Die Romantherapie: 253 Bücher für ein besseres Leben (German Edition)

Vargas Llosa inspirieren. Jede Nacht nach seinen akribisch vorgenommenen abendlichen Waschungen schließt Don Rigoberto seine Frau Doña Lucrecia in die Arme und murmelt: »Fragst du mich nicht, wer ich bin?« Doña Lucrecia kennt das Spiel. »Wer, wer mein Liebling?«, antwortet sie mit gebotener Ungeduld. Und Don Rigoberto, ein Genussmensch und Kunstliebhaber, der sein Glück, in der Mitte des Lebens noch einmal die Liebe und eine Stiefmutter für seinen halbwüchsigen Sohn Alfonso gefunden zu haben, gar nicht fassen kann, fängt an, aus der Perspektive einer Figur auf einem berühmten Gemälde zu erzählen.
    Denn es macht ihn an, wenn Doña Lucrecia und er in ih 215 rer Fantasie in die Figuren auf diesen Gemälden schlüpfen. Eines Nachts ist er der König von Lydien, der wie auf dem Bild des flämischen Meisters Jacob Jordaens stolz die Vorzüge des ausladenden Hinterteils seiner Frau preist. In der nächsten erregt ihn François Bouchers »Diana im Bade«, und er stellt sich Lucrecia vor als die Göttin der Jagd, die ihren Körper mit Honig einreiben und ihre Zehen einen nach dem anderen von ihrer Liebhaberin lutschen lässt. In einer etwas anspruchsvolleren Nacht ist es Francis Bacons gequälter, unansehnlicher »Kopf I «, der ihre Säfte fließen lässt.
    Möglicherweise übertreiben sie es. Als sie als Venus in Tizians »Venus mit Amor und Musik« besetzt wird, wird Doña Lucrecia so sehr davon erregt, wie ihr Ehemann Cupido beschreibt, der sie mit seinen Flügeln »an den geeigneten Stellen« kitzelt und sich »auf der samtweichen Geographie ihres Körpers« wälzt, dass sie anfängt, schmutzige Gedanken hinsichtlich ihres Stiefsohns Alphonso zu hegen. Der goldhaarige Junge auf der Schwelle zu seiner erwachenden Sexualität ist nur zu begierig darauf, sie zu mehr anzustiften.
    Es ist auf jeden Fall nichts Falsches daran, sich aus Kunst und Literatur ein bisschen Inspiration zu borgen, um das Feuer des Begehrens in einem müden Ehebett wieder zu entfachen. Im Geiste eher von Don Rigoberto als von Doña Lucrecia empfehlen wir dies hier – und zusätzlich eine große Auswahl an literarischen Erotica unter ▶ Orgasmen, zu wenige . Wir hoffen, Sie finden etwas, das die Fenster Ihrer Wohnung beschlagen lässt.
    ▶ Orgasmen, zu wenige
    ▶ Sex, zu wenig

Liebe, unerwiderte
    Bel Canto
Ann Patchett

Die Leiden des jungen Werther
Johann Wolfgang von Goethe

Am grünen Rand der Welt
Thomas Hardy

Erste Liebe
Iwan Turgenjew
    Unerwiderte Liebe fließt als Einbahnliebe immer nur in eine Richtung. Ein gelungenes Beispiel dafür liefert Ann Patchett in ihrem Roman Bel Canto (unsere Therapie für ▶ Der/die Richtige; auf der Suche nach ihm/ihr sein ). In der Klemme benachbarter Sitze auf einem Achtzehnstundenflug bricht aus dem jungen schwedischen Klavierbegleiter der berühmten Sopranistin Roxane Loss das Geständnis unsterblicher Liebe für sie so heftig heraus, dass die Sängerin sich vor Fremdscham windet. Völlig aus dem Nichts und ohne jegliche zumindest freundschaftliche Basis oder gar gegenseitige Anziehung schießt dieses Geständnis massiv übers Ziel hinaus und kommt viel zu früh – und stinkt geradezu vor draufgängerischem Wagemut. »Die Liebe, die so schnell und auf so törichte Weise zu jedwedem Opfer bereit ist, ist immer die Liebe, die nicht erwidert wird«, schreibt Patchett. Wie soll das Objekt Ihrer Begierde Sie denn des Zurückgeliebt-Werdens wert genug finden, wenn Sie sich nackt wie ein Stück Fleisch zu seinen Füßen werfen?
    Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Klavierbegleiter sich buchstäblich selbst opfert – hat sich der arme Tropf doch tatsächlich in die masochistische Zerstörungskraft seiner hoffnungslosen Liebe verstrickt. Als die Terroristen, die die Sopranistin und ihr Publikum als Geiseln genommen haben, alle diejenigen freilassen wollen, die dringende medizinische Hilfe benötigen, hält der von der Liebe so heftig erwischte Mann den Mund, obwohl er mit seiner Diabetes nur durch regelmäßige Insulinspritzen überleben kann. Dennoch zu bleiben, um Roxane »zu beschützen«, bedeutet für ihn den sicheren Tod. Na, vielen Dank, du schwedischer Klavierbegleiter, dass du mir noch die Schuld an deinem Tod aufbürdest, könnte Roxane sehr zu Recht einwenden. Das nennst du Liebe?
    In der Literatur wimmelt es nur so vor ähnlich gequälten, törichten Typen, die aus Liebe zu einer Frau, die diese Liebe überhaupt nicht will, sterben. Kein schöner Anblick. Der Schlimmste von