Die Romantherapie: 253 Bücher für ein besseres Leben (German Edition)
einer Zeit, als der Autor selbst in bitterer Armut lebte und tief verschuldet war, während er zugleich versuchte, die Familie seines verstorbenen Bruders Michail zu unterstützen. In den Roman haben sich viele autobiographische Elemente und sicher auch persönliche Gefühlserlebnisse eingeschlichen. Der ehemalige Student Rodion Romanowitsch Raskolnikow wohnt in einer winzigen Kammer direkt unter dem Dach eines heruntergekommenen Mietshauses in St. Peters 316 burg. Er ist reizbar und mittellos; die Kleider, die er am Leib trägt, sind kaum mehr als Lumpen. Zudem neigt er dazu, Selbstgespräche zu führen. Aber er sieht gut aus, ist intelligent und stolz. Man könnte also meinen, er hätte gute Chancen. Doch von Anfang an besteht kein Zweifel, dass Raskolnikow etwas Furchtbares im Schilde führt – und tatsächlich hat er vor, die alte Pfandleiherin Aljona zu ermorden, um an ihr Geld zu kommen, und redet sich ein, dass ihr Handeln moralisch verwerflich und ihr Tod somit vertretbar sei. Dummerweise wird er bei seiner Tat von Aljonas Halbschwester Lisaweta überrascht, und im Eifer des Gefechts tötet er auch sie.
Die Wertgegenstände, die Raskolnikow aus der Wohnung stiehlt, versteckt er unter einem Stein. Doch schon bald plagen ihn Gefühle der Schuld, des Grauens und der Scham angesichts dessen, was er da getan hat. Auch ist er ein schlechter Lügner, und der Untersuchungsrichter Porfiri Petrowitsch, der ihn mehrere Tage lang verhört, hat allen Grund, ihn zu verdächtigen, denn Raskolnikow leidet unter Fieberträumen, streift ruhelos durch St. Petersburg und zieht die Aufmerksamkeit der Polizei auf sich. Doch dann gesteht ein anderer den Mord, und Raskolnikow könnte tatsächlich ungeschoren davonkommen, wenn da nicht sein Gewissen und die Freundschaft zu der klugen Sofja wären, die weiß, was aus einem Leben unter der Last von Schuldgefühlen werden kann.
Dostojewskis Schilderung der Leiden dieses jungen Mannes ist faszinierend und zugleich schmerzlich zu lesen. Es ist hauptsächlich Sofjas Verdienst, dass Raskolnikow überlebt. Wenn Sie selbst keine Sofja in Ihrem Leben haben, leihen Sie sich die von Raskolnikow. Gestehen Sie, tun Sie Buße, befreien Sie sich von Ihrer Schuld. Nur dann haben Sie die Sofjas dieser Welt auch verdient.
317 Leseleiden: Schuldgefühle, lektürebezogene
Therapie: Feste Zeiten für Lektüre festlegen
Sie haben sich den gerade erschienenen Roman gekauft, über den alle reden. Verführerisch blinzelt er Ihnen vom Regal neben Ihrem Bett zu. Sie haben auf jeden Fall vor, ihn zu lesen. Alle Ihre Freunde lesen ihn. Aber irgendwie scheinen Sie ihn nie … wirklich … zu lesen. Manchmal ist das ein Problem des Übereifers. Aus einer Laune heraus beschließen Sie, dass es an der Zeit ist, Unendlicher Spaß in Angriff zu nehmen. Oder sämtliche Gewinner des Booker Prize seit seiner Erstvergabe zu lesen. Aber, wenig erstaunlich: Sie fangen nie damit an.
Die Lösung für dieses Problem ist, in Ihrem Wochenplan regelmäßige Lektürezeiten festzulegen. Halten Sie sich eine Mittagspause pro Woche zum Lesen frei – auch wenn es nur eine halbe Stunde in einem Café in der Nähe Ihres Arbeitsplatzes ist. Reservieren Sie einen Abend pro Woche fix als Ihren Leseabend und verkünden Sie das jedem, mit dem Sie zusammenleben. Trennen Sie klar einen Teil des Wochenendes ab – zu Beginn vielleicht nur eine Stunde, sobald Ihre Lesemuskeln dann gekräftigt sind, zwei. Sie werden feststellen, dass Sie langsam gute Lesegewohnheiten entwickeln. Und ehe Sie es sich versehen, haben Sie Ihre lektürebezogenen Schuldgefühle gegen diverse andere Arten von Schuldgefühlen getauscht: Hausarbeitsschuldgefühle, Nicht-mit-dem-Hund-rausgegangen-Sein-Schuldgefühle, Hobbykellerschuldgefühle … Wir könnten noch so einiges aufzählen – aber wir müssen jetzt leider lesen gehen.
318 Schwangerschaft
Schön macht's nicht, aber glücklich
Leonie Jakobs
Schwangerschaft. Wieso taucht dieses Stichwort in der Romantherapie auf? Schwangerschaft ist doch keine Krankheit, der abzuhelfen ist! Nein, ist es nicht. Aber ein sehr spezieller Zustand, in dem man gute Lektüre verdammt nötig hat. Und übrigens ist das einer von den drei blödesten Sprüchen, die Schwangere zu erdulden haben. Wenn Sie an den anderen beiden Sprüchen und an einer entspannten, amüsanten und vor allem undogmatischen Darstellung des Themas Schwangerschaft interessiert sind, lesen Sie Schön macht's nicht, aber glücklich von Leonie
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