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Die Romantherapie: 253 Bücher für ein besseres Leben (German Edition)

Die Romantherapie: 253 Bücher für ein besseres Leben (German Edition)

Titel: Die Romantherapie: 253 Bücher für ein besseres Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Berthoud
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allen ist Goethes Werther , das zartbesaitete 217 Seelchen, den seine aussichtslose Liebe zu Lotte – die zum Zeitpunkt des Kennenlernens schon glücklich mit einem anderen verlobt ist – schließlich in den verzweifelten Selbstmord treibt. Werther erdreistet sich sogar, sein Ableben so einzufädeln, dass Lotte ihm die Pistole schickt, die zum Instrument seines Todes wird. Was für eine Frechheit! Nach der Erstveröffentlichung dieses Romans im Jahr 1774 fingen sensible Künstlertypen von Ostende bis nach Neapel an, sich zu kleiden wie der junge Werther, und einige brachten sich entsetzlicherweise in Nachahmungsselbstmorden mit Pistole und aufgeschlagenem Buch um. Dieses Phänomen wurde als der ›Werther-Effekt‹ bekannt. Goethe war schnell bei der Hand, diese emotionsgetriebenen jungen Männer zu verurteilen (nun – jener ›Sturm und Drang‹ bereitete aber eben auch mit den Nährboden für den Erfolg seines Romans). Auch wir prangern an. Falls Sie den Verdacht hegen, ein Typ zu sein, der sich in der Tragik seiner unerwiderten Liebe suhlt, empfehlen wir Ihnen, einen großen Bogen um den Werther zu machen. Halten Sie sich lieber an Am grünen Rand der Welt .
    Dieser klassische Hardy-Roman, der in Hardys geliebtem Essex spielt, ist das beste Buch, um einem beizubringen, wie die Sache mit der Liebe geht – und wie nicht. Zu Beginn gibt es nur Missverständnisse. Bathsheba – hübsch, heiratsfähig, bald reich – ist eitel und egoistisch und spielt mit den Männern, wie es ihr passt. Gabriel Oak, der mit seinem strahlenden Lächeln eigentlich von der allerersten Zeile an liebenswert erscheint, ist in seinem Flirt-Ansatz etwas einfach gestrickt. Bathsheba macht ihn an, ohne den Worten Taten folgen zu lassen. Für Gabriel ist das ganz in Ordnung – und wir wissen ja bereits, dass ein Preis, der es wert ist, gewonnen zu werden, ein bisschen schwer zu kriegen sein muss. Die Valentinskarte jedoch, die Bathsheba ihrem Nachbarn William Boldwood in einem Moment unüberlegter Albernheit schreibt, erweist sich als Akt der Verantwortungslosigkeit, den sie ihr Leben lang bereuen wird. Denn die Karte setzt dem bis dato Bathsheba gegenüber ungerührten Boldwood den Floh ins Ohr, sie zu lieben, und schon 218 bald hat er sich kopfüber in einen Werther-haften Strudel unerwiderter Liebe gestürzt, in dessen Tiefen er sich ziemlich unnötig opfern wird.
    Bathshebas dritter Verehrer, Sergeant Troy, ist im Grunde seines Herzens ein guter Mensch, auch wenn er wie Bathsheba ein bisschen zu viel über sein Äußeres nachdenkt, was ja nie ein sympathischer Charakterzug ist ( ▶ Eitelkeit , ▶ Arroganz ). Aber er hat etwas auf dem Kerbholz, was ihn fast noch verachtenswerter macht als Bathsheba: Er hat nämlich eine von ihm schwangere Frau sitzen lassen. Gabriel Oak ist der Einzige, der sich bewährt, indem er eine klare Haltung einnimmt, als treuer Freund während des ganzen Durcheinanders mit den beiden anderen Männern zu Bathsheba hält und darauf wartet, dass Bathsheba seinen Wert erkennt – aber auch ihren eigenen unter Beweis stellt.
    Sollten Sie trotz allem nun aber darauf beharren, zumindest für eine gewisse Zeit in den Ekstasen und Torturen unerwiderter Liebe zu schwelgen, dann tun Sie das mit Turgenjews Erster Liebe . In dieser sonnendurchfluteten Novelle ist der sechzehnjährige Vladimir völlig vernarrt in die einundzwanzigjährige Zinaida. Sie wird von einer ganzen Handvoll Verehrer umschwirrt, und auch wenn sie Vladimir behandelt wie ihren jugendlichen Vertrauten, nimmt sie seine Avancen nicht im Entferntesten ernst. Sie spielt mit all ihren für sie entflammten Liebhabern – und erst ganz am Ende stellt sich heraus, zu wem sie sich wirklich hingezogen fühlt. Natürlich endet das Ganze in einer Tragödie. Ergötzen Sie sich zusammen mit Vladimir ein letztes Mal an Ihrer Liebe, aber beschließen Sie hiernach, Ihre Karten nah am Körper und für alle anderen nicht einsehbar zu halten. Nur so werden Sie das Rennen machen.
    Wenn die Liebe, die Sie empfinden, nicht erwidert wird, legen Sie in Ihrem törichten Überschwang mal eine Pause ein und stellen sich die folgende Frage: Haben Sie sich in Ihrem starken Verlangen nach Liebe unliebenswert gemacht, weil Ihnen die Selbstachtung abhanden gekommen ist? Sollte die Antwort hierauf »Ja« sein, wird es Ihnen nicht gelingen, mehr zu bekommen als ein schuldbewusstes »Nein«. Rei 219 ßen Sie sich zusammen. Blicken Sie sich selbst in die Augen und errechnen Sie Ihren Wert.

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