Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Romanow-Prophezeiung

Die Romanow-Prophezeiung

Titel: Die Romanow-Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: berry
Vom Netzwerk:
erklärte Paschkow. »Und gleich morgen können Sie mit der Suche beginnen.«
    24
    Samstag, 16. Oktober
    16.45 Uhr
     
    Lord lenkte den verbeulten Lada über die Landstraße. Paschkow hatte ihm das voll getankte Fahrzeug und fünftausend US-Dollar überlassen. Lord hatte um amerikanische Währung statt um Rubel gebeten, weil, wie Paschkow am Vorabend selbst erklärt hatte, niemand wusste, wohin die Reise führte. Lord hielt das Ganze noch immer für Zeitverschwendung, doch nun, fünf Autostunden südlich von Moskau, fühlte er sich schon unendlich viel besser.
    Er trug Jeans und einen Pullover, nachdem es Paschkows Leuten problemlos gelungen war, seinen Koffer aus dem Wolchow zu holen. Er war ausgeruht, und eine heiße Dusche sowie eine Rasur hatten Wunder gewirkt. Auch Akilina sah erfrischt aus. Paschkows Männer hatten ihre Kleidung, ihren Pass und ihr Ausreisevisum beschafft. Zirkusdarsteller hatten ein unbegrenzt gültiges Visum.
    Sie hatte während der Fahrt die meiste Zeit geschwiegen. Bekleidet war sie mit einem Rollkragenpullover, Jeans und einer Wildlederjacke – ein Outfit, das sie, wie sie erklärte, im Vorjahr in München erworben hatte. Dunkle Farben und ein konservativer Stil standen ihr gut. Das hohe Revers betonte ihre schmalen Schultern und verlieh ihr einen Annie-Hall-Look, der Lord gut gefiel.
    Durch die Windschutzscheibe sah er Felder und Wälder vorüberziehen. Die schwarze Erde war so ganz und gar nicht mit dem roten Boden des nördlichen Georgia zu vergleichen. Diese Gegend hier war berühmt für ihre Kartoffeln. Belustigt rief Lord sich die Geschichte von Peter dem Großen in Erinnerung, der den Bauern per Erlass befohlen hatte, die seltsame Pflanze anzubauen. Erdäpfel hatte Peter sie genannt. Da Kartoffeln aber in Russland unbekannt waren, wusste auch der Zar nicht, welcher Teil der Pflanze geerntet werden musste. Als die Bauern in ihrer Verzweiflung alle Teile mit Ausnahme der Knollen durchprobierten, wurde ihnen übel. Wütend und enttäuscht verbrannten sie die gesamte Ernte. Erst als jemand das Innere der verkohlten Knollen versuchte, hatte die Pflanze eine neue Heimat gefunden.
    Ihre Fahrt führte sie durch mehrere heruntergekommene und verschmutzte Zentren der Metallverhüttung und Traktorenherstellung. In der Luft hing ein bitterer Geruch nach Kohle und Säure, und alles war voller Ruß. In der ganzen Region hatten in früheren Zeiten immer wieder Kämpfe getobt; Heiden hatten sich hier gegen Christen zur Wehr gesetzt, Fürsten um Macht gerungen und Tataren ihren Eroberungsdrang gestillt. Es war ein Ort, an dem, wie es ein Schriftsteller einmal formuliert hatte, russische Erde russisches Blut trank.
    Starodug war eine lang gezogene, schmale Stadt, die mit ihren Kolonnaden und ihren Holz- und Backsteinhäusern an die Zarenzeit erinnerte. Weiße Birkenstämme säumten die Straßen, und eine Kirche mit drei nachtblauen Zwiebeltürmen und goldenen Sternen, die in den letzten Strahlen der untergehenden Sonne glänzten, beherrschte das Zentrum. Heruntergekommene Häuser, aufgerissenes Straßenpflaster und ungepflegte Grünanlagen verbreiteten eine deprimierende Atmosphäre des Verfalls.
    »Haben Sie eine Idee, wie wir Kolja Maks finden können?«, fragte er Akilina, als sie langsam durch eine der Straßen rollten.
    Sie zeigte nach vorn. »Das dürfte wohl kein Problem sein.«
    Durch die schmutzige Windschutzscheibe sah er das Schild über dem Café Sneschinki, das Kuchen, Fleischpasteten und Eiskrem als Spezialitäten anpries. Das Lokal nahm das Erdgeschoss eines dreistöckigen Backsteinhauses mit auffälligen, mit Schnitzereien verzierten Fensterrahmen ein. Auf dem Schild stand auch: INHABER JOSIF MAKS.
    »Das ist ungewöhnlich«, bemerkte Lord.
    In Russland war es nicht üblich, Besitzverhältnisse derart offen darzulegen. Lord vergewisserte sich, dass keines der anderen Ladenschilder um ihn herum mit Namen versehen war. Er erinnerte sich auch an den Newski Prospekt in St. Petersburg und den Arbat in Moskau, wo in den Geschäften nur in den seltensten Fällen Preise, geschweige denn der Name des Herstellers zu finden waren – offenbar weitere Überbleibsel des Bolschewismus.
    »Das ist vielleicht ein Zeichen der Zeit«, meinte Akilina. »Für das Aufkommen des Kapitalismus – selbst hier in der russischen Provinz.« Ihr Lächeln verriet, dass dies ein Scherz sein sollte.
    Lord parkte den Lada, und sie stiegen aus, um im Dämmerlicht zum Café Sneschinki zurückzugehen. Der Gehsteig war

Weitere Kostenlose Bücher