Die Romantherapie: 253 Bücher für ein besseres Leben (German Edition)

sein – ein Alkoven, ein Tipi, ein Arbeitszimmer oder hinter dem Vorhang vor dem großen Erkerfenster, wo Sie nach draußen sehen können, aber nicht gesehen werden. Wichtig ist, dass Sie nichts erspähen können, was Ihre Aufmerksamkeit ablenkt oder Sie an lästige Pflichten erinnert.
    Gestalten Sie Ihre Ecke schön warm und einladend. Wenn Sie es sich gern auf dem Boden gemütlich machen, legen Sie diverse Kissen und einen Fellteppich aus. Wenn Sie sich lieber im Liegen ausstrecken, gönnen Sie sich eine elegante Chaiselongue. Sie brauchen gute Beleuchtung in Ihrer Ecke, eine weiche Decke, Socken oder Hausschuhe, eine glatte Oberfläche, auf die sich ein paar Bücher stellen lassen, ein Lesetagebuch, einen Stift und eine Tasse Tee. Außerdem Ohrstöpsel sowie Kopfhörer für Hörbücher. Hängen Sie ein Schild vor Ihre Nische, das andere schonend davon abbringt, Sie besuchen zu wollen – es sei denn, Ihr Besuch will ebenfalls hereinklettern und lesen. Sobald Sie in Ihrer Ecke sind, vergessen Sie die Hausarbeit. Nehmen Sie sich diese Stunde für Ihr Buch. Mit ein bisschen Glück sieht Sie jemand lesen und übernimmt die Arbeit für Sie.

168 Heimgesucht werden
    Die Frau in Schwarz
Susan Hill

Menschenkind
Toni Morrison
    Sollten Sie zu denjenigen gehören, die von Geistern heimgesucht werden, leiden Sie vielleicht darunter, dass die anderen Ihre Heimsuchungen einfach nicht ernst nehmen wollen. Sollte es so sein, geben Sie ihnen Die Frau in Schwarz von Susan Hill zu lesen. Das Buch spielt in Eel Marsh House, einem einsam gelegenen Wohnsitz, der zweimal täglich durch die Gezeiten vom Festland abgeschnitten ist, und erzählt von der Heimsuchung des Arthur Kipps – er wird als Anwalt eigentlich nur einbestellt, um den Nachlass der kürzlich verstorbenen Hausherrin zu regeln, dann aber von einem extrem verbitterten Gespenst verfolgt. Dieser Roman schafft es unter Garantie, einem wiederholt Schauer den Rücken hinunterlaufen zu lassen, und auch wenn er Sie nicht von Ihrer eigenen Heimsuchung befreit, so bringt er Ihre Freunde sicher dazu, Ihrer Geschichte mit großen Augen zu lauschen.
    Ihnen selbst verschreiben wir Toni Morrisons pulitzerpreisgekrönten Roman Menschenkind . Sethe, eine ehemalige Sklavin, lebt mit ihrer heranwachsenden Tochter Denver zusammen – und mit dem Geist ihres eigenen toten Babys. An die Anwesenheit des boshaften Geistes, der Spiegel zerschmettert, Babyfingerabdrücke in die Geburtstagskuchenglasur macht und an der Haustür Pfützen roten Elends hinterlässt, durch die jeder Besucher waten muss, haben sie sich gewöhnt. Die meisten anderen Leute allerdings machen einen großen Bogen um das Haus und seine Bewohnerinnen. Aber als Sethes alter Freund Paul D nach achtzehn Jahren wieder auftaucht, scheint der Geist Ruhe zu geben. Zumindest so lange, bis er in menschlicher Gestalt wiederkehrt.
    Menschenkind – so ihr Name – entsteigt als vollständig bekleidete Erwachsene dem Fluss. Sie braucht ein paar Tage, um Kraft genug dafür zu sammeln, die Augenlider zu öffnen. In dieser Zeit trocknet ihr Kleid und ihre makellose, faltenfreie Haut gewöhnt sich an die Sonne. Menschenkind spricht sonderbar leise, ist ewig durstig und scheint übermenschliche Kräfte zu besitzen – immerhin kann sie ihre 169 ältere Schwester mit nur einer Hand hochheben. Aber sie ist keine positive Macht: Sie trinkt die Liebe ihrer Mutter wie die Milch, von der sie nicht genug bekommen hat. Sie drängt sich zwischen Paul und Sethe und bringt ihn gegen sein besseres Wissen und obwohl er sie nicht begehrt dazu, sie »da drin« anzufassen. Sie stopft das Leben in sich hinein wie eine Schmeißfliege. Uns ist klar: So kann es nicht weitergehen. Sethe ist zwar in der Lage, Menschenkind zu besänftigen – vorher muss sie sich aber mit einer belastenden Wahrheit abfinden.
    Liebe Geistergeplagte, fassen Sie sich ein Herz! Was auch immer Sie heimsucht: Man kann sich nicht nur damit konfrontieren, nein, man kann sogar damit sprechen, verhandeln, es sogar lieben. Falls Ihr Geist eine Zeitlang bei Ihnen wohnen, Ihr gesamtes Geld verbraten und Ihre Lieben aus dem Haus treiben möchte, dann ist es eben so. Wenn er sich erst mal wieder selbst im Griff hat, können Sie ihn dorthin zurückschicken, wo er hingehört.

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    Die Unermesslichkeit
David Vann
    Sie stehen auf einem Stuhl, den Schraubenzieher zwischen den Zähnen, eine Glühbirne in der einen, eine wilde Sammlung Schrauben in der anderen Hand und einen Hammer unter