Die Rose der Highlands
lehnte sie sich an das Kopfteil der Wanne, schloss die Augen und genoss die Wärme, die sie umspülte. Die kleinen Freuden im Leben waren ebenso bedeutsam wie die Tragödien und Segnungen, dachte sie. Die Vollendung eines aufwendigen Musters auf ihrem Webstuhl, der Genuss zu essen, bis sie satt war, dieser ungestörte Moment in der Wanne – all das war es wert, auf seine Weise geschätzt zu werden.
Sie versuchte, nicht an Ian zu denken oder sich an ihre berauschenden, gemeinsamen Augenblicke zu erinnern. Diese Augenblicke würde sie später einzeln hervorholen und darin schwelgen wie in einer seltenen Süßigkeit.
Würde er mit ihr kommen? Er hatte es nicht gesagt, und sie hatte nicht danach gefragt. Es ging noch immer eine gewisse Zurückhaltung von ihm aus, als halte er etwas von sich geheim.
Was war mit Hamish? Würde er seine Meinung ändern oder halsstarrig darauf beharren hierzubleiben, bis sie fortsegelten und ihn zurückließen?
Anstatt sich weiter mit Fragen herumzuschlagen, die sie im Moment nicht beantworten konnte, machte sie sich daran, ihr Haar zu waschen, und spülte die Seife mit dem Wasser heraus, das Donald zusätzlich gebracht hatte. Dann stand sie auf, spülte auch ihren Körper ab, stieg aus der Wanne und griff nach dem Handtuch.
Als ihr Blick auf ihr Kleid fiel, runzelte sie die Stirn. So schmutzig, wie es war, könnte sie nicht ertragen, es jetzt anzuziehen. Kurz entschlossen kniete sie sich vor die Wanne, griff zu der Seife aus der Kaserne und wusch Kleid und Unterkleid. Dann holte sie den Stuhl von der Tür und drapierte beides darüber.
Anschließend ging sie zur Frisierkommode, nahm den Kamm, den sie ebenfalls Donald verdankte, und setzte sich auf die Bettkante.
Als es klopfte, hüllte sie sich züchtig in die Decke, bat Donald einzutreten und beugte sich weit nach vorne, um ihre Locken zu kämmen. Wie schön wäre es gewesen, wenn sie etwas von Doras nach Blumen duftendem Öl gehabt hätte!
Die Tür wurde geöffnet, und Stiefelschritte klangen hohl auf dem Holzboden.
»Ich bedaure, dass ich meinen Besuch nicht zur richtigen Zeit anberaumt habe, um Euch beim Baden zu sehen.«
Sie schreckte hoch, und der Kamm verfing sich in ihren Haaren. Der Colonel war untadelig gekleidet, sein scharlachroter Rock zu leuchtend in dem von Sonnenschein durchfluteten Gemach. Das strahlende Weiß der Rüschen an seinem Hemd zeugte von Donalds Gewissenhaftigkeit, ebenso der Glanz seiner braunen Stiefel. Er wirkte eindrucksvoll in der Uniform seines Landes und demonstrierte dessen Macht ebenso überzeugend.
Sie hielt die Decke mit einer Hand fest, während sie mit der anderen den Kamm aus ihren Locken zog. »Nun, was Ihr bedauert, begrüße ich«, erwiderte sie schnippisch.
Er lächelte, sagte jedoch nichts. Sie wünschte, er würde nicht so lächeln, sie nicht so unverblümt betrachten. Manchmal hatte sie das Gefühl, als kenne er all ihre Geheimnisse, als wisse er, was sie dachte.
Wenn er nur wie Sedgewick aussähe! Stattdessen sah er so gut aus, dass es ihr manchmal bei seinem bloßen Anblick den Atem verschlug.
Ob ihrer Gedanken verlegen, wendete sie den Blick ab.
»Falls Ihr gekommen seid, um mich danach zu fragen – ich brauche nichts«, sagte sie.
»Nein – das tut Ihr nicht«, gab er ihr recht.
Verblüfft sah sie ihn an.
Er kam auf sie zu, und ehe sie wusste, wie ihr geschah, berührte er mit seinen behandschuhten Fingern ihren Halsansatz, so zärtlich, dass sie eine Gänsehaut bekam.
Sie stieß seine Hand weg und zog die Decke bis zum Kinn hoch.
Er drehte sich wortlos um und ging auf die Tür zu.
»Warum werdet Ihr Schlächter genannt?«, fragte sie.
Er fuhr herum. Die Frage überraschte ihn offenbar ebenso, wie sie sie selbst überrascht hatte.
»Es ist leichter, einen Mann zu brandmarken als eine ganze Gruppe«, antwortete er.
Sie wartete darauf, dass er fortführe.
»Es gab fünf Richter in Inverness«, sagte er schließlich, »von denen jeder den Auftrag hatte, über das Schicksal der Männer zu entscheiden, die ihnen vorgeführt wurden.«
»Wart Ihr einer von ihnen?«
Er schüttelte den Kopf. »Mir oblag die Verantwortung dafür, dass die Urteile vollstreckt wurden.«
»Der Henker der Krone«, flüsterte sie. Es war noch schlimmer, als sie gedacht hatte.
»Wenn Ihr meint.« Er drehte sich wieder zur Tür und betrachtete das eisenbeschlagene Eichenholz, als biete es einen fesselnden Anblick. »Es gab einige, die Mitgefühl zeigten«, sagte er, »aber es war
Weitere Kostenlose Bücher