Die Rose der Highlands
oder?«
»Könnten wir das vielleicht später erörtern, wenn ich nicht in schwindelnder Höhe balancieren muss wie ein Vogel auf einem dünnen Ast?«
»Du hast Schwierigkeiten mit Höhe?« Sie schaute ihn an, als erstaune sie diese Entdeckung.
»Ich hatte kaum Gelegenheit für Spaziergänge an einer Felswand«, verteidigte er sich.
Als sie belustigt zu ihm auflächelte, beugte er sich zu ihr und küsste sie.
Leitis kam auf ihre Frage zurück. »
Hast
du noch andere Geheimnisse?«
Er überlegte kurz. »Ich mag kein Hammelfleisch«, sagte er dann. »Aber wir werden natürlich trotzdem Schafe haben, für deine Wolle. Und ich kann nicht singen.«
Sie streichelte seine Wange, drehte sich um und ging weiter. Es wurde nicht leichter, bemerkte er, doch solange er sich auf die Steilwand konzentrierte und nicht auf den Steilabfall zu seiner Rechten, war es erträglich.
Endlich hatten sie die Landbrücke erreicht, und der Weg führte steil nach oben.
»Wir müssen quer über das Tal.« Leitis deutete auf einen schmalen Teil des Talgrunds.
Er schaute zum Fort hinüber und überschlug die Entfernung.
Die Soldaten schienen nicht besonders wachsam zu sein, aber es war nie gut, einen Gegner zu unterschätzen. Überrascht erkannte er, dass die Engländer jetzt seine Gegner waren.
Langsam zog er seinen Rock aus, faltete ihn mit der Innenseite nach außen zusammen und ließ ihn in die Tiefe fallen.
»Er wäre zu leicht zu sehen«, beantwortete er Leitis’ fragenden Blick.
»Komm, wir machen ein Wettrennen«, forderte sie ihn heraus. »Ich werde dich bestimmt auch diesmal besiegen, wie ich es früher immer getan habe.«
»Im Innenhof war ich schneller als du«, erinnerte er sie.
Leitis raffte mit einer Hand ihre Röcke, und sie rannten los, über das Gras.
»Ich habe gewonnen!«, rief sie am Ziel, auf der anderen Seite, und er war froh, dass er sie hatte siegen lassen. Ihr vom Laufen gerötetes Gesicht, das in der Sonne rotgolden leuchtende Haar und ihre triumphierend strahlenden Augen waren bezaubernd und ihm seine angebliche Niederlage mehr als wert.
»Tu das nicht, Ian«, bat sie ihn, als er bei ihr ankam. »Nicht jetzt.«
Er war verwirrt. »Was soll ich nicht tun?«
»Mich so ansehen – weil ich dich dann küssen will.«
Er nahm sie in die Arme, und sie ließ mit einem seligen Seufzer geschehen, dass er sie seinerseits küsste.
»Wir müssen ins Dorf«, sagte er kurz darauf.
Sie legte die Hände an seine Weste. »Wir fliehen um unser Leben, müssen an die fünfzig Menschen in Sicherheit bringen und können jeden Augenblick von englischen Soldaten verfolgt werden – und ich bin glücklich. Das erscheint mir nicht recht.«
»Glück ist so flüchtig, dass du dich daran erfreuen solltest, wann immer du seiner habhaft werden kannst.« Er unterstrich seine Worte mit einem weiteren, leidenschaftlichen Kuss.
Danach schauten sie einander tief in die Augen, und er dachte, dass er recht daran getan hatte, alle Brücken hinter sich abzubrechen, denn alles, was ihm wirklich etwas bedeutete, hielt er hier im Arm.
Hand in Hand machten sie sich auf zum Dorf. Als Leitis auf den ausgetretenen Weg durch das Tal einschwenken wollte, zog er sie in den Schutz des Waldes am Talhang.
»Aber anders geht es schneller«, protestierte sie.
»Das mag sein, doch wir wissen nicht, ob Westcott dort Soldaten stehen hat.« Die Möglichkeit erschreckte sie sichtlich.
Aber als sie ein paar Minuten später aus dem Wald kamen, war von Westcotts Männern nichts zu sehen.
Im Dorf empfing sie absolute Stille, als hätten die Bewohner es bereits verlassen. Aus keinem Schornstein stieg Rauch auf, nirgends war jemand zu sehen.
Leitis klopfte an die Tür des ersten Hauses. Ein alter Mann öffnete. »Wir müssen aufbrechen«, sagte sie. »Es tut mir leid, dass wir es nicht ankündigen konnten.«
»Ich bin bereit«, erwiderte er.
Ian ging zu einem von Blumen gesäumten Cottage. Eine alte Frau erschien auf der Schwelle und umklammerte mit knorrigen Händen den Türrahmen. »Es ist Zeit zu gehen«, erklärte er ihr in behutsamem Ton.
Sie nickte stumm.
Eine nach der anderen gingen die Haustüren auf, und die Leute strebten dem Platz in der Ortsmitte entgegen.
»Es ist Eile geboten«, eröffnete er ihnen, als alle versammelt waren. Er wollte sie zwar nicht ängstigen, aber auch nicht im Ungewissen lassen. Es war besser, ihnen den Grund für die Eile zu nennen. »Es könnte sein, dass die Engländer bald ausschwärmen, um mich zu suchen, und
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