Die Rose der Highlands
weiteren Schritt von ihm.
»Wer immer ich für Euch sein soll«, antwortete er rätselhaft. Er wurde ernst, und sein Gesicht veränderte sich, als trüge er plötzlich ebenfalls eine Maske.
»Bitte, geht«, brachte sie mühsam hervor.
Er lächelte sie seltsam traurig an und ging. Ratlos starrte sie auf die geschlossene Tür.
Captain Thomas Henry Harrison stand vor dem Haus, in dem Alison Fulton damals gewohnt hatte, und fürchtete sich mehr als je zuvor in seinem Leben. Nicht einmal vor einer Schlacht war er so unsicher gewesen. Tatsächlich erschien ihm der Krieg ein Leichtes im Vergleich mit der Aufgabe, die er sich hier gestellt hatte.
Er schnippte einen Fussel von seinem Ärmel und zupfte an seinem Hemd, reckte den Hals, bis der Kragen sich nicht mehr so anfühlte, als würge er ihn. Dann hob er die Hand zu dem Türklopfer aus Messing, ließ sie jedoch wieder sinken und trat einen Schritt zurück.
Das Haus, ein quadratischer Bau aus rotem Backstein, stand in einer belebten Straße von Inverness. Vier kleine Fenster mit wässrig wirkenden Scheiben blickten ihn aus weißen Rahmen an. Beiderseits der Tür blühten Blumen in winzigen Beeten.
Ein Zeichen des Bewohntseins, ebenso wie der Rauch, der aus dem Schornstein in den Abendhimmel hinaufstieg.
Er zwang sich, den Schritt wieder vorwärts zu tun, und diesmal packte er den Türklopfer wild entschlossen. Er schlug damit an die Messingplatte, aber so leise, dass es im Haus bestimmt niemand hören konnte. Der nächste Schlag war kräftiger, blieb jedoch ebenfalls unbeantwortet.
Wieder trat er zurück, wieder zupfte er an seinem Hemd, bückte sich und wischte mit der Hand ein eingebildetes Staubkorn von seinem Stiefel. Er sagte sich, dass er gehen sollte und zum Fort zurückkehren. Sein Auftrag war ausgeführt, das Schiff gemietet. Es gab nichts, was ihn noch in Inverness hielt.
Abschiednehmend legte er die Hand an die weiße Tür. Sie öffnete sich, und im ersten Moment dachte er, er hätte sie aufgestoßen. Doch nein, da war ihr geliebtes Gesicht, und es drückte die freudige Überraschung aus, die er empfand.
»Alison!«, flüsterte er.
»Thomas«, hauchte sie.
»Du siehst wohl aus.« Eine Untertreibung, dachte er. Sie war noch immer überirdisch schön mit ihrem goldenen Haar und den grünen Augen.
»Es sind Monate vergangen, Thomas«, schalt sie ihn. »Monate. Ohne ein Wort von dir. Keine Nachricht, kein Brief, nichts. Du hättest schon viel früher kommen sollen.«
Er blinzelte verwirrt.
Alison streckte die Hand aus und packte ihn beim Arm. Zwar reichte sie ihm nur bis zur Schulter, doch sie besaß genügend Kraft, um ihn zu sich heranzuziehen.
»Jetzt entkommst du mir nicht mehr, mein Liebster«, drohte sie ihm zärtlich.
Und zu seiner Verblüffung und Freude zog sie seinen Kopf zu sich herunter und küsste ihn, wie er es sich die ganze Zeit erträumt hatte.
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24
E s gab keinen Grund, sich mit Leitis zu treffen. Das sagte Alec sich in den folgenden zwei Wochen jedes Mal, wenn er schwach zu werden drohte. Und das geschah von Tag zu Tag immer häufiger.
Er war nicht besser als ein verliebter Halbwüchsiger, dachte er, über sich selbst amüsiert, unsicher und froh, ängstlich und glücklich.
Jede Bemerkung von ihr, jedes Lachen war ihm gegenwärtig, und die Erinnerung an ihr Liebesspiel begleitete ihn abends in den Schlaf, empfing ihn morgens, wenn er die Augen aufschlug und füllte die Zeit zwischen seinen verschiedenen Pflichten aus.
Wie er es auch drehte und wendete – irgendwann müsste er die Maskerade beenden. Es war offensichtlich, dass sie den Raben liebte, den Schlächter aber noch immer hasste. Und es war offensichtlich, dass sie sich weigerte, seine Identität zu akzeptieren. Sie verschloss bewusst die Augen vor allen Hinweisen. Die Leugnung war ihr Bollwerk gegen die unerbittliche Tatsache, dass er ein Engländer war und ein Mann mit dem Ruf eines Unmenschen.
Gottlob war er als Regimentsoberst und Festungskommandant den größten Teil des Tages beschäftigt. Er inspizierte Lieutenant Castletons Veränderungen in den Vorratslagern und billigte sie, schickte die Captains Wilmot und Monroe auf Patrouille, damit sie sich im Führen übten.
Heute hatte er die Aufgabe, Gericht zu halten.
»Habt Ihr etwas zu Eurer Verteidigung zu sagen?«, fragte er die beiden Männer, die vor dem Tisch standen.
»Nein, Sir«, antwortete der eine.
»Ich habe ihm nur die Flasche über den Schädel geschlagen, weil er etwas über meine
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