Die Romantherapie: 253 Bücher für ein besseres Leben (German Edition)
fest, dass er das Gefühl für den Ball nicht verloren hat, und beschließt in diesem Augenblick der Hochstimmung, mit dem Rauchen aufzuhören und seine Zigaretten wegzuwerfen. Aber als er nach Hause kommt und seine schwangere Frau Janice gedankenlos trinkend vor dem Fernseher lümmeln sieht, wird er plötzlich wütend. Später erzählt er dem Pfarrer Eccles, dass er die Tatsache nicht aushält, dass er einst erste Garnitur war und jetzt – nun ja, eben zweite Garnitur. Und deswegen schmeißt er alles hin – beziehungsweise rennt davon wie ein Kaninchen.
Doch gleich trifft Rabbit auf jemanden, der weiß, dass das Weglaufen nicht funktioniert – zumindest nicht ohne einen bestimmten Plan. »Die einzige Möglichkeit, irgendwo anzukommen, ist, daß man sich überlegt, wo man hin will, bevor man losfährt«, gibt ein Tankwart zu bedenken, als Rabbit zugibt, nicht zu wissen, wohin er will. Und später erteilt ihm Tothero, sein ehemaliger Basketball-Coach (der sich nach einem Schlaganfall schwertut, die Wörter herauszubringen), eine letzte Lektion: »Recht und Unrecht fallen uns nicht vom Himmel runter. Wir, wir schaffen sie«, sagt er. Und dann: »Ausnahmslos … passiert ein Unglück, wenn man zwischen diesen nicht unterscheidet.« Bislang hat sich Rabbit noch keine Sekunde Zeit genommen, um über die Konsequenzen nachzudenken, die sein Weglaufen für andere Menschen haben könnte.
Und er tut es auch jetzt noch nicht. Bei uns kommt Totheros Weisheit in ihrer ganzen Wucht an, bei Harry jedoch nicht. Er will nicht zurück nach Hause, lässt sich hierhin und dorthin treiben. Sicherlich, wir empfinden auch Mitleid für Harry, aber uns ist relativ schnell klar, dass es gar 179 nicht so sehr sein Problem ist, Janice in die Fänge geraten zu sein, sondern nicht zu wissen, wie er ihr – und damit auch sich selbst – helfen soll. Stimmen Sie mit Tothero ein, sagen Sie erst Rabbit und dann sich selbst, was Sache ist. Es ist nämlich so, Rabbit: Besser, man bleibt an Bord des Schiffes, tut alles, um seine Lecks zu stopfen und es wieder auf Kurs zu bringen. Denn wenn man von Bord springt, landet man im Meer. Und wenn man derjenige war, der das Ruder in der Hand hatte, werden die anderen mit einem untergehen.
▶ Bindungsangst
▶ Fernweh
▶ Rastlosigkeit
Hoffnungslosigkeit
Jeder stirbt für sich allein
Hans Fallada
Niemand will ohne Hoffnung leben. Aber manchmal haben wir keine Wahl. All jene, die im eisernen Griff der Hoffnungslosigkeit gefangen sind, benötigen ein Buch, das weiß, wie es sich anfühlt. Hans Fallada, der Autor von Jeder stirbt für sich allein , versteht dieses Gefühl nur allzu gut. Gestatten Sie den Figuren in seinem ernüchternden Roman über das Leben im Dritten Reich, Sie zu begleiten, während Sie Ihrer eigenen Verzweiflung auf den Grund gehen. Beobachten Sie sie und lernen Sie von ihnen. Auch in den finstersten Winkeln gibt es hin und wieder einen Lichtblick.
Berlin leidet unter der Knechtschaft des Führers und seiner Schergen. Gegnern des Regimes – einschließlich all derer, die es versäumen, jeden zu melden, der sich dem Führer widersetzt – drohen gewaltsame Einschüchterung und Haft, gefolgt von Hinrichtung oder Internierung in einem der 180 gefürchteten Konzentrationslager. Als ihr einziger Sohn an der Front fällt, beginnen der Fabrikarbeiter Otto Quangel und seine Frau Anna ihre eigene Form des Widerstands: Sie verteilen Postkarten in der Stadt, auf denen sie ihre Mitbürger zum Kampf gegen die Nazis aufrufen.
Doch ihre Postkarten haben nicht die gewünschte Wirkung, sondern schüren nur noch mehr Angst und Paranoia unter der ohnehin schon eingeschüchterten Berliner Bevölkerung. Als den Quangels das bewusst wird, drohen sie noch tiefer in der Hoffnungslosigkeit zu versinken. Aber der Akt des Widerstands selbst hat sie bereits gerettet, denn er hat ihnen den moralischen Sieg geschenkt. Und wenn sie am Ende ihren Verfolgern gegenüberstehen, sind es die Quangels, die Hoffnung und sogar Freude erfahren. Nicht ihre Verfolger.
Die Quangels sind nicht die Einzigen, die sich auf diese Weise vor der Hoffnungslosigkeit retten. Dr. Reichhardt, Ottos Zellengenosse, gelingt dies, indem er so weiterlebt, wie er es immer getan hat: Er geht jeden Tag spazieren (auf und ab in seiner Zelle) und begegnet jedem, egal ob gut oder böse, mit Freundlichkeit und Güte. Eva Kluge, die ehemalige Postbotin, tut es, indem sie aus der Partei austritt, nachdem sie erfahren hat, dass ihr geliebter Sohn
Weitere Kostenlose Bücher