glänzend polierter Pennystücke trat ein. Er trug einen dunklen Geschäftsanzug.
»Konsul Witenka, keiner wird Moskau anrufen. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?«
Witenka zögerte einen Moment, während er diese Worte verarbeitete. Lord erkannte die Stimme. Er hatte sie eben im Lautsprecher des Telefons gehört. Witenka zog sich in einen Winkel des Büros zurück.
Der neue Mann trat vor. »Ich bin Maxim Zubarew. Wir haben uns eben unterhalten. Offensichtlich ist unsere kleine Finte schief gelaufen.«
Oleg trat zurück. Anscheinend hatte dieser ältere Herr hier das Kommando.
»Der Inspektor hat Ihnen ganz richtig gesagt, dass Sie sterben werden. Ich bedaure das, habe aber keine andere Wahl. Ich kann Ihnen aber versprechen, dass wir Fräulein Petrowa verschonen werden. Wir haben keinen Grund, sie mit in diese Sache hineinzuziehen, solange sie keine relevanten Informationen besitzt. Natürlich haben wir bisher nicht erfahren, was Sie eigentlich wissen. Ich werde jetzt veranlassen, dass Inspektor Oleg ihnen den Klebestreifen vom Mund nimmt.« Der ältere Herr machte Hängelid ein Zeichen, der sofort die Tür zum Gang schloss. »Sie können sich die Mühe sparen, gleich um Hilfe zu rufen. Dieser Raum ist schallisoliert. Aber vielleicht können wir uns ja gesittet unterhalten. Wenn ich überzeugt bin, dass Sie die Wahrheit sagen, werden wir Fräulein Petrowa in Ruhe lassen.«
Zubarew trat zurück, und Oleg riss Lord den Klebestreifen vom Mund. Lord bewegte die Kinnladen, um sie wieder beweglich zu machen.
»Besser, Mr. Lord?«, fragte Zubarew.
Lord erwiderte nichts.
Zubarew zog einen Stuhl heran und setzte sich Lord gegenüber. »Jetzt sagen Sie mir, was Sie am Telefon sagen wollten, bevor Sie das Gespräch abbrachen. Welche Beweise haben Sie für Ihre Überzeugung, dass Alexej und Anastasia Romanow die Machtergreifung der Bolschewiken überlebten?«
»Sie haben Baklanow gekauft, nicht wahr?«
Der Ältere seufzte. »Ich sehe nicht, inwiefern das von Bedeutung sein sollte, aber in der Hoffnung auf Ihre Kooperation will ich es Ihnen sagen. Ja. Derzeit könnte nur noch eines seine Krönung verhindern, nämlich das Auftauchen direkter Nachfahren Nikolaus II.«
»Was bezwecken Sie eigentlich damit?«
Zubarew lachte. »Es geht um Stabilität, Mr. Lord. Die Wiedereinsetzung eines Zaren könnte nicht nur meine Interessen massiv berühren, sondern auch die Interessen zahlreicher anderer Personen. Waren Sie denn nicht
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